Unter dem Titel „Pastoraler Weg“ läuft seit 2019 ein Erneuerungs- und Strukturprozess im Bistum Mainz. Das bedeutet auch für die über 20.000 Katholikinnen und Katholiken in der mittleren Wetterau den Aufbruch in pastorale Räume, die noch nie zuvor ein Katholik betreten hat. Viele haupt- und ehrenamtliche katholische Gläubige engagieren sich in „Expeditions-Teams“ als „Vorhut“ um den gangbarsten Weg in die unbekannte Zukunft der katholischen Kirchengemeinden vor Ort ausfindig zu machen.
Diese „Expeditionsteams“ sind im Dekanat Wetterau-West schon seit Januar 2020 unterwegs. Sie starteten, sobald die Zugehörigkeiten der bisherigen Gemeinden zu den künftig drei Pfarreien feststanden. Dann kam der "Wettereinbruch mit Lawinengefahr" in Form von Corona. Im Sommer und Herbst 2020 hat man nach ersten Erfahrungen die "Expeditionsausrüstung" angepasst und im gesamten Dekanat insgesamt 9 Teilprojektteams (TPT) gebildet – je drei in jeder Zukunfts-Pfarrei. Die Teams erstellten eine Bestandsaufnahme und entwickelten Empfehlungen für künftige pastorale Schwerpunkte. Die inhaltliche Arbeit ist jetzt mit einer Ergebnisdokumentation vorerst abgeschlossen, die nach den Sommerferien die Pfarrgemeinderäte in den Gemeinden der „Pfarrei Mitte“ diskutieren werden.
Das Ziel ist noch lange nicht erreicht und das „unbekannte Gelände“ Kirche der Zukunft noch lange nicht vermessen, aber es wurden „Basislager“ eingerichtet, die für die kommenden "Vorstöße" eine solide Ausgangslage geschaffen haben.
In der künftigen „Pfarrei Mitte“ aus 13 Gemeinden der bisherigen Pfarrgruppen Friedberg/Wöllstadt/Rodheim, Karben, Ockstadt/Rosbach, Wickstadt/Dorn-Assenheim sowie den Einzelpfarreien Heldenbergen und Ilbenstadt haben sich fast 50 Personen in Teilprojektteams Diakonie (Nächstendienst), Liturgie (Gottesdienst) und Verkündigung engagiert. Im Gespräch mit den Projektleitern und Teilprojektleitern wurde deutlich, mit wieviel Motivation sich die Leiter und die Teammitglieder engagiert und sich der Größe der Aufgabe sehr bewusst waren.
„Es geht nicht darum eine numerische Zusammenarbeit zu organisieren, sondern wir müssen eigentlich Kirche ‚neu erfinden‘“ ist Joachim Michalik (Polizeiseelsorge, TPT Diakonie) überzeugt. Eine hohe Motivation der Beteiligten führt natürlich auch zu kontroversen Diskussionen – anders als bei emotionsloser Gleichgültigkeit. „Wir hatten alles dabei,“ erzählt Juliane Weitzel (Gemeindereferentin in Friedberg und Wöllstadt) vom TPT Liturgie. „Von denen, die alles erhalten wollen bis zu denen die sagten ‚Jetzt geht alles!‘“. Aber die Diskussionen blieben konstruktiv, jeder und jede hat sich eingebracht und wichtige Teile zum Ergebnis beigetragen. Erfreulich: „Es ist für die Liturgie ein Konzept entstanden, das Optionen bietet. Die Gemeinden können sich einbringen in ihren Traditionen und insbesondere mit Ideen über Inhalte und neue Formen in der Liturgie.“ betont Raymund Hofmann Ockstadt, TPT Liturgie. Ähnliches gilt für die anderen TPTs.
Das scheint ein guter Weg für die Zukunft zu sein. Alle ziehen an einem Strang und man findet Wege, mit denen das Vertraute und das Neue ihren Platz haben. Interessant war auch das Zusammenspiel vom Klein-Klein bei der Zusammenstellung der Informationen und der großen Idee einer Vision. „Es ist gut an den Beginn der gemeinsamen Arbeit eine Vision zu stellen. Dann kann man sich bei den einzelnen Schritten immer wieder fragen: Sind die Schritte geeignet die Vision Wirklichkeit werden zu lassen?“ ist Pfr. Norbert Braun (Wöllstadt und Rodheim), als einer der beiden Projektleiter überzeugt. Aber eine Vision darf natürlich nichts Abgehobenes sein. Daher stand am Beginn der Arbeit eine Bestandsaufnahme des jetzigen (= Vor-Corona) kirchlichen Angebots, bei der rund 150 Seiten Dokumentation zusammenkamen. „Ich finde es bewundernswert, wie viele Aktivitäten in den einzelnen Ortgemeinden stattfinden“ freut sich Peter Hähn (Friedberg), der ehrenamtliche Projektleiter. Und er ist dankbar mit welcher Professionalität und Wertschätzung die Teams gearbeitet haben.
Allen gemeinsam ist der Wille zur Gestaltung ihrer Kirche und die Perspektive, dass Glaubensfreude ansteckend sein soll. „Expeditionsteams“ und Gläubigen gleichermaßen steht noch ein langer Weg bevor. Aber was bis jetzt getan werden konnte, ist erledigt. Und die Expedition „Pastoraler Weg“ ist ihrem Ziel ein Stück nähergekommen.