"Aus der Zeit, als er noch ein Junge gewesen war, kannte er ein Licht, das fand er später für sehr lange Zeit nur in der Bahnsteighalle seiner Stadt wieder, und auch nur an bestimmten Tagen."
So fängt der neue Roman von Mirko Bonné "Lichter als der Tag" an.
Licht durchzieht wie ein roter Faden den Roman. Schon der Titel "Lichter als der Tag" stammt aus einem Gedicht des Barockdichters Andreas Gryphius. Dort heißt es: "Nacht, lichter als der Tag!".
Mirko Bonné wurde 1965 im oberbayerischen Tegernsee geboren und lebt seit 1975 in Hamburg. Seit Anfang der Neunziger Jahre ist er als Autor und Übersetzer tätig.
Für sein Werk wurde er vielfach ausgezeichnet u.a. erhielt er den Marie Luise Kaschnitz-Preis und den Rainer-Malkowski-Preis.
Mirko Bonnés neuer Roman war auf der Longlist 2017 für den Deutschen Buchpreis vertreten, bereits 2009 befand er sich mit "Wie wir verschwinden" ebenfalls darauf.
2013 kam er sogar mit "Nie mehr Nacht" auf die Shortlist.
Zurück zum heutigen Roman.
Die Geschichte beginnt im Hamburger Hauptbahnhof. Da steht nun
Raimund Merz und das besondere Licht durchflutet die Halle, lässt ihn sentimental werden und über sein bisheriges verpfuschtes Leben nachdenken.
Raimund ist mit Floriane, einer erfolgreichen, ehrgeizigen Ärztin verheiratet, die er bereits aus Kindertagen kennt. Sie haben zwei gemeinsame Töchter. In seinem Beruf als Journalist in der Nachrichtenredaktion einer Hamburger Zeitung fühlt er sich nicht verstanden und gefangen im Alltagstrott. Selbst sein Privatleben läuft nach einem vorhersehbaren Muster ab. Nichts Aufregendes passiert mehr.
50 Jahre ist Raimund nun alt und mit Blick auf seine Lebensbilanz fragt er sich: "War das alles in meinem Leben?"
Dieses Gefühl kennen sicherlich viele von uns Leser und das macht das Buch so vertraut und nah bei uns.
Wie war das damals, als sie alle noch in der gleichen Clique waren? Er, Moritz, sein ältester Freund..... und Floriane, seine jetzige Frau. Die Tage kamen und gingen. Man war von klein auf zusammen und kannte sich in- und auswendig.
Und dann kam Inger, die Tochter eines dänischen Künstlers, in den Ort und in die "Dreiergemeinschaft". Beide Freunde waren gleichzeitig für sie "entflammt". Raimund liebte sie, Moritz liebte sie und Inger entschied sich für Moritz. Raimund heiratete Floriane - warum? Das "Freundschafts-Quartett" brach auseinander, die Jahre vergingen...
Und just an diesem Morgen sieht er nach über 15 Jahren Inger wieder in der Bahnhofshalle, die noch immer geliebte Jugendfreundin. Er folgt ihr...
Mirko Bonné erzählt über Freundschaft, Wünsche und Hoffnungen, unendliche Sommer, Missverständnisse, Lebenskrisen. Er nimmt uns mit auf eine abenteuerliche Flucht nach Frankreich und es dreht sich um die spannende Frage: Kann ich das Rad im Alter nochmals auf ANFANG drehen?
Der Roman ist in drei Abschnitte aufgeteilt. Erzählt wird hauptsächlich aus der Perspektive von Raimund Merz, im mittleren Teil darf jeder der vier Jugendfreunde zu Wort kommen.
Es gibt viele lyrische Momente und besonders für Freunde der Malerei einen Abstecher zur Kunst und zwar spielt das "lichtdurchflutete" Bild des Landschaftsmalers Camille Corot - eines der Hauptvertreter der Schule von Barbizon - „Weizenfeld im Morvan" eine große Rolle.
Da ist es wieder, das L i c h t ! ! !
Mehr möchte ich nicht verraten und ich wünsche diesem Buch viele Leser. Ich jedenfalls konnte das Buch bis zum Ende nicht aus der Hand legen.
Ihre Ursula Bittel