Zum Inhalt springen
St. Petrus Canisius

St. Petrus Canisius, Gonsenheim

Wer mit der Straßenbahn aus Richtung Innenstadt nach Gonsenheim kommt, sieht auf Höhe der Haltestelle Elbestraße zur Linken etwas Unerwartetes: Hier auf dem Gleisberg, wo schon vor zwei Jahrtausenden wohlhabende römische Familien ansässig gewesen sein sollen, wo sich noch vor einigen Jahrzehnten Obstfelder ausdehnten, die einem neuen Wohnviertel weichen mussten, zwischen einem in die Jahre gekommenen Einkaufzentrum und einer einfallslosen mehrstöckigen Wohnbebauung, geben Grünflächen den Blick frei auf ein imposantes Bauwerk aus Beton und Glas mit sanft geschwungenem Dach. Ist es eine Konzerthalle, ein Kongresszentrum oder eine Sport-Arena?

Ein zierliches Kreuz auf kleiner Kuppel verrät: Es ist die Kirche St. Petrus Canisius.

Neugierig geworden? Es wartet eine Überraschung. Kirchenbau und Ausstattung, die auf den ersten Blick so nüchtern und sparsam erscheinen, bergen eine Vielfalt an sakralen Symbolen rund um das neue Jerusalem, wie es Johannes in den Visionen seiner Apokalypse beschrieben hat: „Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel von Gott herniedersteigen so herrlich wie eine Braut, die sich für ihren Bräutigam geschmückt hat" (Offenbarung des Johannes Kapitel 21, Vers 2). Die Umsetzung der Botschaft von Glanz und Herrlichkeit des kommenden Gottesreiches in eine moderne Formensprache ist so beispielhaft, dass die Kirche 1996 unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Die Eingangsseite der Kirche präsentiert sich als monumentale Glasfront mit schmalen Betonrippen; mehr als 3000 Einzelfelder in stereotyper Ornamentik - Mund geblasene Doppelschicht-Gläser - erinnern in blauen und grauen Farbtönen an den „neuen Himmel" der Apokalypse.

Drei Portale sind als Betonverglasung mit französischen Spezial-Gläsern gestaltet und außen mit grauer Tombak-Schale, innen mit Kupfer- und Silberbelägen verkleidet. Roh behauene Glasstücke fügen sich darin zu beeindruckenden Bildern.

Das zweiflügelige Mittelportal zeigt das apokalyptische Bild vom Kampf des Satans gegen die Kirche: „Ein großes Zeichen erschien am Himmel; ein Weib mit der Sonne bekleidet, der Mond unter ihren Füßen und eine Krone von Sternen auf ihrem Haupt. Und noch ein anderes Zeichen erschien am Himmel: ein großer feuerroter Drache mit sieben Köpfen und sieben Kronen auf seinen Köpfen. Sein Schweif fegte ein Drittel der Sterne hinweg. Der Drache stellte sich vor das Weib, das ein Kind gebar, um ihre Nachkommenschaft zu verschlingen" (Offenbarung des Johannes Kapitel 12, Vers 1-4).

Die jeweils einflügeligen Seitenportale zeigen rechts das Pfingstereignis (Apostelgeschichte Kapitel 2): die Geist-Taube spendet in Gestalt von Feuerzungen die sieben heiligen Gaben. Links ist ein Lamm inmitten von sieben brennenden Leuchtern dargestellt - ein Doppel-Bild, das sich mit Christus als Mittelpunkt seiner Gläubigen beschäftigt (Offenbarung des Johannes Kapitel 1 und 5).

Architekt Hugo Becker hat 1955/56 der Kirche eine Parabel als Grundriss gegeben (griechisch „parabola" bedeutet „Gleichnis"). Der Kirchenraum selbst ist Gleichnis eines geheiligten Raumes: die gerundeten Mauern sind nach hinten quasi endlos, holen weit aus und geben der ganzen Gemeinde Raum in einer lichten Weite, die Geborgenheit und Gemeinschaft atmet.

Im geometrischen Brennpunkt der Parabel führen kreisförmige Stufen zum klar strukturierten Altartisch aus rotem Sandstein empor, der in seinem Inneren Reliquien römischer Märtyrer und des Kirchenpatrons St. Petrus Canisius birgt. An Vorder- und Rückseite des Altars sind die 24 Altesten dargestellt, die in weißen Gewändern „Gott auf dem Thron anbeten" (Offenbarung des Johannes Kapitel 4, Vers 4). Diese Mosaiken stammen, wie die Portale, von Peter Paul Etz.

Der Tabernakel, früher zentral auf dem Altar, steht seit dem II. Vatikanum erhöht dahinter. Er ist, der Vision des Johannes folgend, als Thron Gottes gestaltet: eine Arbeit der Mainzer Goldschmiedewerkstatt Weiland. Auf seinen goldenen Türen glitzern mehrfach gebrochene Glassteine: „Vor dem Thron Gottes war etwas wie ein gläsernes, kristallähnliches Meer" (Offenbarung des Johannes Kapitel 4, Vers 6). Vier hohe, mit blauem Email belegte Schwingen halten den Tabernakel, als schwebe er. Es sind die „vier Wesen mit Flügeln ringsum voll Augen", die Johannes sah und die vor Gottes Thron Lob singen.

aus Katholische Kirchen in Mainz, Leinpfadverlag