Im Januar 2024
Liebe Schwestern und Brüder in der Pfarrei St. Franziskus Offenbach,
zu Beginn dieses Jahres wurde Ihre neue Pfarrei St. Franziskus Offenbach gegründet. Das ist ein großer Schritt, mit dem Sie sich gut für die Zukunft der Kirche in Ihrem Raum aufstellen.
Ich danke Ihnen für Ihr Engagement in der Vorbereitung dieses Schritts. Vor allem danke ich allen, die sich in der Pastoralraumkonferenz und der Steuerungsgruppe, in den Projektgruppen und den Teams des Pastoralraumes sowie in den Gremien der bisherigen Pfarreien für das Zusammengehen auf dem Pastoralen Weg eingesetzt haben.
Was ist neu an Ihrer Pfarrei? Offensichtlich ist, dass Ihre Pfarrei nun größer ist. Das ist zunächst eine Notwendigkeit und in manchem sicher auch eine Herausforderung. Die größere Pfarrei wird aber dann zur Chance, wenn zwei inhaltliche Neuansätze in der neuen Pfarrei wirklich gelebt und genutzt werden:
Neu ist nämlich erstens an Ihrer Pfarrei, dass sie als ein Netzwerk aus Gemeinden und Kirchorten zusammenwirken wird. Das Bild vom Netzwerk wirkt vielleicht etwas technisch, fasst aber gut zusammen, worum es uns in den neuen Pfarreien geht:
Einerseits darf und wird die Eigenart und Vielfalt der Gemeinden und Kirchorte erhalten bleiben und gestärkt werden. Kirche wird, soweit es möglich ist, vor Ort präsent und den Menschen nahe sein – und so Beheimatung ermöglichen.
Andererseits werden die Vernetzung und Zusammenarbeit gestärkt. Das entlastet die einzelnen Gemeinden und Kirchorte: Nicht alles muss überall geleistet werden. An verschiedenen Orten kann Verschiedenes geschehen, und wir können diese Vielfalt nutzen. Im Zusammengehen stärken wir außerdem das Miteinander und die Erfahrung, Teil einer größeren Gemeinschaft zu sein.
Paulus hat in seinem ersten Brief an die Korinther für diese Vielfalt und Einheit das Bild des einen Leibes und der vielen Glieder verwendet (1 Kor 12,12-31a): Die Gemeinden und Kirchorte und die vielen Menschen in Ihrer Pfarrei sind wie die vielen Glieder, die ganz verschiedenen sind und ihren eigenen Ort und ihre eigene Aufgabe haben. Die vielen Glieder bilden aber zusammen einen einzigen Leib. Wie der eine Leib die verschiedenen Glieder braucht, so brauchen Sie einander in der neuen Pfarrei und können sich gegenseitig unterstützen und in Christus eine Einheit bilden.
So wünsche und hoffe ich, dass Sie in Ihrer neuen Pfarrei Leib Christi sind, bleiben und immer mehr werden. Und ich hoffe, dass Sie Ihr Zusammenwirken immer mehr als entlastend, bereichernd und frohmachend erfahren können.
An Ihrer neuen Pfarrei ist zum zweiten auch das Modell der Leitung der Pfarrei neu:
Neue wie bisherige Pfarreien werden durch einen Pfarrer „als ihrem eigenen Hirten“ geleitet. Diese kirchenrechtliche Bestimmung greift das biblische Bild des Hirten auf. Dieses Bild ist auch heute noch richtig und sprechend: Der Pfarrer dient den Menschen, er sorgt für eine gute Pastoral, er begleitet die ihm Anvertrauten und gibt ihnen Orientierung. Und er kann dies nur in Bindung und Orientierung an Jesus Christus tun, der eigentlich der Hirte ist.
Zugleich sehen wir zunehmend auch die Grenze dieses Bildes: Die Leitung einer größeren Pfarrei ist eine verantwortungsvolle und komplexe Aufgabe, die besser auf mehrere Schultern verteilt wird. Aber Leitung gemeinschaftlich wahrzunehmen ist nicht nur aus praktischen Gründen wünschenswert. Denn alle Getauften und Gefirmten sind zum Volk Gottes und zur Teilhabe an der Sendung der Kirche berufen, alle Gläubigen sind berufen zum Aufbau des Leibes Christi je nach eigener Stellung und Aufgabe. Daraus ergibt sich ein Leitungsverständnis, das beteiligt und ermöglicht. Genau das wollen wir im Bistum Mainz noch mehr fördern. Damit knüpfen wir auch an das Wort der deutschen Bischöfe „Gemeinsam Kirche sein“ aus dem Jahr 2015 an, das zurecht betont, dass Leitung gemeinschaftlich wahrgenommen werden sollte.
Dies soll in den neuen Pfarreien durch ein Leitungsmodell konkret werden, das drei Rollen vorsieht. Zum (leitenden) Pfarrer, dessen rechtliche Stellung als Hirte der Pfarrei gewahrt bleibt, treten eine Koordinatorin bzw. ein Koordinator und eine Verwaltungsleiterin bzw. ein Verwaltungsleiter hinzu. In gemeinsamer Verantwortung leiten sie die neuen Pfarreien: Sie nehmen gemeinsam Grundaufgaben von Leitung wahr und sie teilen Leitungsaufgaben arbeitsteilig differenziert untereinander auf.
Der (leitende) Pfarrer delegiert konkret und verbindlich Leitungsaufgaben an die Koordinatorin bzw. den Koordinator. In diesen Bereichen nimmt sie bzw. er dann die Leitungsverantwortung inhaltlich und gegenüber den beteiligten haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden wahr. Auch die Aufgabenbereiche der Verwaltungsleiterin bzw. des Verwaltungsleiters sind durch eine Gestellungsvereinbarung konkret und verbindlich geregelt.
Pfarrer, Koordinator bzw. Koordinatorin und Verwaltungsleiterin bzw. -leiter teilen sich also Aufgaben auf, entlasten sich so gegenseitig und können sich den je eigenen Aufgaben intensiver widmen. Es geht aber nicht nur um Arbeitsteilung. Vielmehr geht es auch um gegenseitige Beratung, Kritik und Unterstützung in der gemeinsamen Sorge für das Leben und Zusammenleben der Gemeinden und Kirchorte in der Pfarrei.
In diesem neuen Leitungsmodell sehe ich eine große Chance und einen wichtigen Schritt der Weiterentwicklung. Ich danke Ihrem Pfarrer Andreas Puckel, Ihrer Koordinatorin Marcella Luft-Weber und Ihrem Verwaltungsleiter Christian Berberich sehr, dass sie diesen wichtigen Dienst übernommen haben.
Abschließend bitte ich Sie alle in Ihrer neuen Pfarrei: Gehen Sie aufeinander zu und lassen Sie sich auf die neue Gemeinschaft ein. Bitte arbeiten Sie vertrauensvoll mit Ihrem Pfarrer, Ihrer Koordinatorin und Ihrem Verwaltungsleiter zusammen. Und wachsen Sie als Glieder am einen Leib Christi immer mehr in die Einheit und Vielfalt der Kirche in Ihrer neuen Pfarrei hinein.
Ich danke Ihnen für Ihr Mitgehen und Ihr christliches Zeugnis und erbitte für Sie und Ihre neue Pfarrei St. Franziskus Offenbach Gottes Segen.
Ihr
Peter Kohlgraf
Bischof von Mainz