Die Deutsche Bischofskonferenz hat in dieser Woche Regelungen der Bistümer zur Feier der Gottesdienste erlassen. Dort werden Vorschläge gemacht, die darauf bauen unsere bisherigen Formen und Liturgien mit den Gesichtsmasken und Abstandsforderungen so zu kombinieren, dass nicht eine Karikatur der gottesdienstlichen Feiern entsteht.
Hygiene-Empfehlungen der Deutschen Bischofskonferenz
Letztlich ist es eine Frage nach dem Mut der Vorbeter, sprich der Bischöfe und der Geistlichen in den Kirchen. Wie werden wir Gottesdienste feiern in Zeiten von Corona? Es kommen die Bilder von Mund-Nasen geschützten Kirchgängern, die nicht singen dürfen in der Messe. Drei, vielleicht vier Personen werden in einer Bank sitzen können wegen der Abstandsgebote. Und ein Ticketsystem des Pfarrbüros wird verhindern, dass welche draußen bleiben müssen, weil die Kirche schon voll ist. Die Priester reichen die Kommunion mit Wegwerfhandschuhen an und die Gläubigen empfangen die Hostie, an den Masken nestelnd, bis sie die Mundöffnung endlich finden. Manche Senioren werden daran scheitern. Der Küster liest nach der Messe einige Hostien vom Boden auf. Der Preis der Mundnasenschutzhandkommunion.
Ob dieser Ansatz gelingt? Mir scheint, er leugnet in sich erstens eine Wirklichkeit und übersieht zweitens eine Chance.
Erstens, es wird kein würdiges Feiern sein, wenn wir pandemische Verhaltensregeln der Öffentlichkeit - mehr oder weniger kreativ - auf die bestehenden Formen der Liturgie in einem sakralen Raum transponieren. Das widerspricht einmal dem Geist der Liturgie, der das heilsgeschichtliche Drama mit Gott und den Menschen rituell fassen will. Liturgie singt das Lied aus mythisch, gottversunkenen Welten, wie Gott an der Welt leidet. Wie seine Liebe scheitert und die Freude der Menschen an diesem Gott, der schließlich Leid und Tod in Leben wandelnd erhebt; unableitbar offenbart seiner verrückten Liebe wegen. Versteckt im mystischen Kleid des sakralen Spiels heilt und berührt uns Gottes Gegenwart in der Liturgie.
Auch wenn mancherorts dieser innere „theodramatische“ Sinn zum routinierten, herunterzelebrierten, ja lieblosen eucharistischen Gottesdienst verkommen sein mag. In der Krise wird die geistliche Tiefe der gesungenen Lieder und der Musik wieder eher bewußt. Irgendwie empfinden es viele wie eine spirituelle Verletzung, wenn die gemeinschaftlichen Preisungsrufe zu Gott und die Bitten um sein gütiges Erbarmen, seinen reichen Segen und Gnade keinen Kirchenraum erfüllen. Die Eucharistiefeiern sollen wieder unsere Nöte und Freude am Glauben ausdrücken. Sie sollen würdig in den hohen Hallen, wenn auch nicht erdröhnen, so doch still und versonnen uns zu Gott empor erheben.
Das ganze liturgische Geschehen allein den sakramentalen Feiern pfarrgemeindlich eingeübter Art aufzubürden, verkürzt die pastoralliturgische und ekklesiologische Bandbreite, die uns zur Verfügung steht.
Das macht, dass zweitens, daher (!) nichts dagegen spricht andere Formen zu finden, zu entwickeln und aus der Tradition neu zu beleben.
Ja, im Gegenteil: Was wäre, wenn wir sparsamer mit der Eucharistie umgehen, weil sie ja Höhepunkt und Quelle allen gnadenvollen Spiels der Kirche ist, wie das II. Vatikanische Konzil sagt?
Eucharistie sparsam den pandemischen Verhaltensregeln aussetzen gilt genauso auch allen anderen Gottesdienstformen, liturgischen Feiern, Andachten, Besinnungsstunden, Meditationen, Stundengebeten und Rosenkränzen.
Bei allem gemeinschaftlichen Feiern in dem sakralen Raum ist es also gut und gefordert die jeweils beste Form, also Liturgie, zu finden, die die pandemischen Verhaltensregeln nicht als Bedingung hat, sondern sorgsam berücksichtigen und angemessen integrieren kann. Das ist eine Frage, die uns Katholiken mehr beschäftigt als unsere protestantischen Geschwister, die auf das gemeinschaftliche Gebet nicht so drängen.
Besinnen wir uns auf die alten Traditionen und entwickeln neue Gebete zu Zeiten der Pandemie. Das ist natürlich schwerer als einfach die Messe mit Mundnasenschutz u.a. zu feiern. Wir sind so sehr in dieser eucharistischen Routine, dass wir den Reichtum der Liturgie, des gemeinschaftlichen Gebets vekennen. Ich habe den Verdacht, auch gar nicht recht wollen. Denn: hier sind die Laien in ihrem Charisma gefragt. Ihre Sicht und Gebetspraxis wird der klerikal verseuchten Sonntagsfrömmigkeit wieder neues Leben einhauchen können. Hoffentlich! Das wird sich zeigen. Auch wie beide, Amt und Charisma, Klerus und Gläubige, Pfarrer und Gemeinde in der Krise die Lebendigkeit, die ja Gott in uns angelegt hat, zu neuer Geltung verhilft.