Marienmonat Mai
„Winterstürme wichen dem Wonnemond“ singt der Held Siegmund im ersten Akt von Richard Wagners Ring-Oper „Walküre“ seiner Schwester Sieglinde. Es ist eine eindeutig zweideutige Arie über den Wonnemonat Mai und seinem Begehren nach seiner Schwester. Dieses Stück gehört zum Beeindruckendsten in den vier Stunden dieser Oper. Das passt zum Maia. Jetzt ist die Natur in Flora und Fauna überall aus der Winterruhe erwacht und zeigt sich in frischem Grün und vielen Farben, die erst in der Hitze des Sommers wieder stumpfer werden.
Die katholische Kirche hat vielleicht auch deshalb den Mai zu einem Marienmonat erkoren, obwohl oder weil gerade in diesen einunddreißig Tagen kein Marienfest gefeiert wurde. Das änderte sich in der Barockzeit. Seitdem und vor allem im 19. Jahrhundert wurden im Mai eine Reihe von Mariengedenktagen (Fátima, Maria Hilfe der Christen, Maria Mutter der Kirche etc.) eingeführt.
Der Mai ist von der Osterzeit geprägt, deren Symbole für Auferstehung (weniger bekannt: Schmetterlinge) und für werdendes Leben (Eier, frische grüne und blühende Zweige) überall zu finden sind. Der auferweckte Christus ist der Protagonist der Liturgien dieser Zeit. Seine Mutter Maria spielt in den Liturgien eher eine Nebenrolle. Die Anspielung auf Sexualität im Titel „Wonnemonat“, den der Mai trägt, scheint auch nicht unbedingt zum geläufigen Kult um die Jungfräulichkeit der Gottesmutter zu passen.
Vielleicht ist die pralle Leib- und Lebensfreude, die der Monat Mai symbolisiert aber auch eine gute Arznei gegen die ins Aseptische tendierende Marienfrömmigkeit. Die im dritten Monat schwangere Maria (wir haben am 25. März die Verkündigung des Herrn gefeiert) freut sich sicher über ihre kommende Mutterschaft. Die katholische Kirche feiert deshalb weltweit (im deutschen Sprachraum wie früher am 2. Juli) am 31. Mai dann auch das Fest „Mariä Heimsuchung“ – der Begegnung der beiden werdenden Mütter Maria und Elisabet als Abschluss des Marienmonats Mai.