Liebe Leser*innen,
Jesus hat immer wieder an die Zehn Gebote erinnert, auch an das vierte: „Du sollst Vater und Mutter ehren.“ Er selbst hat die Gebote sehr ernst genommen. Das vierte Gebot meint, die Eltern zu ehren und zu achten, und für sie da sein, wenn sie alt und hilfsbedürftig sind. Und es schließt auch ein, für die Kinder zu sorgen bis sie erwachsen sind: Auf manches zu verzichten, um der Kinder willen und für sie bereit zu sein, etwas aufzugeben. All das hat Jesu volle Zustimmung.
Doch heute lesen wir im Evangelium, dass Jesus sagt: „Wenn jemand zu mir kommt und nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern, ja sogar sein Leben geringachtet, dann kann er nicht mein Jünger sein“. Ich frage mich: „Wie passt das zusammen?“
In jener Zeit |
und sagte: Wenn jemand zu mir kommt |
Wer nicht sein Kreuz trägt und hinter mir hergeht, |
Denn wenn einer von euch einen Turm bauen will, |
Sonst könnte es geschehen, |
und sagen: Der da hat einen Bau begonnen |
Oder wenn ein König gegen einen anderen in den Krieg zieht, |
Kann er es nicht, |
Ebenso kann keiner von euch mein Jünger sein, |
Woran hängt unser Herz? Sind wir frei, zu lieben? Sind wir frei, unsere individuelle, persönliche Aufgabe als Christen zu erfüllen?
Jesus warnt vor halbherzigem Tun. Wer Christ sein will, soll sich gut überlegen, ob er/sie bereit ist, dafür alles einzusetzen und damit wirklich ernst zu machen. Sonst sei er/sie wie ein Turmbauer, dem auf halbem Weg das Geld ausgeht, oder wie jemand, der unbedacht einen Krieg riskiert.
Das, was wir als Christen sagen, und wie wir als Christen leben, passt leider oft nicht zusammen. Und das erregt Spott. Davon spricht Jesus in dem Gleichnis.
Wie aber werden wir "ganzherzige", freie Christen und glaubwürdige Menschen? Jesu Anweisung ist klar: Wo in unserem Leben Gott wirklich an erster Stelle steht, bekommt das ganze Leben Halt und Orientierung. Halbherzig geht das aber nicht.
Die eigene Familie „gering achten“, das klingt schlimm. Wörtlich steht da sogar „hassen.“ Die Übersetzer waren wohl selbst von Jesu Worten erschrocken und haben sie daher abgeschwächt. Sie bleiben trotzdem noch hart genug.
Unsere Familie, „unsere Lieben“- wie wir sie gerne nennen, sollen wir hassen? Oder will Jesus damit provozieren? Will er uns etwas zeigen, was sich bei näherem Hinsehen als Hilfe erweist? Könnte es nicht sein, dass Jesus uns hier einen Weg in die Freiheit zeigt?
Denn Familie kann auch einengen. Es gibt einen schlimmen Familienegoismus, einen unguten Familienstolz, der unfrei macht. Und auch unsere eigenen Pläne und Vorstellungen vom Leben lassen bisweilen wenig Raum für Gottes Pläne.
Die eigene Familie „hassen“?
Es geht um unsere Freiheit. Jesus will uns befreien:
Jesus nachzufolgen, das bedeutet täglich neu, frei zu werden. Das schließt aber auch ein, unser Kreuz auf uns zu nehmen – welches unser individuelles/eigenes ist.
So gesehen kann ich meine Frage vom Anfang beantworten: Es passt zusammen!
Eine gesegnete neue Woche wünscht uns
Gabriele Maurer, Pastorale Mitarbeiterin