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November und das Licht der Kerzen

Im November werden vielfach Kerzen angezündet: an den Gräbern unserer Verwandten, an den Gedächtnisorten für die Opfer von Kriegen und Katastrophen.
Licht
Datum:
30. Okt. 2022
Von:
Ralf Sagner

Im November werden vielfach Kerzen angezündet: an den Gräbern unserer Verwandten, an den Gedächtnisorten für die Opfer von Kriegen und Katastrophen. Sonst kennen wir das Aufstellen von Kerzen im Laufe des Jahres vor Kreuzen, vor Heiligenstatuen, an Wallfahrtsorten. Auch im eher profanen Bereich haben Kerzen Eingang gefunden: bei Demonstrationen, als Friedenslicht, zum Gedenken an Unfälle und Unglücke.
Was Menschen bewegt, wenn sie eine Kerze entzünden, ist mir nicht immer klar. Das Brennen, Leuchten und Flackern löst unterschiedliche Empfindungen aus. Für die einen geht es um Atmosphäre und Feeling, für andere um Gedenken und Bitte, für die nächsten um Dank und Anbetung. Manchen ist der Gedanke wichtig, dass die Kerze für sie in ihrer Abwesenheit weiterbrennt in einer Art Stellvertretung.
Liturgisch sind alle Kerzen, die wir entzünden, zurückzuführen auf die Osterkerze, das Symbol des auferstandenen Christus. Im Exsultet
heißt es: „nimm diese Kerze entgegen als unsere festliche Gabe!“ Vom Wachs der Bienen ist dort die Rede, vom lieblich duftenden Opfer, von der Darbringung zum Ruhme des Höchsten. Und es wird darauf hingewiesen: Die Flamme, die uns erfreut, wird genährt vom schmelzenden Wachs. Behutsam wird damit der Zusammenhang von Hingabe und dem Licht, das dadurch hervorgebracht wird, angedeutet.

Wie die Kerze im Sich-Verzehren Licht spendet, so war es mit Jesus, und so wird es uns nahegelegt. Bei uns in St. Bonifaz werden bisweilen viele Kerzen aufgestellt, aber leider werfen längst nicht alle dafür eine Spende in den Opferstock. Das persönliche Zeichen geht dann zulasten der Kirchengemeinde, eine Verkehrung des Sinns, denn „Opferlicht“ besagt ja, dass diejenigen, die eine Kerze entzünden, etwas von sich geben. In den Kerzen, die wir aufstellen, klingt vieles mit: Sehnsucht nach Licht und Glanz, Hoffnung auf Leben – auch für die Toten, Dank für die Schöpfung, Bitte um Teilhabe, Verzehrtwerden für andere, Übergabe eigener Anteile in Christi Leben für uns.

Manchmal weiß ich gar nicht auszudrücken, was alles sich in mir regt und bewegt. Dann kann eine Kerze für mich stehen – für meine Gefühle und Gedanken vor Gott und im Blick auf die Menschen, die ich mitbringe, für Brennen und Leuchten, für Verzehrtwerden und Leiden, für Bitten und Danken.


P. Johannes Bunnenberg