Schmuckband Kreuzgang

Gottesdienst am Gründonnerstag, Lesejahr C, 14. April 2022

Der Hahnenschrei (Daniela Horn, Christusgemeinde Linden - Fulda) (c) Daniela Horn
Der Hahnenschrei (Daniela Horn, Christusgemeinde Linden - Fulda)
Datum:
Mi. 13. Apr. 2022
Von:
Dr. Kerstin Rehberg-Schroth

Gottesdienst am Gründonnerstag, Lesejahr C, 14. April 2022
– im Pfarreienverbund am Limes

Langgöns – Linden – Pohlheim

 

An diesem Gründonnerstag laden wir Sie auf besondere Weise ein, wie inzwischen „üblich“ Brot und Wein zum Teilen bereit zu halten. Wer mag, ist außerdem eingeladen, weiteres Essen vorzubereiten und während des Gottesdienstes zu essen – so wie Jesus mit seinen Jüngern Mahl hielt und anschließend dann zum Ölberg zu gehen. So können Sie diesen Gottesdienst unterbrechen, um sich zu stärken fürs weitere Gebet und sich in diesem Mahl auf besondere Weise mit Jesus und seinen Jüngern verbunden zu wissen.

Lied zu Beginn: Alexander-David Nuber, Beim letzten Abendmahl (Alexander-David Nuber; Salome Rehberg im Jahr 2021)

 

Liturgische Eröffnung

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Jesus, der mit uns das Brot bricht und uns den Wein reicht, ist in unserer Mitte – heute und alle Tage unseres Lebens bis in Ewigkeit.

Amen.

Einführung

Liebe Gemeinde,

schon zum dritten Mal laden wir ein, in der Hausgemeinschaft den Gründonnerstag und hier das Abendmahl zu feiern, wenn Sie nicht an einem unserer Gottesdienste in Linden oder Lich teilnehmen können oder möchten. Jesus führt uns mit diesem Mahl in die Gemeinschaft hinein – und dennoch feierte er dieses für ihn letzte, für uns jedoch erste Abendmahl auch in recht kleiner Gemeinschaft. Ein Mahl zu Hause lädt ein, uns ganz besonders bewusst zu werden, dass er uns gerade in unseren Hausgemeinschaften über alle Konfessionsgrenzen hindurch verbinden will. Jesus trennt uns nicht in Konfessionen; mit diesem Mahl will er uns verbinden.

Jesus lädt uns ein. Alle. Ausnahmslos. Seine Freunde sind versammelt. Der, der ihn liebte. Der, der ihn anschließend verraten würde. Der, der ihn verleugnete. Ihnen allen vertraute er dieses gemeinsame Mahl an – weil er sie alle liebte. Und weil er auch uns alle liebt. Noch in dieser Nacht wird er, so sagt es zumindest das Johannesevangelium, seinen Vater darum bitten, dass sie alle eins sind, dass wir alle eins sind. Ganz besonders, wenn Sie jetzt in Ihrer Wohnung ganz allein feiern, möge Ihnen, möge uns allen das bewusst sein: In Jesus sind wir alle miteinander verbunden.

Er lädt uns heute auf besondere Weise ein, mit ihm – und wo im kleinen Kreis möglich – miteinander Mahl zu halten. Nehmen Sie Brot, nehmen Sie Wein oder Saft oder nehmen Sie etwas anderes, was Jesus Ihnen heute bei einem (Fest-)Mahl anbieten würde. Er lädt uns ein!

Er sagt nicht: Nehmt und schaut und staunt. Er sagt: Nehmt und esst. Nehmt und trinkt. – Alle. Also – gleichgültig, ob Sie in einer Kirche sind und gemeinsam feiern oder zu Hause in kleiner Runde oder allein. Er meint Sie! Er meint uns!

Er lädt uns ein, einander zu dienen, so wie er den Jüngern die Füße gewaschen hat. Auch wenn es heute nicht die Füße der anderen sind, die wir waschen: Es gibt auch heute Möglichkeiten, füreinander da zu sein, anderen auf überraschende Weise zu helfen, ja, zu dienen.

Er lädt uns ein, ihn nach dem Mahl zu begleiten auf seinem schweren Weg zum Ölberg, in dieser Nacht, in der er von einem Freund verraten, von einem anderen verleugnet wird und schließlich verhört, verlacht, verspottet wird. Er lädt uns ein, ihn zu begleiten, so wie er auch uns in dieser Zeit von Einsamkeit, von Ängsten und Sorgen und an all unseren schwierigen Tagen und in leidvollen Nächten begleitet.

Ihn loben wir an diesem Abend, in dieser Nacht mit dem Gesang des Gloria:

Gloria: GL 170,1-3 Allein Gott in der Höh (Stefan Worlitsch)

 

Nach dem Gloria des Gottesdienstes am Gründonnerstag schweigt in der Liturgie die Orgel - bis sie wiedererklingt beim Gloria der Osternacht. Deshalb schweigt nun auch in diesen digitalen Gottesdiensten die Orgel.

 

Tagesgebet:

Lasset uns beten.

Guter Gott, heute feiern wir Gründonnerstag – in unseren Häusern und Wohnungen. Du verbindest uns mit all den anderen Menschen unserer Gemeinde, mit all den Menschen aus den katholischen, evangelischen, orthodoxen Gemeinden hier in Langgöns, Lich, Linden und Pohlheim und mit allen Menschen, die Du einlädst, teilzuhaben am Leib und Blut Deines Sohnes. Dieses große Geschenk seiner Liebe hat er uns beim letzten Mahl mit seinen Jüngern anvertraut. Dieses große Geschenk feiern wir heute. Wir feiern Jesu letztes Abendmahl – sein Liebesmahl mit uns. Wir bitten Dich, stärke uns heute besonders, wenn wir allein oder in kleiner Gemeinschaft Mahl halten. Lass uns spüren, dass Du auch heute mit uns verbunden sein willst, um uns Kraft zu schenken. Darum bitten wir Dich, Du großen Gott, durch Jesus Christus, Deinen Sohn, unseren Bruder und Herrn, der uns dieses Fest geschenkt hat.

Amen.

Erste Lesung: Exodus 12,1-8,11-14

(Gelesen von Erwin Köhler)
 
 
Antwortpsalm: GL 401 + Psalm 116 (Stefan Worlitsch)

 

Zweite Lesung: 1 Korinther 11,23-26

(Gelesen von Birgit Glotzbach)

 

Ruf vorm Evangelium (Kerstin Rehberg-Schroth)

 

Evangelium: Johannes 13,1-15

(Gelesen von Kerstin Rehberg-Schroth)

 

Predigt (Kerstin Rehberg-Schroth):

Liebe Gemeinde,

der Gründonnerstag ist und bleibt für mich ein ganz besonderer Tag: Es ist mittlerweile 26 Jahre her, dass ich diese Tage der Karwoche als Abschluss und Höhepunkt meiner Jerusalemer Studienzeit, die ich auf dem Zionsberg verbracht habe, mitgefeiert habe – dort, wo wir annehmen, dass Jesus mit seinen Jüngern das Letzte Abendmahl gefeiert hat, wo er uns also sein Testament hinterlassen hat. Es war eindrücklich, genau dort an diesem Abend die Eucharistie zu feiern. Genau dort auch uns die Füße vom Abt waschen zu lassen. Und dann: Mitten in der Liturgie endet für gewöhnlich ja das Festliche, Frohe: Auch wenn wir am Abend feiern, dass Jesus uns dieses besondere Geschenk der Eucharistie als Kraftquell unseres Lebens hinterlassen hat, so wird es doch im Gottesdienst am Gründonnerstag trist: Nach dem einmal wieder angestimmten Gloria schweigt die Orgel. Nach der Kommunion wird der Altar abgeräumt: Der blanke Stein ist dann zu sehen – als Zeichen für den puren Felsen, auf dem Jesus dann in Todesangst gebetet hat. Der Tabernakel wird leer geräumt. Während Todesangst und Tod Jesu ist eigentlich keine Zeit fürs Sakrament. Der Blick geht hin zum Kreuz.

In Jerusalem war das damals ein bisschen anders: Nach der Abendmahlsfeier in der Kirche haben wir mit der Studiengemeinschaft und den Benediktinern, bei denen wir wohnten, noch ein Festmahl gehalten: Jesus hat mit seinen Jüngern ein Fest gefeiert. Wir dürfen dieses Fest mit ihm feiern. Erst nach diesem – ganz weltlichen – Fest sind wir aufgebrochen und in den Garten Getsemani gegangen. In der dortigen Kirche konnten wir viele Menschen treffen, die schweigend gebetet haben. Ob manche – wie die Jünger – dabei eingeschlafen sind, weiß ich nicht. Müde war ich. Das weiß ich. Es fällt schon schwer, mit Jesus zu wachen und zu beten.

Es ist an diesen Tagen so eindrücklich, wie nahe die größten Geheimnisse unseres Glaubens zusammenhängen, wie nah Freude und Schmerz liegen.

Daher laden wir an diesem Abend, wenn Sie zu Hause feiern – ob in der Familie, mit anderen oder auch allein – ein, es sich zur Mahlfeier wirklich schön zu machen, sich was Gutes, Leckeres zu gönnen. Zum Gottesdienst gehört das Fest. Jesus hat zwar gerade das Brot so deutlich geteilt, aber er hat mit seinen Jüngern noch ganz anderes gegessen, hat festlichen, sicher leckeren Wein getrunken und ja auch den all seinen Jüngern, also uns allen, gereicht, damit auch wir von diesem wohlschmeckenden Wein trinken, damit auch wir uns von der Freude des Festes berühren, anstecken lassen.

Jesus hat sich nicht bedienen lassen. Er hat gedient. Es war schon ein krasses Zeichen, das Jesus gesetzt hat, als er – der als der Meister galt – hier seinen Jüngern die Füße gewaschen hat. Es ist ein krasses Zeichen, das wir ernst nehmen sollten: So, wie Jesus uns aufträgt, weiterhin Brot zu brechen, es miteinander und mit den Armen zu teilen, wie er uns aufträgt, vom Wein zu seinem Gedächtnis zu trinken, so gibt er uns auch diesen Auftrag und sagt: „Wenn ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“ Das war revolutionär – das musste revolutionär verstanden werden – von der Gemeinde des Johannes – und überhaupt eigentlich von allen Christen, die wir Jahr für Jahr diese Worte lesen.

Es ist keine bloße Aufforderung, einmal im Jahr, wenn es hoch kommt, hier vielleicht ein besonderes liturgisches Event draus zu machen, dass der Liturge (oder eine Liturgin) einem kleinen Kreis symbolisch einen Fuß wäscht. Natürlich können wir das symbolisch tun – auch durchs Waschen von Hand oder Fuß zu Hause uns daran erinnern, was Jesus auch heute an uns tut. Doch bei Jesu Aufforderung geht es ums Ganze: Es war ein niederer Dienst, die Füße zu waschen. Nicht mehr einer oder eine sollte diesen Dienst übernehmen: Ihr sollt einander die Füße waschen, einander dienen, einander das tun, was sonst keiner tun will. Nicht nur ehrenvolle Aufgaben. Nicht der oder die Größte sein. Nein, Ihr sollt Euch gegenseitig dienen. Sakramente sind Zeichen, die Jesus selbst getan hat bzw. zu denen er uns den Auftrag gegeben hat; Zeichen mit einer Heilszusage. Das hier ist ein solches Sakrament, eines, das es nicht in die Zweizahl der in der Ökumene gültigen Sakramente (Taufe und Abendmahl) hineingebracht hat, eines, das es nicht in unsere katholische Siebenzahl an Sakramenten hineingebracht hat, aber ein Zeichen – ein Sakrament –, zu dem Jesus uns ausdrücklich einlädt: Hier geht es darum, festgefahrene Hierarchien, festgefahrenes Standesdenken aufzubrechen: Der Herr und Meister begibt sich auf den Boden, auf die niedrigste Ebene. Das sollen, das dürfen wir uns gegenseitig tun: Das heißt, mal dient der eine, mal wird er bedient; mal dient die andere, mal wird sie bedient. Das ist ein Zeichen, das weit über diesen einen Gottesdienst am Gründonnerstag herausragt. Wenn wir so leben, dann können uns andere Menschen daran erkennen. Ja, dann wird, so bin ich überzeugt, dieses Heil, das Jesus uns allen verheißt, hier schon unter uns sichtbar.

Dieses Zeichen des Dienstes gehört ins Zentrum jeden Gottesdienstes, ins Zentrum unseres christlichen Lebens.

Dieser heutige Gottesdienst ist lang: Denn eigentlich endet dieser heutige Gottesdienst ja erst mit der Feier der Osternacht. Korrekterweise gibt es in dieser Nacht keinen Schlusssegen. Am Karfreitag gibt es kein Eröffnungsgebet, keinen Segen zum Schluss. Der erfolgt dann erst wieder nach Jesu Auferstehung – dann, wenn wir vom Tod beim Leben angekommen sind.

Das heißt: Dieser dreitägige Gottesdienst beginnt mit der Feier des realen Lebens und Dienens. Er wird zum Fest. Zum echten Gottesdienst gehört die Feier. Dann folgt das lange Gebet, zu dem wir in dieser Nacht eingeladen sind mit Jesu Worten: Wachet und betet! Er geht weiter mit dem Blick aufs Kreuz. Bleiben wir stehen wie die Frauen, die am Kreuz ausgehalten haben. Halten wir das Leid aus und schauen wir nicht weg, wenn andere uns brauchen. Gaffen wir nicht, sondern halten wir aus und helfen, wo möglich. Belohnt werden auch wir dann am Ende dieses Gottesdienstes mit der Auferstehung – mit der Auferstehung Jesu schon bald und einmal in der Ewigkeit mit unserer eigenen. Amen.

 

Wenn Sie gemeinsam feiern: Vielleicht mögen Sie an dieser Stelle einander die Füße waschen. Oder die Hände. Zeichenhaft dafür, dass es Jesus ist, der uns heute bedient. Zeichenhaft dafür, dass auch wir einander dienen sollten, dass wir die Bedürfnisse der anderen in den Blick nehmen sollten, aber auch uns dabei nicht vergessen. Jesus bedient uns. Wir dürfen dienen. Und uns bedienen lassen.


Lied vor der Mahlfeier: GL 282 Beim letzten Abendmahle

 

Mahlfeier - Lobpreis über Brot und Wein:

Wie Jesus mit seinen Jüngern Mahl gehalten hat – auch und gerade mit dem Blick auf das Leid, das ihn erwarten würde –, so wollen auch wir heute Mahl halten: allein oder in kleiner Gesellschaft – vielleicht ebenfalls mit Sorge vor dem, was in den nächsten Tagen oder Wochen auf uns zukommt. Doch wie er beim Mahl trotzdem den Lobpreis gesprochen hat, so beten auch wir heute:

Gepriesen bist du, Herr, unser Gott, König des Himmels und der Erde. Du hast uns befreit und unsere Mütter und Väter aus Ägypten geführt. So essen wir das (ungesäuerte) Brot. Dich wollen wir loben für unsere Rettung und für die Befreiung unseres Lebens.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, König des Himmels und der Erde. Du schenkst uns das Brot als Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, König des Himmels und der Erde. Jesus, dein Sohn hat seinen Jüngern und uns am Abend vor seinem Tod das Brot gereicht mit den Worten: Nehmt und esst. Das ist mein Leib. Wir danken Dir für dieses große Geschenk unseres Glaubens.

Das Brot wird gebrochen. Und jeder Anwesende erhält ein Stück des Brotes.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, König des Himmels und der Erde, der Du die Welt ernährst in deiner übergroßen Liebe. Du gibst Brot allen Lebendigen, denn ewig währt dein Erbarmen. Du bist Gott, der uns alle ernährt und versorgt. Du tust Gutes für alle und gibst Nahrung allen, die Du geschaffen hast.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, König des Himmels und der Erde. Du hast die Frucht des Weinstocks geschaffen – zur Freude der Menschen und zu Deinem Lob.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, der Du die Menschen froh machst und uns allen Leben schenkst.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, durch Deinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus. Er hat seinen Jüngern den Kelch gereicht mit den Worten: „Nehmet und trinket alle daraus. Das ist mein Blut des Bundes, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ Wir danken Dir für dieses riesengroße Geschenk unseres Glaubens. Wir danken Dir, dass wir auch an diesem Abend wohlschmeckenden Wein (Saft) trinken dürfen.

Wir bitten Dich: Sei bei uns, sei in uns, wenn wir nun dieses Festmahl zu Deiner Ehre halten.

Alle trinken vom Wein bzw. Saft.

Hier ist Zeit, noch weitere Speisen miteinander zu essen. Wenn wir nun miteinander essen und trinken, so sind wir verbunden mit all denen, die wir sehen, und mit allen anderen Mitgliedern unserer Gemeinden, mit allen, die mit Christus heute feiern.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, Schöpfer des Himmels und der Erde, der Du uns Brot und Wein und alle Gaben schenkst, der Du einen Bund mit den Menschen geschlossen hast, der auch heute gilt. Einen Bund der Liebe. Amen.

 

Lied nach der Mahlfeier: GL 377 O Jesu, all mein Leben bist du (Barbara Westermann)

 

 

Ölbergnacht:

Jesus ist nach dem Mahl zum Gebet an einen einsamen Ort gegangen – zum Ölberg in den Garten Gethsemane. Viele Menschen sind momentan und teilweise schon seit einem ganzen Jahr isoliert und einsam. Jesus kennt ihre Qualen. Er kennt unsere Qualen.

Heute können wir uns auf besondere Weise mit ihm verbinden.

 

Schrifttext, Teil 1 (Matthäus 26,36-38):

Darauf kam Jesus mit ihnen zu einem Grundstück, das man Getsemani nennt, und sagte zu den Jüngern: Setzt euch hier, während ich dorthin gehe und bete! Und er nahm Petrus und die beiden Söhne des Zebedäus mit sich. Da ergriff ihn Traurigkeit und Angst und er sagte zu ihnen: Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht mit mir!

 

Liedruf: GL 286 Bleibet hier und wachet mit mir

 

Schrifttext, Teil 2 (Matthäus 26,39-46)

 39 Und er ging ein Stück weiter, warf sich auf sein Gesicht und betete: Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst. 40 Und er ging zu den Jüngern zurück und fand sie schlafend. Da sagte er zu Petrus: Konntet ihr nicht einmal eine Stunde mit mir wachen? 41 Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet! Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. 42 Wieder ging er weg, zum zweiten Mal, und betete: Mein Vater, wenn dieser Kelch an mir nicht vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, geschehe dein Wille. 43 Als er zurückkam, fand er sie wieder schlafend, denn die Augen waren ihnen zugefallen. 44 Und er ließ sie, ging wieder weg und betete zum dritten Mal mit den gleichen Worten. 45 Danach kehrte er zu den Jüngern zurück und sagte zu ihnen: Schlaft ihr immer noch und ruht euch aus? Siehe, die Stunde ist gekommen und der Menschensohn wird in die Hände von Sündern ausgeliefert. 46 Steht auf, wir wollen gehen! Siehe, der mich ausliefert, ist da.

 

Gebet:

In dieser Nacht des Gebetes kommen wir mit all unseren Gefühlen zu Dir, unserem Gott – mit Lob, mit Dank, mit Bitten, mit allem, was in uns ist.

 

Gott, wir loben Dich, wir preisen Dich für dieses riesengroße Geschenk Deiner Liebe.

 

Stille für eigenes Gebet

 

Gott, wir danken Dir, dass Du uns auch heute Kommunion – im Wortsinn von Gemeinschaft – mit Dir schenkst.

 

Stille für eigenes Gebet

Gott, wir bitten Dich für alle, die heute einsam sind, für alle, die Angst haben.

 

Stille für eigenes Gebet

 

Gott, wir bringen Dir unsere eigenen Ängste.

 

Stille für eigenes Gebet

 

Gott, wir bitten für alle, die ungerecht verurteilt werden. Wir bringen Dir alle Menschen, die gefoltert werden, alle, die in Unfreiheit leben, alle, die heute ihre eigenen Kreuze zu tragen haben.

 

Stille für eigenes Gebet

 

Gott, in den letzten beiden Jahren haben wir erlebt, wie es sich anfühlt, wenn wir Menschen uns gegenseitig nicht nahe kommen dürfen. Wir haben erlebt, wie sehr wir Menschen uns nach Nähe sehnen. Lass Du uns immer Deine Nähe spüren – gerade wenn Menschen uns nicht mehr nahekommen können oder wollen. Lass alle Menschen in dieser Zeit Deine Nähe erfahren.

 

Stille für eigenes Gebet

 

 

Wir beten das Gebet, das Jesus uns gelehrt hat, und sind verbunden mit allen Christen:

 

Vater unser

 

Dieser Gottesdienst endet wie auch die Liturgie am Gründonnerstag und Karfreitag in Stille und ohne Segen: Der Segen folgt erst erneut zum Abschluss der Osternacht.

 

Hier folgen noch meditative Texte für weitere Gebetszeiten in dieser Nacht.

 

Gedanken zu Matthäus 26,27 (Marlen Reis, Pohlheim 2020)

Mit offenen Augen
ins eigene Verderben laufen
weil es so sein muss
weil nur man selbst es tun kann
nur mit dem Wissen bewaffnet
dass man anderen hilft
dass man das Richtige tut


Mit offenen Armen
den Verräter empfangen
ohne Verteidigung
ins Gericht gehen
das Unrecht geschehen lassen
obwohl man Angst hat
obwohl – weil? – man der Sohn Gottes ist

 

Mit offenen Augen
dem Tod entgegen sehen
im Vertrauen auf Rettung
von Gott gerettet werden
obwohl – weil – wenn –
man doch nur ein Mensch ist.

 

Unfassbar - und doch fassbar (Kerstin Schroth, 1993)

Du unfassbarer Gott

machst Dich fassbar,
wirst Mensch,
wirst fassbar,
fassbar für Deine Mutter,
fassbar für Deine Jünger,
fassbar für Kranke
- Du fasst sie an und sie werden gesund -,
fassbar für viele Menschen.

Du unfassbarer Gott
wirst fassbar,
fassbar für die Menschheit.

Du unfassbarer Gott,
fassbar wirst Du auch
für die, die Dich ans Kreuz schlagen;
Du lässt Dich fassen
- fassen, schlagen
und festnageln.

Du unfassbarer Gott
wirst fassbar,
fassbar für die Menschheit.

Du unfassbarer Gott,
nun für uns fassbar
in einem kleinen Stück Brot;
in diesem winzigen Stück Brot
schenkst Du uns einen
noch viel fassbareren
Kontakt zu Dir.
Diese Verbindung,
die Nähe, die Du uns
in diesem Brot schenkst,
ist wahrhaft unfassbar,
Du fassbar gewordener Gott.

Du unfassbarer und doch fassbarer Gott
gibst meinem Menschsein Sinn,
denn
Menschsein wird großartig,
wenn ich weiß,
dass selbst mein unfassbarer Gott
fassbarer Mensch wurde.