Janina Kreisel

August 2018

JaninaKreisel
JaninaKreisel
Datum:
Do. 1. Aug. 2019
Von:
Wolfgang Rieke

Der erste Monat ist nun vorüber und irgendwie ist es ein beruhigendes Gefühl nicht mehr die ganzen Fragezeichen im Kopf und die Ungewissheit vor sich zu haben. Wie und bei welchen Leuten wirst du dort wohnen? Was ist das genau für ein Projekt und was werden deine Aufgaben sein? Und wie willst du das überhaupt mit der Sprache hinbekommen, oder sprichst du portugiesisch?
Nachdem am Anfang des Jahres die Vorbereitungszeit anfing und es zunehmend ernster wurde was den Abschied von Familie, Freunden und auch der Heimat betrifft, war es am 07.08.18 dann endlich soweit und meine Mitfreiwillige Rike und ich traten die große Reise nach Rondonópolis, in unser neues zu Hause für das kommende Jahr, an.
Abgeholt wurden wir am Folgetag von unseren Vorfreiwilligen Hendrik und Wiebke sowie ihrer Gastschwester und unserer Mentorin Elisângela, am Flughafen von Cuiabá. Wir haben den längeren Weg nach Rondonópolis durch die Chapada dos Guimarães gewählt und konnten so schon zu Beginn faszinierende Eindrücke bezüglich der örtlichen Natur gewinnen. Nach über 30 Stunden auf den Beinen, total überfordert von den ganzen neuen Eindrücken und der Sprache bin ich dann abends bei meiner Gastfamilie angekommen und wurde sehr herzlich aufgenommen.
Meine Gastfamilie besteht aus meiner Gastmutter Cida (Aparecida), ihrem Mann Paulo Cesar und ihren beiden Kindern Maria Julia (15) und Paulo Matheus (19), wobei dieser nicht mehr zu Hause wohnt. Wir leben in einem, wie es hier üblich ist, einstöckigen, schönen und recht schickem Haus gegenüber von einem kleinen Platz mit Fußballwiese sowie Spiel- und Sportgeräten. Da meine Gasteltern zusammen über 25 Geschwister haben, waren wir jetzt schon auf sehr vielen Geburtstagen und Familienfesten, auf denen ich immer wieder neue Gesichter sehe und ich mich glaube ich damit anfreunden sollte, dass es ein Ding der Unmöglichkeit wird bei den Familienzusammenhängen oder gar den Namen den Überblick zu behalten.
Rondonópolis – KoBra –Jugendzentren
JANINA KREISEL
Was das Essen betrifft, ist es hier tatsächlich so, dass es jeden Tag Reis mit Bohnen gibt. Reis gibt es hier sogar zu Gerichten wie Lasagne als Beilage, denn ohne Reis hat ein Brasilianer keine Energie. Obwohl die Lasagne hier eine ganz andere Sache ist und nicht an die gewohnte, weltbeste Lasagne meiner Oma heranreicht, gibt es hier echt super leckeres Essen. Ich kann es selbst kaum glauben, aber noch freue ich mich jeden Tag aufs Neue auf Reis mit Bohnen. Zudem macht meine Gastmutter fast jeden Tag geniale Säfte selbst, auch wenn in diese hier immer sehr viel Zucker geschüttet wird und ich in meiner Großfamilie mittlerweile schon als „die Deutsche“ bekannt bin, die immer alles sehr süß findet. Es hat sich schon als „Running Gag“ etabliert, mich bei jedem Gericht zu fragen, ob es mir denn nicht zu süß sei.
In den ersten beiden Wochen nach unserer Ankunft haben sich unsere beiden Vorfreiwilligen super um uns gekümmert und uns die Umgebung und ihre Welt hier gezeigt. An dieser Stelle nochmal ein riesiges Dankeschön an die Beiden. So haben wir gemeinsam das Stadtzentrum erkundet, einige Churrascos (bras. Grillabende) besucht, die Exposul (eigentlich eine sehr große Agrarmesse, auf der es abends Konzerte bekannter bras. Musiker, richtiges Rodeo und eine Art Kirmes gibt) unsicher gemacht und sind ins Projekt eingeführt worden.
Nun zum Projekt: Ich mache hier meinen SDFV (sozialen Dienst für Frieden und Versöhnung) in den beiden Jugendzentren der Associação Koblenz Brasil KoBra in den Stadtvierteln Alfredo de Castro und Padre Lothar in Rondonópolis. In den Zentren werden Kinder im Alter von sieben bis vierzehn Jahren betreut und deren Eltern über ein Patenschaftsprojekt mit Essenspaketen und Schulmaterialien für ihre Kinder unterstützt. Grundvoraussetzung dafür, dass die Kinder einen Platz im Projekt bekommen ist, dass sie eine Schule besuchen und die Eltern einen Verdienst unterhalb von zwei Mindestlöhnen haben.
Mit diesem Schild wurden wir im Projekt empfangen.
Das erste Mal Açaí essen.
Rondonópolis – KoBra –Jugendzentren
JANINA KREISEL
Morgens kommen die Kinder in die Zentren, welche mittags Schule haben und mittags umgekehrt. Im Zentrum in Padre Lothar können sich die Kinder für bestimmte Aktivitäten, wie Keyboard-, Flötenunterricht, Chor oder Pädagogik/Kunst eintragen, während in Alfredo de Castro jeden Tag alle Kinder kommen und sich spontan in zwei Gruppen aufteilen. Die eine Gruppe widmet sich mit einem Kunstlehrer entweder dem Theater, oder künstlerischen Projekten und zeitgleich geht die andere Gruppe pädagogischen Aufgaben wie dem Üben von Lesen und Schreiben mit einer Lehrerin nach, oder beschäftigt sich zum Beispiel mit nationalen Feiertagen, von denen es hier echt viele gibt. Zudem besteht für die Kinder immer die Möglichkeit ihre Hausaufgaben im Projekt zu machen und dabei Unterstützung zu bekommen. Des Weiteren stehen von Zeit zu Zeit Ausflüge, oder auch
Theater-, Chor- oder Flötenauftritte an.
Von den Kindern sind wir von Anfang an super im Projekt aufgenommen worden und werden bereits jetzt schon immer zur Begrüßung und zum Abschied umarmt. Da unsere beiden Vorfreiwilligen bereits portugiesisch konnten, als die beiden neuen Projekte öffneten, ist es auch für die Kinder eine ganz neue Erfahrung mit zwei
Freiwilligen, die die Sprache erst lernen müssen zu spielen.
Abgesehen davon, dass die
Kinder wirklich super bemüht sind langsam und deutlich für uns zu sprechen (denn schreien bringt nichts, weil die Deutschen nicht zwangsläufig taub sind, wie sie jetzt gelernt haben), oder uns neue Worte beizubringen, habe ich das Gefühl, dass es gar nicht unbedingt primär darauf ankommt sich perfekt verbal verständigen zu können, sondern dass alleine die Zeit die wir uns für sie nehmen, wenn wir mit ihnen malen etc. schon begeistern kann. Obwohl es derzeit noch sehr anstrengend für mich ist, wenn viele Kinder zeitgleich auf mich einreden und mir Fragen stellen, freut mich ihr großes Interesse sehr, auch wenn mich ihre Fragen manchmal sowohl amüsieren, als auch ein wenig nachdenklich stimmen. Nicht selten werde ich bei den für mich banalsten Alltagsgegenständen gefragt, ob es die in Deutschland auch gibt, oder auch ob wir wirklich immer deutsch reden, und ob wir nicht wenigstens auf Englisch miteinander schreiben würden, weil das auf Deutsch ja viel zu kompliziert sei.
Besonders berührt hat mich direkt in unserer ersten Woche im Projekt die großzügige Spende einer
Frau, welche die Gäste des hier in Brasilien sehr groß gefeierten ersten Geburtstags ihrer Tochter darum bat, jeweils einem Kind aus unserem Projekt anstelle ihres eigenen Mädchens ein Geschenk zu machen. Am Ende hatte jedes Kind ein Geschenk und die Frau konnte sehr viele Kinder und nicht nur Eines, welches mit den vielen Geschenken nicht so viel anzufangen wüsste, glücklich machen.
Die Straße vor dem Projekt in Alfredo de Castro und zeitgleich unser Fußballplatz
Rondonópolis – KoBra –Jugendzentren
JANINA KREISEL
Was mir sehr viel Spaß gemacht hat, war ein kleines Fußballspiel direkt vor unserem Zentrum in Alfredo de Castro, in dem ich die meiste Zeit des Monats verbracht habe. In dem Stadtviertel gibt es noch keine befestigten Straßen, sondern überall nur rote Erde. Da es hier gerade Winter ist, was nicht mehr zu bedeuten hat, als dass es eben nicht nur sehr heiß, sondern auch sehr trocken ist, wurde bereits nach kurzer Zeit so viel Staub aufgewirbelt, dass es für die ungeübte Lunge gar nicht mal so einfach war mit der unermüdlichen Ausdauer der Kinder mitzuhalten.
Beeindruckt und gleichermaßen schockiert hat mich ein Gespräch mit einem der Hauptverantwortlichen der deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe, über die derzeitigen Krankheitsfälle in Brasilien, das Land mit der zweithöchsten Leprarate. Eine Krankheit die ich ehrlich gesagt bisher nur aus Geschichtsbüchern oder der Bibel kannte. Besonders im Agrarbundesstaat Mato Grosso in dem ich mich befinde, ist die Infektionskrankheit sehr verbreitet und wird leider oft erst viel zu spät, oder auch falsch diagnostiziert. Nachdem wir einige der Leprapatienten besucht und ihnen Essenspakete gebracht haben, wurde mir nochmal bewusst, dass die von der heilbaren
und ab Behandlungsbeginn nicht mehr ansteckenden Krankheit Lepra betroffenen Menschen leider immer noch am Rande der Gesellschaft stehen.
Viel Zeit habe ich auch damit verbracht Elisângela bei den regelmäßigen Hausbesuchen zu begleiten, welche einen tieferen Einblick in die familiären Situationen und die Lebensumstände der Kinder im Projekt gewährleisten. Gerade die Eindrücke der ersten Hausbesuche werde ich so schnell nicht vergessen, da es mich wirklich teilweise schockiert hat in welchen Umständen die Kinder leben müssen. Jede Familie hat ihre eigene Geschichte, aber nicht selten ist diese durch große Verluste und daraus resultierende noch größere Schwierigkeiten, als ohnehin schon existieren, geprägt. In meiner Vorbereitungszeit haben meine insgesamt elf Mitfreiwilligen und ich einmal die Aufgabe bekommen Armut zu definieren, was in einer
riesigen Schreibdiskussion endete und letztendlich zu
keinem Ergebnis führte. Sollte man bei Mangel von finanziellen Mitteln, familiären Verlusten, fehlender emotionaler Bindungen, oder bei etwas ganz anderem von Armut sprechen? Eine Frage die ich nun, auch wenn ich sie vermutlich nie beantworten kann, nochmal aus einem ganz anderen Blickwinkel sehe, vor allem wenn ich an die trotz der ganzen Probleme strahlenden Kinderaugen im Projekt denke.
In den Bäumen von Rondonópolis lebende Affen, welche wir bei den Hausbesuchen gesichtet haben.

Rondonópolis – KoBra –Jugendzentren
JANINA KREISEL
AUGUST 2018
Der erste Monat ist nun vorüber und irgendwie ist es ein beruhigendes Gefühl nicht mehr die ganzen Fragezeichen im Kopf und die Ungewissheit vor sich zu haben. Wie und bei welchen Leuten wirst du dort wohnen? Was ist das genau für ein Projekt und was werden deine Aufgaben sein? Und wie willst du das überhaupt mit der Sprache hinbekommen, oder sprichst du portugiesisch?
Nachdem am Anfang des Jahres die Vorbereitungszeit anfing und es zunehmend ernster wurde was den Abschied von Familie, Freunden und auch der Heimat betrifft, war es am 07.08.18 dann endlich soweit und meine Mitfreiwillige Rike und ich traten die große Reise nach Rondonópolis, in unser neues zu Hause für das kommende Jahr, an.
Abgeholt wurden wir am Folgetag von unseren Vorfreiwilligen Hendrik und Wiebke sowie ihrer Gastschwester und unserer Mentorin Elisângela, am Flughafen von Cuiabá. Wir haben den längeren Weg nach Rondonópolis durch die Chapada dos Guimarães gewählt und konnten so schon zu Beginn faszinierende Eindrücke bezüglich der örtlichen Natur gewinnen. Nach über 30 Stunden auf den Beinen, total überfordert von den ganzen neuen Eindrücken und der Sprache bin ich dann abends bei meiner Gastfamilie angekommen und wurde sehr herzlich aufgenommen.
Meine Gastfamilie besteht aus meiner Gastmutter Cida (Aparecida), ihrem Mann Paulo Cesar und ihren beiden Kindern Maria Julia (15) und Paulo Matheus (19), wobei dieser nicht mehr zu Hause wohnt. Wir leben in einem, wie es hier üblich ist, einstöckigen, schönen und recht schickem Haus gegenüber von einem kleinen Platz mit Fußballwiese sowie Spiel- und Sportgeräten. Da meine Gasteltern zusammen über 25 Geschwister haben, waren wir jetzt schon auf sehr vielen Geburtstagen und Familienfesten, auf denen ich immer wieder neue Gesichter sehe und ich mich glaube ich damit anfreunden sollte, dass es ein Ding der Unmöglichkeit wird bei den Familienzusammenhängen oder gar den Namen den Überblick zu behalten.
Rondonópolis – KoBra –Jugendzentren
JANINA KREISEL
Was das Essen betrifft, ist es hier tatsächlich so, dass es jeden Tag Reis mit Bohnen gibt. Reis gibt es hier sogar zu Gerichten wie Lasagne als Beilage, denn ohne Reis hat ein Brasilianer keine Energie. Obwohl die Lasagne hier eine ganz andere Sache ist und nicht an die gewohnte, weltbeste Lasagne meiner Oma heranreicht, gibt es hier echt super leckeres Essen. Ich kann es selbst kaum glauben, aber noch freue ich mich jeden Tag aufs Neue auf Reis mit Bohnen. Zudem macht meine Gastmutter fast jeden Tag geniale Säfte selbst, auch wenn in diese hier immer sehr viel Zucker geschüttet wird und ich in meiner Großfamilie mittlerweile schon als „die Deutsche“ bekannt bin, die immer alles sehr süß findet. Es hat sich schon als „Running Gag“ etabliert, mich bei jedem Gericht zu fragen, ob es mir denn nicht zu süß sei.
In den ersten beiden Wochen nach unserer Ankunft haben sich unsere beiden Vorfreiwilligen super um uns gekümmert und uns die Umgebung und ihre Welt hier gezeigt. An dieser Stelle nochmal ein riesiges Dankeschön an die Beiden. So haben wir gemeinsam das Stadtzentrum erkundet, einige Churrascos (bras. Grillabende) besucht, die Exposul (eigentlich eine sehr große Agrarmesse, auf der es abends Konzerte bekannter bras. Musiker, richtiges Rodeo und eine Art Kirmes gibt) unsicher gemacht und sind ins Projekt eingeführt worden.
Nun zum Projekt: Ich mache hier meinen SDFV (sozialen Dienst für Frieden und Versöhnung) in den beiden Jugendzentren der Associação Koblenz Brasil KoBra in den Stadtvierteln Alfredo de Castro und Padre Lothar in Rondonópolis. In den Zentren werden Kinder im Alter von sieben bis vierzehn Jahren betreut und deren Eltern über ein Patenschaftsprojekt mit Essenspaketen und Schulmaterialien für ihre Kinder unterstützt. Grundvoraussetzung dafür, dass die Kinder einen Platz im Projekt bekommen ist, dass sie eine Schule besuchen und die Eltern einen Verdienst unterhalb von zwei Mindestlöhnen haben.
Mit diesem Schild wurden wir im Projekt empfangen.
Das erste Mal Açaí essen.
Rondonópolis – KoBra –Jugendzentren
JANINA KREISEL
Morgens kommen die Kinder in die Zentren, welche mittags Schule haben und mittags umgekehrt. Im Zentrum in Padre Lothar können sich die Kinder für bestimmte Aktivitäten, wie Keyboard-, Flötenunterricht, Chor oder Pädagogik/Kunst eintragen, während in Alfredo de Castro jeden Tag alle Kinder kommen und sich spontan in zwei Gruppen aufteilen. Die eine Gruppe widmet sich mit einem Kunstlehrer entweder dem Theater, oder künstlerischen Projekten und zeitgleich geht die andere Gruppe pädagogischen Aufgaben wie dem Üben von Lesen und Schreiben mit einer Lehrerin nach, oder beschäftigt sich zum Beispiel mit nationalen Feiertagen, von denen es hier echt viele gibt. Zudem besteht für die Kinder immer die Möglichkeit ihre Hausaufgaben im Projekt zu machen und dabei Unterstützung zu bekommen. Des Weiteren stehen von Zeit zu Zeit Ausflüge, oder auch
Theater-, Chor- oder Flötenauftritte an.
Von den Kindern sind wir von Anfang an super im Projekt aufgenommen worden und werden bereits jetzt schon immer zur Begrüßung und zum Abschied umarmt. Da unsere beiden Vorfreiwilligen bereits portugiesisch konnten, als die beiden neuen Projekte öffneten, ist es auch für die Kinder eine ganz neue Erfahrung mit zwei
Freiwilligen, die die Sprache erst lernen müssen zu spielen.
Abgesehen davon, dass die
Kinder wirklich super bemüht sind langsam und deutlich für uns zu sprechen (denn schreien bringt nichts, weil die Deutschen nicht zwangsläufig taub sind, wie sie jetzt gelernt haben), oder uns neue Worte beizubringen, habe ich das Gefühl, dass es gar nicht unbedingt primär darauf ankommt sich perfekt verbal verständigen zu können, sondern dass alleine die Zeit die wir uns für sie nehmen, wenn wir mit ihnen malen etc. schon begeistern kann. Obwohl es derzeit noch sehr anstrengend für mich ist, wenn viele Kinder zeitgleich auf mich einreden und mir Fragen stellen, freut mich ihr großes Interesse sehr, auch wenn mich ihre Fragen manchmal sowohl amüsieren, als auch ein wenig nachdenklich stimmen. Nicht selten werde ich bei den für mich banalsten Alltagsgegenständen gefragt, ob es die in Deutschland auch gibt, oder auch ob wir wirklich immer deutsch reden, und ob wir nicht wenigstens auf Englisch miteinander schreiben würden, weil das auf Deutsch ja viel zu kompliziert sei.
Besonders berührt hat mich direkt in unserer ersten Woche im Projekt die großzügige Spende einer
Frau, welche die Gäste des hier in Brasilien sehr groß gefeierten ersten Geburtstags ihrer Tochter darum bat, jeweils einem Kind aus unserem Projekt anstelle ihres eigenen Mädchens ein Geschenk zu machen. Am Ende hatte jedes Kind ein Geschenk und die Frau konnte sehr viele Kinder und nicht nur Eines, welches mit den vielen Geschenken nicht so viel anzufangen wüsste, glücklich machen.
Die Straße vor dem Projekt in Alfredo de Castro und zeitgleich unser Fußballplatz
Rondonópolis – KoBra –Jugendzentren
JANINA KREISEL
Was mir sehr viel Spaß gemacht hat, war ein kleines Fußballspiel direkt vor unserem Zentrum in Alfredo de Castro, in dem ich die meiste Zeit des Monats verbracht habe. In dem Stadtviertel gibt es noch keine befestigten Straßen, sondern überall nur rote Erde. Da es hier gerade Winter ist, was nicht mehr zu bedeuten hat, als dass es eben nicht nur sehr heiß, sondern auch sehr trocken ist, wurde bereits nach kurzer Zeit so viel Staub aufgewirbelt, dass es für die ungeübte Lunge gar nicht mal so einfach war mit der unermüdlichen Ausdauer der Kinder mitzuhalten.
Beeindruckt und gleichermaßen schockiert hat mich ein Gespräch mit einem der Hauptverantwortlichen der deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe, über die derzeitigen Krankheitsfälle in Brasilien, das Land mit der zweithöchsten Leprarate. Eine Krankheit die ich ehrlich gesagt bisher nur aus Geschichtsbüchern oder der Bibel kannte. Besonders im Agrarbundesstaat Mato Grosso in dem ich mich befinde, ist die Infektionskrankheit sehr verbreitet und wird leider oft erst viel zu spät, oder auch falsch diagnostiziert. Nachdem wir einige der Leprapatienten besucht und ihnen Essenspakete gebracht haben, wurde mir nochmal bewusst, dass die von der heilbaren
und ab Behandlungsbeginn nicht mehr ansteckenden Krankheit Lepra betroffenen Menschen leider immer noch am Rande der Gesellschaft stehen.
Viel Zeit habe ich auch damit verbracht Elisângela bei den regelmäßigen Hausbesuchen zu begleiten, welche einen tieferen Einblick in die familiären Situationen und die Lebensumstände der Kinder im Projekt gewährleisten. Gerade die Eindrücke der ersten Hausbesuche werde ich so schnell nicht vergessen, da es mich wirklich teilweise schockiert hat in welchen Umständen die Kinder leben müssen. Jede Familie hat ihre eigene Geschichte, aber nicht selten ist diese durch große Verluste und daraus resultierende noch größere Schwierigkeiten, als ohnehin schon existieren, geprägt. In meiner Vorbereitungszeit haben meine insgesamt elf Mitfreiwilligen und ich einmal die Aufgabe bekommen Armut zu definieren, was in einer
riesigen Schreibdiskussion endete und letztendlich zu
keinem Ergebnis führte. Sollte man bei Mangel von finanziellen Mitteln, familiären Verlusten, fehlender emotionaler Bindungen, oder bei etwas ganz anderem von Armut sprechen? Eine Frage die ich nun, auch wenn ich sie vermutlich nie beantworten kann, nochmal aus einem ganz anderen Blickwinkel sehe, vor allem wenn ich an die trotz der ganzen Probleme strahlenden Kinderaugen im Projekt denke.
In den Bäumen von Rondonópolis lebende Affen, welche wir bei den Hausbesuchen gesichtet haben.