Liebe Leserin, lieber Leser,
im heutigen Evangelium werden die Jünger - und auch wir heute - in die Pflicht genommen und gleichzeitig erhalten sie und wir eine großartige Zusage.
Wenn dein Bruder auf dich hört, so hast du ihn zurückgewonnen
|
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: |
16 |
Hört er aber nicht auf dich, |
17 |
Hört er auch auf sie nicht, |
18 |
Amen, ich sage euch: |
19 |
Weiter sage ich euch: |
20 |
Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, |
Die meisten Menschen versuchen so zu leben, dass sie gut vor sich und anderen bestehen können. Gläubige Menschen fragen sich, was erwartet Gott von uns, was erwartet Gott von mir persönlich? Im heutigen Evangelium erfahren wir: Jesus will, dass man an seinen Jüngern und an unserem Verhalten erkennt, dass es bei uns anders ist als bei Menschen, die ohne Gott leben. Es soll einen Unterschied machen, wie wir uns verhalten. Als Christ/in zu leben ist täglich neu eine Herausforderung. Vieles gelingt uns, aber wir bleiben oft auch hinter unseren Ansprüchen zurück. Das ist menschlich.
Und dabei sind wir nicht alleine für uns selbst verantwortlich, sondern auch für andere. Wir werden in die Pflicht genommen, eine/einen andere/n anzusprechen, wenn sie/er uns z.B. ungerecht behandelt hat. Wir sollen dies unter vier Augen tun. Es geht nicht darum, die oder den andere/n anzuklagen oder anzuschwärzen, sondern liebevoll, zunächst vertraulich das Problem anzusprechen. So bekommt sie/er die Chance, es wieder gut zu machen.
Wenn sie/er nicht auf uns hört, dann sollen wir gemeinsam mit anderen oder gar der Gemeinde versuchen, den oder die andere/n zurückzugewinnen. Wenn all unser Bemühen nichts nützt, dann erst sind wir raus aus der Verantwortung.
Es ist eine schwierige Aufgabe, die Jesus uns da überträgt. Die Unterscheidung/ Beurteilung von „richtigem“ Verhalten spielt heute und spielte in allen Zeiten eine Rolle. Wer sagt denn, dass die Kirche weiß, was richtig ist? wir immer, was richtig ist? Außerdem können gut gemeinte Ratschläge auch „Schläge“ sein, die Schmerzen verursachen.
Hier geht es weder um Kontrolle, noch um Moral. Dies wurde in der Kirche bis heute leider immer wieder falsch verstanden: Immer dann, wenn Menschen ausgeschlossen werden, wird Jesu Auftrag falsch verstanden.
Ich verstehe das Evangelium so: Wir sollen dranbleiben und andere nicht leichtfertig aufgeben, uns nicht wegducken, sondern mit Respekt der/dem anderen gegenüber Verantwortung übernehmen und sie/ihn dadurch retten. Und nun lesen wir, dass unsere Entscheidungen sogar im Himmel – also vor Gott und ewig gelten.
Wie kann Jesus uns fehlerhaften Menschen, die oft nur an sich denken, so eine große Verantwortung übertragen? Es müsste doch Gott sein, der die Entscheidung fällt!
Wenn wir weiterlesen, dann finden wir eine Erklärung: Jesus verspricht, immer bei uns zu sein, wenn wir uns in seinem Namen versammeln, auch dann, wenn wir nur zu zweit sind. In unserer Diasporasituation ist dies ein besonders tröstlicher Gedanke. Jesus ist mit seinem Heiligen Geist bei uns. So schenkt Jesus uns die Möglichkeit, in seinem Sinn zu handeln. Deshalb können wir mit ihm die Verantwortung tragen!
Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. Gemeinsame Gebete helfen, sie stärken die Menschen vor Ort gegenseitig. Die Zusage: „Da bin ich mitten unter ihnen!“ schenkt Kraft, Mut und Zuversicht: Jesus ist bei uns. Wir sind nicht allein!
Eine gute neue Woche mit Gottes spürbarer Begleitung wünscht dir/Ihnen
Gabriele Maurer
Pastorale Mitarbeiterin