Fastnacht 2025
Die Mainzer Farbenlehre dieser Tage bevorzugt vor allem Rot, Weiß, Blau und Gelb. Fahnen, Schals, Socken und Mützen kommen gerade ohne diese Farben nicht aus. Die Fastnacht hat unsere Stadt erfasst und fest im Griff. Eine Besonderheit der Mainzer Fastnacht ist dabei die satirische Kritik an Missständen und/oder kapitalen Fehlleistungen der politischen Klasse in Stadt und Land in der sogenannten politisch-literarischen Fastnacht. Ernstes wird leicht verpackt, wobei einem manchmal auch das Lachen im Halse stecken bleibt. Die Aktiven der Fastnacht sind moderne Narren, die ohne Sanktionen zu fürchten, den Mächtigen oder denen, die es sein wollen, den Spiegel vorhalten.
Auch wenn unterschiedliche Hintergründe und historische Zusammenhänge den Vergleich etwas hinken lassen, erinnert mich das an die Sendung und Rolle Jesu (der allerdings mit Sanktionen rechnete). Jesus entlarvt die Doppelbödigkeit der Pharisäer, die über die Köpfe der Menschen Macht besaßen und sie missbrauchten. Er nimmt auch die Begriffsstutzigkeit seiner Jünger aufs Korn. Ganz ohne Ironie kommt Jesus nicht aus. So könnte der unzuverlässige Simon „Fels“ genannt worden sein, weil dieser Name möglicherweise das Schicksal der Samen widerspiegelt, die auf „felsigen Boden“ fallen (Mk 4,5.16). Die Deutung für Inhaber des heutigen Petrusamtes überlasse ich an dieser Stelle Ihnen. Oder denken Sie an den Sturm auf dem See, bei dem das Boot volllief und Jesus seelenruhig schlief. Er wachte auf und sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst, ihr Kleingläubigen? Dann stand er auf, drohte dem Wind und dem See und es trat völlige Stille ein. Es ging ihm nicht um die Präsentation seiner Macht, sondern um die Angst der Jünger trotz seiner Gegenwart.
Die Bibel ist nun kein humoristisches Buch. Aber man muss den Protagonisten in vielen Geschichten Humor zubilligen, wenn sie ihre Aufträge erhalten. Elija beispielsweise, der erschöpft von seiner Flucht (auf der er sich den Tod wünschte) auf dem Gottesberg vor Gott trat. Dieser fragt ihn lapidar: „Was willst Du hier?“ (1Kön 19,9) und erteilt ihm den Auftrag, denselben Weg zurück und weiter nach Damaskus zu gehen, um diverse Könige und Propheten zu salben. Gott geht mit keinem Wort auf das Geschehene (die Ermordung von hunderten Baalspriestern) ein. Für den leidenschaftlichen Elija war das wohl eine herbe Enttäuschung und vielleicht der Hinweis auf seine gewaltige Fehlleistung.
Nun unterscheiden sich die kritisierten Betroffenen in jene, die die Kritik annehmen, möglicherweise darüber lachen und vielleicht ihr Handeln ändern und nach vorne schauen, und in die, die beleidigt schmollen und sich ungerecht behandelt fühlen und die schöne alte Zeit glorifizieren. Letztere ähneln den selbstgerechten Pharisäern, die bis heute nicht ausgestorben scheinen.
Ihr P. Ralf Sagner OP. Helau!