Schmuckband Kreuzgang

Gottesdienst am 19. März 2023 (4. Fastensonntag Lesejahr A)

(c) Silvia Sommer
Datum:
Sa. 18. März 2023
Von:
Dr. Kerstin Rehberg-Schroth

Gottesdienst am 19. März 2023 (3. Fastensonntag, Lesejahr A)
– im Pfarreienverbund am Limes

Langgöns – Linden – Pohlheim

 

Auch heute laden wir Sie wieder ein, wenn möglich Brot und Wein/Saft bereitzuhalten, um in diesem Gottesdienst wieder wie die Urgemeinde in ihren Wohnungen Brot zu brechen/Brot zu teilen.
 

Klaviervorspiel: BWV 498 Selig! Wer an Jesum denkt (Thomas Linn)

Eingangslied: GL 481 Sonne der Gerechtigkeit (Stefan Worlitsch)

Liturgische Eröffnung:

Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Jesus, unser Bruder und Herr, der uns zum Licht des Lebens führt, ist bei uns – heute und alle Tage unseres Lebens bis in Ewigkeit. Amen.

Begrüßung

Liebe Gemeinde,

in unserer ersten Lesung hören wir heute, wie Gott Samuel auffordert, den kleinen und unscheinbaren, unbedeutenden Schafshirten David zum König zu salben, denn:  „Gott sieht nicht auf das, worauf der Mensch sieht. Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der HERR aber sieht das Herz.“

Ja, Gott sieht unser Herz – er sieht unsere Sorgen, unsere Freude, alles, was uns bewegt. So ruft er heute auch Sie und mich, uns alle. Und auch wir dürfen ihn rufen – so wie wir sind:

Kyrie (Liedrufe: Thomas Linn):

Herr Jesus, Du Bringer des Lichts.

Jesus Christus, Du Licht des wahren Lichts.

Herr Jesus, der Du die ganze Welt erleuchtest.

Ja, Jesus Christus, Du, unser Kyrios, so erbarme Dich unser und führe uns in unserer Sehnsucht und leite uns hin zum Heil – zum echten Ziel unserer Sehnsucht. Führe uns so zum Leben, Du, Jesus Christus, unser Bruder und Herr. Amen.

Tagesgebet:

Herr, unser Gott, Du erwählst den David, den kleinsten und unscheinbarsten Sohn des Isai – weil in Deinen Augen wertvoll ist, was vor der Welt klein und unbedeutend ist. Du erwählst auch uns. Wir bitten Dich: Erleuchte unsere Augen und erfülle unsere Herzen, so dass wir sehen, wo wir gebraucht werden, und tun, was gut ist – um hier auf Erden Dir nachzufolgen und Dir zu dienen, um einmal mit allen Menschen und Tieren vereint in Deinem Frieden und Deiner ewigen Liebe leben zu können. Immer und ewig. Amen.

 
Kindergottesdienst:

Auch heute laden wir Euch ein zum Kindergottesdienst:

(Vorbereitet und aufgesprochen von Martina Exler)

Weißt Du, was eine  Gabelblume ist? Vielleicht magst Du ja selbst eine gestalten? Wir freuen uns auf Fotos! Du kannst uns weiterhin natürlich auch alles andere gerne schreiben an: KiGo_Langgoens-Linden-Pohlheim@gmx.de! Wir freuen uns sehr über Deine Post! Und vielleicht dürfen wir ja auch ein Bild Deines "Hexles" sehen?

Text und Idee zum heutigen Kindergottesdienst entstammen einer Kinderzeitung für den Sonntag der Erzdiözese Freiburg.
 
 

Erste Lesung: 1 Samuel 16,1-13

1 Der HERR sagte zu Samuel: Wie lange willst du noch um Saul trauern? Ich habe ihn doch verworfen; er soll nicht mehr als König über Israel herrschen. Fülle dein Horn mit Öl und mach dich auf den Weg! Ich schicke dich zu dem Betlehemiter Isai; denn ich habe mir einen von seinen Söhnen als König ausersehen. 2 Samuel erwiderte: Wie kann ich da hingehen? Saul wird es erfahren und mich umbringen. Der HERR sagte: Nimm ein junges Rind mit und sag: Ich bin gekommen, um dem HERRN ein Schlachtopfer darzubringen. 3 Lade Isai zum Opfer ein! Ich selbst werde dich dann erkennen lassen, was du tun sollst: Du sollst mir nur den salben, den ich dir nennen werde. 4 Samuel tat, was der HERR befohlen hatte. Als er nach Betlehem kam, gingen ihm die Ältesten der Stadt zitternd entgegen und fragten: Bedeutet dein Kommen Frieden? 5 Er antwortete: Frieden. Ich bin gekommen, um dem HERRN ein Schlachtopfer darzubringen. Heiligt euch und kommt mit mir zum Opfer! Dann heiligte er Isai und seine Söhne und lud sie zum Opfer ein. 6 Als sie kamen und er den Eliab sah, dachte er: Gewiss steht nun vor dem HERRN sein Gesalbter. 7 Der HERR aber sagte zu Samuel: Sieh nicht auf sein Aussehen und seine stattliche Gestalt, denn ich habe ihn verworfen; Gott sieht nämlich nicht auf das, worauf der Mensch sieht. Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der HERR aber sieht das Herz. 8 Nun rief Isai den Abinadab und ließ ihn vor Samuel treten. Dieser sagte: Auch ihn hat der HERR nicht erwählt. 9 Isai ließ Schima kommen. Samuel sagte: Auch ihn hat der HERR nicht erwählt. 10 So ließ Isai sieben seiner Söhne vor Samuel treten, aber Samuel sagte zu Isai: Diese hat der HERR nicht erwählt. 11 Und er fragte Isai: Sind das alle jungen Männer? Er antwortete: Der jüngste fehlt noch, aber der hütet gerade die Schafe. Samuel sagte zu Isai: Schick jemand hin und lass ihn holen; wir wollen uns nicht zum Mahl hinsetzen, bevor er hergekommen ist. 12 Isai schickte also jemand hin und ließ ihn kommen. David war rötlich, hatte schöne Augen und eine schöne Gestalt. Da sagte der HERR: Auf, salbe ihn! Denn er ist es. 13 Samuel nahm das Horn mit dem Öl und salbte David mitten unter seinen Brüdern. Und der Geist des HERRN war über David von diesem Tag an. Samuel aber brach auf und kehrte nach Rama zurück.

Antwortpsalm: Psalm 23

Zweite Lesung: Epheser 5,8-14

Schwestern und Brüder! 8 Einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht im Herrn. Lebt als Kinder des Lichts! 9 Denn das Licht bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor. 10 Prüft, was dem Herrn gefällt, 11 und habt nichts gemein mit den Werken der Finsternis, die keine Frucht bringen, deckt sie vielmehr auf! 12 Denn von dem, was sie heimlich tun, auch nur zu reden, ist schändlich. 13 Alles, was aufgedeckt ist, wird vom Licht erleuchtet. 14 Denn alles Erleuchtete ist Licht. Deshalb heißt es: Wach auf, du Schläfer, / und steh auf von den Toten / und Christus wird dein Licht sein.

Ruf vorm Evangelium (Thomas Linn)

Evangelium: Lukas 15,1-3.11-32

1 Unterwegs sah Jesus einen Mann, der seit seiner Geburt blind war. 2 Da fragten ihn seine Jünger: Rabbi, wer hat gesündigt? Er selbst oder seine Eltern, sodass er blind geboren wurde? 3 Jesus antwortete: Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern die Werke Gottes sollen an ihm offenbar werden. 4 Wir müssen, solange es Tag ist, die Werke dessen vollbringen, der mich gesandt hat; es kommt die Nacht, in der niemand mehr wirken kann. 5 Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt. 6 Als er dies gesagt hatte, spuckte er auf die Erde; dann machte er mit dem Speichel einen Teig, strich ihn dem Blinden auf die Augen 7 und sagte zu ihm: Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach! Das heißt übersetzt: der Gesandte. Der Mann ging fort und wusch sich. Und als er zurückkam, konnte er sehen. 8 Die Nachbarn und jene, die ihn früher als Bettler gesehen hatten, sagten: Ist das nicht der Mann, der dasaß und bettelte? 9 Einige sagten: Er ist es. Andere sagten: Nein, er sieht ihm nur ähnlich. Er selbst aber sagte: Ich bin es. 10 Da fragten sie ihn: Wie sind deine Augen geöffnet worden? 11 Er antwortete: Der Mann, der Jesus heißt, machte einen Teig, bestrich damit meine Augen und sagte zu mir: Geh zum Schiloach und wasch dich! Ich ging hin, wusch mich und konnte sehen. 12 Sie fragten ihn: Wo ist er? Er sagte: Ich weiß es nicht. 13 Da brachten sie den Mann, der blind gewesen war, zu den Pharisäern. 14 Es war aber Sabbat an dem Tag, als Jesus den Teig gemacht und ihm die Augen geöffnet hatte. 15 Auch die Pharisäer fragten ihn, wie er sehend geworden sei. Er antwortete ihnen: Er legte mir einen Teig auf die Augen und ich wusch mich und jetzt sehe ich. 16 Einige der Pharisäer sagten: Dieser Mensch ist nicht von Gott, weil er den Sabbat nicht hält. Andere aber sagten: Wie kann ein sündiger Mensch solche Zeichen tun? So entstand eine Spaltung unter ihnen. 17 Da fragten sie den Blinden noch einmal: Was sagst du selbst über ihn? Er hat doch deine Augen geöffnet. Der Mann sagte: Er ist ein Prophet. 18 Die Juden aber wollten nicht glauben, dass er blind gewesen und sehend geworden war. Daher riefen sie die Eltern des von der Blindheit Geheilten 19 und fragten sie: Ist das euer Sohn, von dem ihr sagt, dass er blind geboren wurde? Wie kommt es, dass er jetzt sieht? 20 Seine Eltern antworteten: Wir wissen, dass er unser Sohn ist und dass er blind geboren wurde. 21 Wie es kommt, dass er jetzt sieht, das wissen wir nicht. Und wer seine Augen geöffnet hat, das wissen wir auch nicht. Fragt doch ihn selbst, er ist alt genug und kann selbst für sich sprechen! 22 Das sagten seine Eltern, weil sie sich vor den Juden fürchteten; denn die Juden hatten schon beschlossen, jeden, der ihn als den Christus bekenne, aus der Synagoge auszustoßen. 23 Deswegen sagten seine Eltern: Er ist alt genug, fragt ihn selbst! 24 Da riefen die Pharisäer den Mann, der blind gewesen war, zum zweiten Mal und sagten zu ihm: Gib Gott die Ehre! Wir wissen, dass dieser Mensch ein Sünder ist. 25 Er antwortete: Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht. Nur das eine weiß ich, dass ich blind war und jetzt sehe. 26 Sie fragten ihn: Was hat er mit dir gemacht? Wie hat er deine Augen geöffnet? 27 Er antwortete ihnen: Ich habe es euch bereits gesagt, aber ihr habt nicht gehört. Warum wollt ihr es noch einmal hören? Wollt etwa auch ihr seine Jünger werden? 28 Da beschimpften sie ihn: Du bist ein Jünger dieses Menschen; wir aber sind Jünger des Mose. 29 Wir wissen, dass zu Mose Gott gesprochen hat; aber von dem da wissen wir nicht, woher er kommt. 30 Der Mensch antwortete ihnen: Darin liegt ja das Erstaunliche, dass ihr nicht wisst, woher er kommt; dabei hat er doch meine Augen geöffnet. 31 Wir wissen, dass Gott Sünder nicht erhört; wer aber Gott fürchtet und seinen Willen tut, den erhört er. 32 Noch nie hat man gehört, dass jemand die Augen eines Blindgeborenen geöffnet hat. 33 Wenn dieser nicht von Gott wäre, dann hätte er gewiss nichts ausrichten können. 34 Sie entgegneten ihm: Du bist ganz und gar in Sünden geboren und du willst uns belehren? Und sie stießen ihn hinaus. 35 Jesus hörte, dass sie ihn hinausgestoßen hatten, und als er ihn traf, sagte er zu ihm: Glaubst du an den Menschensohn? 36 Da antwortete jener und sagte: Wer ist das, Herr, damit ich an ihn glaube? 37 Jesus sagte zu ihm: Du hast ihn bereits gesehen; er, der mit dir redet, ist es. 38 Er aber sagte: Ich glaube, Herr! Und er warf sich vor ihm nieder. 39 Da sprach Jesus: Um zu richten, bin ich in diese Welt gekommen: damit die nicht Sehenden sehen und die Sehenden blind werden. 40 Einige Pharisäer, die bei ihm waren, hörten dies. Und sie fragten ihn: Sind etwa auch wir blind? 41 Jesus sagte zu ihnen: Wenn ihr blind wärt, hättet ihr keine Sünde. Jetzt aber sagt ihr: Wir sehen. Darum bleibt eure Sünde.

Lied nach dem Evangelium: Selig! (Thomas Linn)
 
Predigt (Kerstin Rehberg-Schroth)

Liebe Gemeinde,

wer ist schuld an dieser Situation? Mit dieser Frage habe ich vor drei Jahren die Predigt zu denselben Predigttexten begonnen …: Es war das zweite Wochenende, an dem unsere Kirchen geschlossen blieben und eine Predigt online gestellt wurde. Es war das erste Wochenende, an dem ich diese Predigt im Wissen darum geschrieben habe, dass sie nie in einer Kirche gehalten würde, sondern nur digital zu lesen sein würde. Sie stand noch nicht auf unserer Pfarrseite, sondern auf der privaten Homepage der Familie Menzel, der ich bis heute sehr, sehr dankbar bin, dass sie damals so zeitnah Möglichkeiten gesucht haben, wie wir alle trotz Corona und trotz aller Einschränkungen miteinander Kontakt halten und auch sozusagen denselben Gemeindegottesdienst, nur eben an unterschiedlichen Orten feiern konnten.

Diese Familie und viele andere haben sich eben gerade nicht an einer solchen Schuldfrage aufgehängt, sondern haben zielstrebig in die Zukunft geschaut, wie wir (miteinander) zu Lösungen kommen könnten.

Und doch bleibt immer wieder diese so menschliche Frage: Wer ist schuld? An Corona? An Streitigkeiten … an Naturkatastrophen … an … Während wir vor drei Jahren sehr einseitig von der Corona-Pandemie betroffen waren, höre ich immer wieder Stimmen, die feststellen, dass die Katastrophen seitdem ja nicht abreißen: Pandemie, Krieg, Inflation, ... Und auch da sind wir dann bis heute schnell mit der Frage: Wer ist schuld an all dem? Ja, an allem, was geschieht, muss jemand schuld sein. So glaubten es die Menschen zur Zeit Jesu, die diese Schuld direkt in denen sahen, denen Leid widerfuhr, denn dieses Leid wurde als Strafe Gottes für ihr Handeln angesehen. Der Blindgeborene oder seine Eltern mussten nach dieser Vorstellung sündig gewesen sein; ansonsten wäre der Mann nicht blind geboren worden.

Doch hier ist Jesus sehr klar – und er reagiert so, als wolle er dem Betroffenen ganz direkt sagen: Du bist nicht schuld! Und Deine Eltern sind nicht schuld! – Das sagt er allen, die dies vermuten. Denn für die Menschen zur Zeit Jesu war eben eigentlich klar, dass es einen solchen direkten Zusammenhang doch geben müsse: Wenn jemand so krank war, dann hatte er doch wohl diese Krankheit als Strafe für irgendwas verdient  … Aber nein, nicht die Kranken sind schuld. Das sagt hier Jesus sehr deutlich. Nicht diejenigen, die unter entsetzlichen Naturkatastrophen oder unter Kriegen leiden, sind schuld – und erst recht nicht diejenigen, die durch Menschen der Kirche schwer geschädigt wurden. Nicht sie sind schuld. Und auch nicht ihre Eltern.

Nein, Gott bestraft nicht die Schuldigen. Das wünschten wir uns vielleicht manche Male, wäre aber zu kurz gedacht!

Die Opfer sind nicht die Schuldigen. Viel zu gerne wurde das nicht nur zu Jesu Zeit umgekehrt: Gerade mit Blick auf diese furchtbaren Taten, bei denen Verantwortliche unserer Kirche Kinder schamlos benutzt haben, geschah das immer und immer wieder: Es wurde den Opfern nicht geglaubt, ja, sie selbst wurden als Lügner oder  Verführer dargestellt, und es wurde ihnen von vielen immer wieder zumindest eine Mitschuld zugesprochen. Das ist grausam!! Auch da können wir uns heute sehr deutlich von Jesus sagen lassen: Diese Kinder waren nicht schuld! Sie nicht und ihre Eltern nicht!

Und doch haben wir es hier anders als bei der Krankheit des Blindgeborenen mit Schuld zu tun! Mit riesengroßer Schuld! Aber nicht die Opfer sind schuld, sondern die Täter und alle, die diese Schuld unter den Tisch kehren, Täter schützen wollten.

Auch Jesus benennt im heutigen Evangelium durchaus Schuld, und zwar am Ende des Evangeliums, als die Pharisäer ihn fragen, ob sie blind sind: Wären sie blind, so sagt er, dann könnten sie nicht sündigen. Da sie aber sagen, dass sie sehen, sündigen sie. Passender könnte das Evangelium mit Blick auf die Studie, die uns gerade erst die vielen missbräuchlichen Taten in unserem Bistum und den Umgang damit vor Augen führte, kaum ausfallen.

Ja, ich weiß, es gibt Menschen, denen ist es zu viel, über Dinge zu sprechen, die zwanzig Jahre und mehr zurückliegen. Das sollte nicht immer und immer wieder benannt werden. Es sei doch Gras darüber gewachsen. Bei den einen ganz bestimmt. Bei anderen aber nicht. Es gab auch in unserer Diözese Menschen, deren Leben zerstört wurde durch das, was ihnen angetan wurde. Und durch die Weise, wie damit umgegangen wurde. Sie haben Schweigegebote auferlegt bekommen, wurden selbst zu (Mit-)Schuldigen erklärt, wurden nicht ernst genommen. Und das – wie nun in der Studie zu sehen war – oft mit voller Absicht: Ein System, unsere Kirche – und damit alle Verantwortungsträger unserer Kirche – sollte geschützt werden. Der Ruf des Bistums sollte nicht beschädigt werden. Der Schutz der Täter stand so vor der Sorge um die Opfer. Ein offenes Zugeben des Unrechts hätte nach Meinung damaliger Verantwortungsträger der Kirche als Ganzer geschadet. Einzelne Opfer wurden deshalb stillschweigend in Kauf genommen, Täter gedeckt.

Genau hier liegt die Parallele: Viele Menschen konnten damals noch nicht sehen, welche verheerenden Auswirkungen dieser Missbrauch auf Menschen hatte. Wer sozusagen blind war, wer nicht wissen konnte, wie furchtbar das alles war, den traf sicherlich keine Schuld. Viele aber sahen. Viele erkannten, was alles Furchtbares geschehen ist. Und sie schwiegen trotzdem, verschwiegen, was sie wussten, schützten Täter – verwirrten so ganze Gemeinden, die nicht mehr wissen konnten, wem sie glauben sollten.

Da können wir nun mit dem Finger auf andere zeigen, auf die damalige Bistumsleitung. Davon spricht das Gutachten. Wir können aber auch auf uns schauen, auf die Frage, wem wir selbst Glauben schenken. Auch davon spricht das Gutachten. Ich sehe heute, dass ich mehrfach ganz in der Nähe war, als solch schreckliches Unrecht geschah – und frage mich, ob ich hätte wahrnehmen, also sehen können, was da geschah, ob ich hätte anders agieren können, wo ich vielleicht mehr wahrgenommen habe und anders für die Wahrheit hätte eintreten müssen – so also durch Schweigen schuldig geworden bin.

Manche Male sind die Grenzen zwischen Blind-Sein für die Wahrheit und Sehen-Können sicher fließend. Wer blind ist, wer nicht um das wissen kann, was gut und richtig und notwendig ist, der kann zwar schuldig werden, aber keine echte Sünde begehen. Wer aber weiß oder zu wissen vorgibt, der hat auch  die Verantwortung für sein Handeln! Für sein Schweigen oder auch Nicht-Handeln.

Das gilt natürlich längst nicht nur in diesem so aktuellen Fall der aufgeklärten Missbrauchsfälle; das gilt in allen Lebensbereichen: So können wir heute nicht mehr unsere Augen schließen vor dem, was wir unserer Umwelt antun. Wir sind aufgefordert, die Schöpfung zu schützen und z.B. das gegen den Klimawandel zu tun, was wir tun können. Wir waren aufgefordert während der Pandemie, uns gegenseitig zu schützen – und sind es auch heute, so verantwortungsvoll zu handeln, wie nur möglich. Wenn wir leichtfertig Viren verbreiten, ja, dann sind wir schuld daran, wenn andere krank werden.

Gott fordert uns hier auf, nicht wie die Pharisäer zwar die Wahrheit zu wissen und zu verkünden, aber letztlich ganz anders zu handeln. Das wiegt schwer: Denn – auch wenn das Wort „Pharisäer“ negativ besetzt zu sein scheint, wollen wir ja eigentlich sein wie die Pharisäer: Wir wollen sehend sein. Wir behaupten, Antworten geben zu können. Und das ist ja auch gut. Aber wir sind dann eben auch aufgefordert, diesen Antworten gemäß zu leben – und nicht pharisäergemäß nur von anderen zu erwarten, dass diese so leben ...

Die Wahrheit kommt ans Licht. Jesus öffnet den Blinden die Augen. Er öffnet heute uns die Augen – für so manches, auch vergangene Unrecht. Hier greift er die jüdische Tradition auf, von der wir in der ersten Lesung gehört haben, wie nicht die großen, starken stattlichen Söhne des Isai erwählt wurden, sondern der kleinste und unscheinbarste: David sollte König werden. – Jesus erwählt die Kranken, die Blinden und nicht diejenigen, die glauben, sie sehen bereits. – Dabei erwählt er eigentlich uns alle – wie Paulus sagt zu „Kindern des Lichts“. Und dieses Licht, so sagt er, bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor. Tja, auch wenn das nicht immer so war – und leider auch viel Unheil aus angeblichem Licht hervorgegangen ist, so dürfen wir doch in die Zukunft sehen, nicht in der Vergangenheit hängen bleiben, sondern schauen, wie wir heute aus dieser Verantwortung leben. Und vor allem dürfen wir Gott vertrauen, dass letztlich Licht und Wahrheit und Liebe und Güte siegen werden. Irgendwann – und dann für immer. Amen.

Credo:

Gott will unsere Augen öffnen, damit wir seine Liebe sehen und an ihn glauben. Zu ihm bekennen wir uns:

Glaubenslied: GL 456 Herr, du bist mein Leben (Stefan Worlitsch + Sänger/innen)

Friedenszeichen:

Wenn unsere Augen geöffnet sind, dann sehen wir auch Machtmissbrauch, Unrecht und alles, was zu Kriegen und Auseinandersetzung führen will. Wir sind aufgefordert, uns mit aller Kraft für Gerechtigkeit, Leben, ja, für den Frieden einzusetzen. Das schaffen wir nicht allein. So dürfen wir Gott um seine Hilfe bitten. So dürfen wir uns von Jesus her aufs Neue seinen Frieden zusprechen lassen:

Der Friede sei mit Dir! Der Friede sei mit Euch!

Lied nach dem Friedensgruß: GL 704 Ein Funke, aus Stein geschlagen (Chiara Dyllus)

Mahlfeier - Lobpreis über Brot und Wein:

Gott beruft die, mit denen niemand rechnet. So beruft er den David. So beruft er bis heute Menschen, die für ihre Umwelt unscheinbar und unbedeutend sind. In seinen Augen wird das Bedeutungslose bedeutsam und wertvoll – weil wir alle vor ihm wichtig sind. Deshalb speist Jesus mit Sündern und Ausgestoßenen, beruft einfache Menschen zu seinen Jüngern – und deshalb lädt er auch uns zum Mahl. Auch hier und heute. Mit ihm dürfen wir seinen Vater loben und preisen:

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt, der Du einst den David zum König berufen, Deinen Sohn Jesus als König auf unsere Erde gesandt und auch uns in der Taufe zu Königinnen und Königen gesalbt hast. Dich loben wir.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, der Du die Erde und auch uns erschaffen hast, damit wir uns an Deiner Schöpfung erfreuen und sie schützen. Du willst, dass wir in Frieden miteinander leben. Wir preisen Dich.

Gespriesen bist Du, Herr, unser Gott, der Du für uns Menschen Vater und Mutter bist. Du schenkst uns Menschen Freiheit zum Handeln – obwohl Du weißt, dass wir sie manchmal missbrauchen. Wir preisen Dich, der Du uns Menschen vertraust und uns immer wieder voller Liebe empfängst.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, der Du unsere Hoffnung bist. Du bringst Licht in unser Dunkel und in unsere Not. Du schenkst Kraft, wo wir es nicht erwarten. Du bringst Heil und Heilung. Dich loben und preisen wir.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, der Du in Jesus Menschengestalt annahmst, weil Du in ihm ganz Mensch sein wolltest. Wir preisen Dich, der Du uns Menschen so sehr liebst, dass Du Dich mitten unter uns begibst – einst mit Jesus und immer aufs Neue.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, für Jesus, der uns von Dir erzählte, Dich uns als unseren Vater nähergebracht hat. Wir preisen ihn, der von Deiner Barmherzigkeit nicht nur gesprochen, sondern sie selbst gelebt hat.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, für das riesengroße Liebesgeschenk, das Jesus uns beim letzten Mahl mit seinen Jüngern gemacht hat, als er ihnen – und damit auch uns – das Brot gereicht und dabei ganz besondere Worte gesprochen hat: Nehmt und esst. Das ist mein Leib.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, der Du in Jesus Dich all Deiner Macht entmachtet hast, ohnmächtig wurdest – für uns. Mit Deinem Sohn hast Du Dich selbst uns Menschen ausgeliefert – ganz und gar – bis zum Tod am Kreuz. Dich loben wir.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, König des Himmels und der Erde. Du schenkst uns dieses Brot, Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit als Zeichen, dass Du uns in unserem Alltag stärkst. Dieses Brot, das wir hier in unseren Häusern essen, will uns Kraft geben für unseren Alltag. Wir loben und preisen Dich in Ewigkeit und bitten Dich: Sei bei uns, sei in uns und lass uns eins sein mit Dir und miteinander, wenn wir nun von diesem Brot essen.

Das Brot wird gebrochen. Und jeder Anwesende erhält ein Stück des Brotes. Alle essen vom Brot.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, König des Himmels und der Erde, Schöpfer der Welt. Du hast die Frucht des Weinstocks geschaffen – zur Freude der Menschen und zu Deinem Lob. Der Wein ist Zeichen von Freude, Jubel und Fest. Wir hoffen, dass wir bald wieder viele Gründe zum Feiern haben und auch feiern dürfen. Noch wissen wir nicht, wann das sein wird. Doch wann immer wir Mahl miteinander halten, ist dies ein winziger Vorgeschmack auf das große Festmahl in Deinem ewigen Reich, wenn wir bei Dir, der Liebe selbst, ewige Freude und ewiges Fest erleben. In Vorfreude darauf teilen wir hier Brot und Wein oder Saft. Wir preisen Dich, weil Du durch Deinen Heiligen Geist uns Menschen froh machst und uns lieben und leben lässt, weil Du uns liebst.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, durch Deinen Sohn, unseren Herrn Jesus Christus. Noch kurz vor seinem Tod hat er uns das Zeichen der Freude und der Lebensfülle anvertraut, uns schon hier ein Stück vom Himmel geschenkt. Er hat seinen Jüngern den Kelch gereicht mit den Worten: „Nehmet und trinket alle daraus. Das ist mein Blut des Bundes, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ Wir danken Dir für dieses riesengroße Geschenk unseres Glaubens. Wir danken Dir, dass wir auch heute wohlschmeckenden Wein (Saft) trinken dürfen.

Wir bitten Dich: Sei bei uns, sei in uns und schenke uns die Freude des Glaubens und die Fülle des Lebens, wenn wir nun von diesem Wein (Saft) zu Deiner Ehre trinken.

Alle trinken vom Wein bzw. Saft.

Gepriesen bist Du, Herr, unser Gott, der Du unsere Sehnsucht nach Glück, nach Liebe, nach Frieden, nach Dir stillen willst. Du allein bist das Ziel unserer Sehnsucht schon im Hier und Jetzt und erst recht am Ende unserer irdischen Zeit. Du schenkst uns die wahre Freude. Schon heute baust Du mit uns hier auf Erden Dein Reich und schenkst uns Heil und Heilung. Einmal werden wir die Vollendung finden bei Dir in Deinem Himmelreich. Wir danken Dir für die Gemeinde, zu der wir gehören und in der wir schon heute ein wenig von der Gemeinschaft erahnen können, in die Du uns alle einmal rufen willst. Wir sind miteinander verbunden auch in diesem Gottesdienst, auch dann, wenn wir uns gerade nicht persönlich begegnen können. Wir preisen Dich, der Du bei uns bist, der Du um uns herum bist, uns trägst und sogar in uns bist – auch und gerade heute. Dich rühmen wir heute und alle Tage unseres Lebens. Amen.

Lied nach der Mahlfeier: Licht dieser Welt (Chiara Dyllus)

Fürbitten:

Noch bevor Menschen was sagen, erkennt Gott, was Menschen brauchen. Jesus heilt den Blindgeborenen. Gott ist für uns alle da. Erst recht, wenn wir zu ihm rufen. So kommen wir auch heute mit unseren Bitten zu ihm und beten:

  • Für die Menschen in der Ukraine und in anderen Krisengebieten unserer Erde. Für alle Menschen, die um ihr Leben fürchten. Für alle, die in Unfreiheit leben. Für alle, die versuchen zu fliehen.

Gott, unser Vater. Wir bitten Dich, erhöre uns.

  • Für alle Kranken. Für alle, die nicht sehen oder hören oder riechen können. Für alle, die sich danach sehnen zu sehen, und für alle, die auf Heilung hoffen. Für alle, die nach wirklichem Licht in ihrem Leben suchen.

Gott, unser Vater. Wir bitten Dich, erhöre uns.

  • Für alle, denen sexuelle Gewalt durch Menschen unserer Kirche angetan wurde. Für alle, denen nicht geglaubt wurde. Für alle, denen Schuld fälschlicherweise zugeschoben wurde. Für alle, die durch das, was sie erleben mussten, ihrer Kindheit und eines unbeschwerten Lebens beraubt wurden. Für alle, denen ihr Urvertrauen genommen wurde durch Menschen, die eigentlich Segen hätten bringen sollen.

Gott, unser Vater. Wir bitten Dich, erhöre uns.

  • Für alle Kirchengemeinden, die durch Missbrauchstaten zerrüttet wurden. Für alle, die nicht mehr wussten, wem sie Glauben schenken konnten. Für alle, die völlig irritiert waren oder sind, dass Menschen, auf die sie so große Stücke gehalten haben, zu furchtbaren Missbrauchstaten fähig sind.

Gott, unser Vater. Wir bitten Dich, erhöre uns.

  • Für alle, die versuchen aufzuarbeiten, was eigentlich nicht aufzuarbeiten und niemals wirklich wieder gutzumachen ist. Für alle, die versuchen heute präventiv zu verhindern, dass es zu einem solchen Machtmissbrauch innerhalb unserer Kirche kommt. Für alle, die nach neuen Formen und Wegen suchen, um unsere Kirche zu einem Ort zu machen, an dem Leben gefördert wird.

Gott, unser Vater. Wir bitten Dich, erhöre uns.

  • Für unsere Pfarreien hier Am Limes und im ganzen neuen Pastoralraum Gießen Süd. Also für unsere Gemeinden hier in Hungen, Langgöns, Lich, Linden und Pohlheim.

Gott, unser Vater. Wir bitten Dich, erhöre uns.

  • Für alle, die in dieser Zeit Trost und Zuversicht bei Dir suchen. Für alle, die an Dir zweifeln, weil Du das furchtbare Kriegshandeln und andere Katastrophen und sogar die schlimmen Taten in Deiner Kirche geschehen lässt.

Gott, unser Vater. Wir bitten Dich, erhöre uns.

  • Für alle, an die wir heute ganz besonders denken.

Gott, unser Vater. Wir bitten Dich, erhöre uns.

Gott, wir vertrauen Dir, dass Du unser Flehen hörst, weil Du für uns Vater und Mutter bist und uns unendlich liebst. Amen.

Zu Gott beten wir:

Vater Unser

Ein Lied zum Dank: GL 468 Gott gab uns Atem, damit wir leben (Stefan Worlitsch + Sänger/innen)

Dankgebet:

Herr, unser Gott, wir danken Dir, dass Du Licht für uns bereit hältst. Du bringst die Wahrheit ans Licht, stößt Mächtige vom Thron und erhebst die Niedringen. Vor Dir ist jeder Mensch gleich wertvoll, und Du willst Leben und Freude für uns alle. Wenn wir selbst uns hier im Weg stehen, einander abwerten oder Möglichkeiten verbauen, dann stoße uns immer wieder aufs Neue drauf, damit wir immer wieder aufs Neue fördern und einander groß sein lassen, bis wir einmal alle die Gemeinschaft mit Dir leben dürfen – für immer und ewig. Amen.

Segensgebet:

So segne uns der uns liebende Gott,

der Vater, der die Kleinsten als Königinnen und Könige beruft,
der Sohn, der einst dem Blinden die Augen öffnete und auch uns zum Licht führen will,
und der Heilige Geist, der in uns selbst das Licht ist und uns Königswürde schenkt.

So segne uns und alle, die uns wichtig sind, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Amen.

Lied: GL 916 Groß sein lässt meine Seele den Herrn (Stefan Worlitsch + Sänger/innen)