Nur eine Nebenrolle nahm die 51 Jahre alte Orgel des Orgelbauers Matthias Kreienbrink am vergangenen Sonntag zur 52. Orgelvesper in der Kulturkirche St. Thomas Morus ein. Die Orgelvesper trug daher auch passenderweise den Untertitel „A CAPELLA“ und wurde gestaltet vom Gesangsquartett „A Quarter To Sing“ aus der Rabenau.
Kirchenmusikerin Astrid Platen aus Lich rahmte die Gesangsdarbietungen des Ensembles ein mit zwei zeitgenössischen Werken an der Orgel und begleitete darüber hinaus Ilse und Arndt Roswag, Sylvia Becker und Stephan Michel behutsam und mit viel Gefühl am Flügel. Den hatte man in Front des Altars geschoben und die Sänger hatten auf der Stufe dahinter Aufstellung bezogen. So verschmolzen Gesang und Flügel zu einer Einheit.
Die 52. Orgelvesper trug den musikalischen Gedanken der Andacht fort. Die Musik zeichnete sich aus durch tiefe Spiritualität voll Andacht und Rührung. Man konnte es deutlich hören, hier machen Menschen miteinander Musik, die sich gut verstehen und im doppelten Sinn miteinander harmonieren, mit einem guten Gefühl für das Gemeinsame. So entwickelte sich ein lupenreiner Ensembleklang, in dem die Einzelstimmen gut zu Tage traten und sich mit den anderen mischten, ohne darüber hinaus zu dominieren.
„Only Time“ der viel zitierte Hit der irischen Songwriterin Enya klang vertraut und wunderschön, und dabei doch frisch und unverbraucht so wie sich die Stimmen in angenehm-dezenter Reibung übereinander lagerten.
Mit berührender Vielstimmigkeit erklang der Taizé-Klassiker „Bei Gott bin ich geborgen“, aber auch moderne „Praise&Worship“-Stücke wie „There Is A Redeemer“ von Melody Green und „You Are The Center“ von Michael Colton.
Beinahe gospelartige Züge trug der Song „Here I am Lord“ von Dan Schutt. Mit seinem mitreißenden, heilsbringenden Duktus leitete der Song direkt über zur Lesung aus dem Evangelium nach Lukas und der anschließenden Predigt durch Thomas Ransbach.
Dieser schlug in seiner Predigt vom Heil den Bogen zu jenem Mystiker und Dominikanermönch des 13. Jahrhunderts: Meister Eckhart („So wahr das ist, dass Gott Mensch geworden ist, so wahr wird der Mensch Gott.“), um darauf in der Verantwortung des Menschen für die Welt auf die jüngste Veröffentlichung des „Club Of Rome“ einzugehen, der mit seiner Veröffentlichung „Die Grenzen des Wachstums“ vor 50 Jahren für Furore sorgte. In „Earth For All“ stellt dieser die folgenden fünf Forderungen auf:
Dies seien Punkte – so Ransbach – für die sich es umso mehr aus christlicher Verantwortung heraus einzusetzen gelte.
Solistisch trat außerdem Arndt Roswag hervor in Begleitung von Astrid Platen an der Orgel mit zwei „klassischen“ Arien: „Bist du bei mir“ (BWV 508) aus dem Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach und die Arie „Ombra mai fu“, das Largo aus der Oper „Xerxes“ von Georg Friedrich Händel erklangen präzise und souverän. Roswags sonore Bassstimme flutete das weite Kirchenschiff.
Das Publikum war begeistert von so viel Tiefe - ein erhebender, besinnlicher Moment und spendete anhaltenden, stehenden Applaus.