Rosenkranzmonat Oktober
Der Monat Oktober ist mit dem Rosenkranz verbunden. Der Name dieses Gebetes ist aus zwei Worten zusammengesetzt, und es lohnt
sich, ihnen nachzugehen.
Die Rose gilt als besonders edle Blume mit hohem Symbolwert. Sie besitzt Ausstrahlung und Faszination – durch ihren Duft, durch ihren
Wuchs, durch ihre Farbe. Und weil ihr Inneres verborgen ist, wird sie als geheimnisvoll empfunden. Angelus Silesius dichtet: „Die Ros’ ist
ohn’ Warum, sie blühet, weil sie blühet, sie acht’t nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie siehet“. Die Rose überzeugt also in sich selbst
– durch ihre Schönheit; sie braucht keinen Zweck. Gerade weil sie anspricht und keine Absicht hat, wird sie als Ausdruck der Zuwendung
gewählt. Wir schenken sie, um jemandem zu sagen: ich mag dich. Dabei umfasst sie die beiden Seiten der Liebe; sprichwörtlich heißt es: „keine Rose ohne Dornen“.
Nehmen wir noch den zweiten Teil des Namens „Kranz“ dazu: Kränze werden zu bestimmten Festen aus Blumen gebunden – etwa zur Hochzeit, zu Jubiliäen oder zum Erntedank. Kränze werden zur Ehrung oder als Schmuck aufgesetzt. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen dürfen wir sagen: Beim Rosenkranz geht es um Zuwendung und Ehrung, um Schönheit und Schmuck, um Liebe und Schmerz. Im Rosenkranz betrachten wir, wie Gott sich uns zuwendet – von der Geburt bis zum Tod, von der Menschwerdung seines Sohnes bis zu seiner Verherrlichung, von der Berufung Mariens bis zu ihrer Aufnahme in den Himmel. Mit Blick auf Maria wird sichtbar, wie Gott Menschen beschenkt, und in der Antwort darauf flechten wir einen Kranz aus Aufmerksamkeit und Hingabe. Einen Rosenkranz beten ist vergleichbar mit dem Ziehen und Pflegen von Blumen in unserer Wohnung. Wie diese einem Raum Freundlichkeit und
Wärme geben können, so kann der Rosenkranz unserer Inneres bewohnbar machen – für Gott und Mitmenschen. Den Rosenkranz beten, heißt: das Leben Christi und seiner Mutter anschauen, sich an ihnen freuen wie an einem farbigen duftenden Rosengarten. Und es bedeutet: das eigene Leben in diesen Kranz hinein zu flechten und es darin Gott zu übergeben – dankend für das Blühen und Reifen in unserem Leben, in stiller Freude über die Rosen, die uns unverdient aus Israel über Jahrhunderte hinweg erreichen, bittend für
die vielen Leben, die verdorren und sich nur kümmerlich entfalten können.
P. Johannes Bunnenberg OP