Schmuckband Kreuzgang

15. Sonntag im Jahreskreis

Mosaik - Altarbild der Kirche St. Matthäus in Pohlheim-Holzheim (c) Kerstin Rehberg-Schroth
Mosaik - Altarbild der Kirche St. Matthäus in Pohlheim-Holzheim
Datum:
Sa. 11. Juli 2020
Von:
Dr. Kerstin Rehberg-Schroth

Kurzimpuls zum Lesungstext vom 15. Sonntag im Jahreskreis: 12. Juli 2020

15. Sonntag im Jahreskreis: Gedanken zur zweiten Lesung des Tages

Römerbrief 8,19-23:

Liebe Brüder und Schwestern, 19 die Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Kinder Gottes. 20 Gewiss, die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat, auf Hoffnung hin: 21 Denn auch sie, die Schöpfung, soll von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. 22 Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt. 23 Aber nicht nur das, sondern auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, auch wir seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Kinder Gottes offenbar werden.

Ein möglicher heutiger Antwortbrief:

Lieber Paulus,

hast Du diesen Brief, diese Zeilen für uns, hinein in unsere Zeit geschrieben? Welche Leiden meinst Du, Paulus? Sprichst Du etwa von Ängsten, Einschränkungen wegen Corona? Sprichst Du von dieser Krankheit, die aktuell so vielen Angst macht, viele bereits in den Tod geführt hat und unseren Alltag lähmt?

Nein, Du sprichst von Verfolgung, von Folter, von Tod durch menschliche Verfolger – aber bestimmt auch ein bisschen vom harten Arbeitsalltag ohne unsere modernen Medien, unsere Medizin und all unsere heutigen Möglichkeiten.

All das, so sagst Du, bedeutet nichts im Vergleich zur Herrlichkeit, die uns erwartet.

Im Himmel.

Und schon hier auf Erden.

Zwei Jahrtausende sind vergangen, seitdem Du diese Worte gesprochen, geschrieben hast.

Und dennoch hadern wir. Leiden wir. Werden Menschen verfolgt, weil sie Christen sind.

Die ganze Schöpfung wartet noch heute sehnsüchtigst auf das Offenbarwerden – ja, wessen eigentlich? Der Kinder Gottes, wie Du schreibst, Paulus?

Wartet in dieser Welt wirklich jemand auf uns? Braucht uns diese Schöpfung? Ja, vernichten wir sie selbst nicht gerade – indem wir sie im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen treten? Wir essen sie auf, missbrauchen sie. Wir gebrauchen das Land und achten oft nicht darauf, ob wir es dadurch den Pflanzen, den Tieren und ja, auch den Menschen anderer Nationen nehmen.

Es ist eine Utopie: Die Schöpfung soll befreit werden von Sklaverei und Verlorenheit. Freiheit, Herrlichkeit der Kinder Gottes.

Wunderbare Worte, Paulus!

Doch Du hast auch die Realität im Blick: Bis zum heutigen Tag seufzt die Schöpfung. Vor 2000 Jahren hast Du das geschrieben. Hättest Du gedacht, Paulus, dass wir heute, 2000 Jahre später dazu noch immer sagen mögen: „Wie recht er doch hat …!“? Nun, Du wirst heute vom Himmel aus in echter Freiheit und Herrlichkeit auf diese Schöpfung schauen und uns vielleicht sagen: „Haltet durch! Dass, was Ihr jetzt erlebt, bedeutet nichts gegenüber dem, was Euch erwartet. Ihr werdet die Herrlichkeit sehen. Ganz gewiss.
Und im Übrigen: Schaut Euch doch mal um! Blickt nach links und rechts! Da gibt es sooo vieles, bei dem Ihr schon heute diese Herrlichkeit sehen könnt. Ihr müsst es nur wollen. – Ach, und vergessen. Bitte schaut zu denen, die in viel größerer Not leben als Ihr! Achtet auf die Schöpfung! Ihr habt die Macht, was dran zu ändern, dass ein kleines Wesen, eine Ameise oder ein Schwein oder auch ein Mensch an einem anderen Ort dieser Erde LEBEN kann. Ihr könnt was dafür tun, dass auch die Menschen in Eurer Umgebung schon heute die Herrlichkeit Gottes erleben können. Dafür werdet Ihr auf Erden gebraucht. Lebt, was Ihr glaubt! Ich warte dann mal im Himmel auf Euch!“

Vielleicht, Paulus, sind das Deine Worte, die Du mir, die Du uns heute schreiben würdest. Ich werde darüber weiter nachdenken … mich bemühen, umzudenken – damit auch noch in 2000 Jahren die Menschen Deine Worte lesen können. Und wie schön wäre es doch, wenn sie dann sehen könnten, dass vor 2000 Jahren Menschen etwas dafür getan haben, die Schöpfung für sie zu erhalten …  So schicke ich dann für heute mal Grüße hier vom Limes zu Dir in den Himmel – und hoffe, hier selbst noch einige Jahre zu leben und Deine Mahnung zu beachten!

Deine Kerstin Rehberg-Schroth