Krankenkommunion

Es ist wieder ein Tag im Monat, der ganz anders ist, als andere Tage mit den verschiedensten üblichen Terminen. Wie immer steht in meinem Terminkalender nur ein einziger Eintrag: Krankenkommunion.
Die Tür ist offen! „Eine offene Tür soll Christus zeigen, dass ER erwartet wird. ER braucht nicht zu klingeln, nein Jesus soll eintreten ins Haus, er soll sich bei uns willkommen fühlen.“ Diese Worte sagte mir der Sohn einer Frau, die ich regelmäßig besuche, um ihr das Brot des Lebens zu bringen.


Das ist ungewöhnlich? So große Symbolik erlebt man selten. Dennoch ist es sicher ein wichtiger monatlicher Besuch für die kranken und alten Menschen unserer Gemeinde. Gerade sie haben ja als Glieder unserer Gemeinde aufgrund ihres Glaubens und vor allem ihrer Taufe das Recht, diesen Christus – der den Kranken die Hände aufgelegt und sie geheilt hat – im Sakrament der heiligen Eucharistie zu empfangen. Diese Menschen spüren die Gegenwart Christi in ihrem Leben und erwarten, ihn mit offenen Händen zu empfangen.
Die Kranken warten. Ja, diese Menschen warten und freuen sich auf Jesus, der in der Gestalt des Brotes zu ihnen gebracht wird, weil sie sicher sind, dass er ihnen an ihrem Lebensabend seine Nähe schenken will. Die Krankenkommunion ist zugleich auch ein Ausdruck der Verbundenheit und Sorge unserer Gemeinde für die Kranken, die unweigerlich zu uns gehören. In ihr erfahren diese Menschen nicht nur die Verbundenheit mit der universalen Kirche, sondern vor allem die „heilende und liebende Nähe“ Christi.
„Was bedeutet ihnen die Krankenkommunion?“, fragte ich bei meinen Besuchen einige kranke und alte Gemeindemitglieder. "Meine Krankheit lenkt mich sehr ab von Jesus und nimmt viel Raum in meinem Leben ein, die Krankenkommunion lenkt den Blick wieder auf das wirklich Wesentliche." "Ich kann nicht mehr in die Kirche, dort war ich früher jeden Sonntag, das ist jetzt nicht mehr möglich, die regelmäßige Kommunion hilft mir, etwas für den Kontakt und meine Beziehung zu Jesus zu tun." "Der Besuch und die Kommunion helfen mir, dass ich mich noch zur Pfarrei dazugehörig fühle, auch wenn ich nicht mehr in der Kirche mitfeiern kann." "Gottes Segen, Kraft und Hilfe wird spürbar." "Nach der Kommunion bin ich ruhiger, ich weiß, Jesus ist in mir, er hilft mir, meine Krankheit und immer größer werdende Unbeweglichkeit anzunehmen und zu tragen." "Es ist eine gute Ergänzung zu den Gottesdiensten im Fernsehen, die ich immer am Sonntag anschaue. Und einmal im Monat bringen Sie mir dann das, was mir in meinem Leben immer so wichtig war: die Krankenkommunion."


Menschen treffen und betroffen sein. Dass die Kranken und Alten aus unserer Pfarrgemeinde sich über den Besuch und die Kommunion freuen, das spürt man immer wieder, dass ihnen dieser monatliche Tag jedoch so viel bedeutet, berührt auch. Ja, es stimmt, der Kontakt zur Gemeinde wird aufrecht gehalten.
Und die Gemeinde braucht die Kranken. Immer wieder erzählen mir diese Menschen, wie viel sie beten. Sie beten für unsere Pfarrgemeinde, für die Seelsorger, für die Kinder und Jugendlichen, für die Kirche, letztendlich für die ganze Welt. Das ist ihr Liebesdienst an uns. Sie beten für uns, für die, deren Zeit fürs Gebet im Alltagstrubel oft zu kurz kommt. Wir können froh um diesen Dienst sein, den sie für uns leisten.
Die Menschen wahrnehmen: Konsequenzen für die Pastoral. Es macht Freude, diese Menschen zu besuchen, ihnen Zeit zu schenken. Es ist ein schöner Dienst, denn man kann sicher sein, dass man bei Ihnen wirklich herzlich willkommen ist. Ihnen ist dieser Besuch wichtig, weil sie etwas von der Kirche – in die sie ja hineingewachsen sind - erwarten, weil sie ihre persönliche Beziehung zu Jesus Christus pflegen möchten.
Darf die Krankenkommunion unter dem Blickwinkel dieser Gedanken letztendlich dann „nur“  ein Termin unter vielen im Kalender sein? Wichtig ist hier das Bewusstsein, dass es um einen Liebesdienst am Menschen geht. An Menschen, die oft ihr Leben lang unsere treuesten Kirchenbesucher/innen waren. Diese Menschen in ihrer jetzigen Situation wahr und ernst zu nehmen, sie in ihrer Krankheit und ihrem Glauben zu begleiten: Das ist Seelsorge!

Schließlich geht es bei der Krankenkommunion um den urchristlichen Auftrag, Jesus Christus in der Form des Brotes zu denen zu bringen, die nicht mit der Gemeinde das Mahl halten können und trotzdem zutiefst mit der Eucharistiegemeinschaft verbunden sind. So gesehen stehen Kommunion in der Eucharistiefeier und in der Krankenkommunionsfeier in enger Beziehung zueinander. In der Krankenkommunion weitet sich die Eucharistie als „Quelle und Mitte der Kirche“ (LG 11,26) in alle Winkel und Ecken unserer Gemeinde aus, in denen sich Menschen mit Christus und untereinander verbunden fühlen.
Dieser eine Tag im Monat kommt sicher recht schnell wieder. Was ist für uns Seelsorger schon ein Monat. Aber was sind vier Wochen für alte, kranke und einsame Menschen, die auf einen Besuch und vor allem den Leib Christi warten?

Diakon Eberhard Utz