Schmuckband Kreuzgang

Gottesdienst am Karfreitag, Lesejahr B, 2. April 2021

Kreuz (c) AngelaL_17, veröffentlicht auf Pixabay
Kreuz
Datum:
Do. 1. Apr. 2021
Von:
Dr. Kerstin Rehberg-Schroth

Gottesdienst am Karfreitag (Lesejahr B), 2. April 2021, im Pfarreienverbund am Limes
Langgöns – Linden – Pohlheim

Liebe Gemeinde,

dieser Gottesdienst sollte mit Schweigen beginnen. Das lässt sich schwierig zu Papier bringen. So lade ich Sie ein: Nehmen Sie sich ein Kreuz – eines in Ihrer Wohnung, eines, das Sie in die Hand nehmen können, eines, das vor Ihren Augen hängt – oder eben das Kreuz, das hier über diesem Gottesdienst steht.

Der Gottesdienst am Karfreitag beginnt – ohne liturgische Eröffnung, ohne irgendwas – wortlos. Betrachten Sie Ihr Kreuz. Betrachten Sie das Kreuz Jesu.

 

STILLE

 

Gebet:

Herr, unser Gott, Dein Sohn ist für uns am Kreuz gestorben. Unsere Augen schauen auf ihn, unseren Herrn. Dein Sohn hängt am Kreuz, verbindet Himmel und Erde. Schenke uns im Blick auf das Leiden und Sterben Deines Sohnes heute die Kraft, Dir auch unser eigenes Leid, unser eigenes Kreuz hinzuhalten und Dir zu vertrauen, dass auch dieses Kreuz nicht das letzte Wort haben wird, sondern Du uns liebst und rufst – bis in Ewigkeit. Amen.

 

Erste Lesung: Jesaja 52,13 – 53,12 (Teil 1) (Teil 2)

(Gelesen von Kerstin Rehberg-Schroth)
 
 
Antwortpsalm: GL 308,1 Psalm 31

 

Zweite Lesung: Hebräer 4,14-16; 5,7-9 (Teil 1) (Teil 2)

(Gelesen von Fabian Fitzek)

 

Ruf vor der Passion (Kerstin Rehberg-Schroth)

 

Passion: Johannes 18,1 – 19,42 (Teil 1) (Teil 2)

Wir laden an dieser Stelle ein, die Johannespassion von Hermann Schröder zu hören, gesungen von einem Chor aus Wolfenbüttel.

 

Einige Gedanken zur Passion (Kerstin Rehberg-Schroth)

Das Kreuz – Zentrum unseres Glaubens und doch ein solches Rätsel. Gerade in der vorigen Woche habe ich einmal wieder mit jemandem das Gespräch geführt: Musste, wollte Jesus auf diese Weise sterben? War DAS der Plan Gottes, seinen Sohn ans Kreuz zu schicken? Wieso hatte Gott das nötig? Wie makaber ist ein solcher Gott, der nur so uns Menschen retten kann?

Hier stehen viele Fragen, auf die wir keine endgültige Antwort geben können. So wie ich die Texte der Bibel verstehe, hätte Gott sehr wohl auch andere Möglichkeiten gehabt. Er hat sich nicht von vornherein für Jesu Tod am Kreuz entschieden; ja, das war nicht sein Plan. Gott hat sich dafür entschieden, seinen Sohn auf die Erde zu schicken, um uns Menschen nahe zu sein. Jesus hat hier gelebt; er hat den Menschen die Botschaft vom Reich der Liebe Gottes verkündet – und dies kompromisslos. Er hat seinen Vater nicht verleugnet, auch dann als es brenzlig wurde. Er wurde verurteilt. Er ist gestorben.

Er hätte sterben müssen. Er war Mensch. DAS gehörte damit zum Plan Gottes dazu: ganzer Mensch und damit dann auch ein Sterben am Ende. Das ist leider unser Weg, den wir Menschen gehen. Aber er hätte sicher nicht unbedingt mit Anfang 30 und wie ein Verbrecher sterben müssen. Das hat nicht Gott, sondern das haben Menschen gemacht.

Doch so sehr es sicherlich auch anders gegangen wäre:

Dennoch ist das Kreuz großartiges Zeichen, wie weit Gottes Liebe geht. Er ist sich nicht zu schade, sich bzw. seinen Sohn zwischen Verbrecher hängen zu lassen. Sicher wird für uns so viel, viel, viel deutlicher, wie ernst es Gott mit seiner Liebe zu uns Menschen meint, als es geworden wäre, wäre Jesus schlicht eines ganz normalen Alters- oder Krankheitstodes gestorben.

Und so mag es bezeichnend sein, dass die frühen Evangelisten sehr deutlich das furchtbare Leiden Jesu aufzeigen. Wie sie von diesem Leiden schreiben, so hören wir die Passion Jahr für Jahr an Palmsonntag. Jesus leidet mit uns. Das können wir da sehr deutlich hören.

Jesus hält zu uns – gleich wie viel wir leiden müssen, egal aber auch, wie viel Leid wir selbst angerichtet haben. Nichts kann uns trennen von seiner Liebe.

Dass Jesu Kreuz mehr ist als dieses Mitleiden, dass Jesus selbst im Kreuz sich ganz als Gottes Sohn zeigt, das wird viel deutlicher in der Passion, so wie Johannes sie einige Jahre später als die anderen Evangelisten aufschreibt. Bei ihm sind Kreuz und Leid bereits sehr deutlich mit dem Königtum Jesu verbunden. Trotz aller Grausamkeit ist Jesus erkennbar als der Sieger über Tod und Leben. Es wird hier viel deutlicher als bei den anderen Evangelisten, dass Jesus sehr selbstbestimmt seinen Weg ans Kreuz geht. Der Schrei der Gottverlassenheit hat hier keinen Platz. Stattdessen zeigt Jesus sich schon vor Pilatus als König – dessen Königreich jedoch nicht von dieser Welt ist. Noch am Kreuz weist er dem Jünger seine Mutter als Mutter zu und ihr den Jüngern als Sohn. Und schließlich ist er selbst es, der sein Haupt neigt – und den Geist übergibt. Hiermit deutet der Evangelist an, dass Jesus hier bereits seinen Heiligen Geist an die übergeben hat, die ihn annehmen.

Dieses so grausame Folterinstrument, an dem Jesus starb, wird mit den Worten des Johannes zu einem Liebeszeichen. Hier ist neues Leben tatsächlich nicht erst an Ostern, sondern bereits am Kreuz erkennbar.

Am Kreuz und durch das Kreuz. Denn als letzter kurzer Gedanke sei hier noch etwas erwähnt: Das Kreuz, dieser furchtbare Todesgalgen lässt sich auch in seiner Form als ein Symbol dieser Liebe Gottes deuten: Ist da zum einen der Balken, der in die Erde geschlagen wird und von da aus in die Höhe reicht. Dieser verbindet symbolisch Himmel und Erde. Daran oder dazwischen hängt Jesus. Er verbindet Gott und unsere Erde, Himmel und Erde, Lebendige und Verstorbene. Und noch mehr ist da zum anderen der Querbalken; er geht in die Weite: Er verbindet die Weite der Welt, verbindet alle Lebenden miteinander. Das war von Anfang an Ziel unseres Gottes, das war Jesu Auftrag in dieser Welt. Das konnte er als wie wir begrenzt lebender Mensch im kleinen Galiläa alleine durch sein Leben nicht erreichen. Das erreicht er durch seinen Tod, durch seine Auferstehung. Zwar letztlich erzwungen von anderen Menschen, aber doch freiwillig angenommen und so von ganzem Herzen spannt er die Arme aus, um uns alle zu umarmen. In meiner Heimatgemeinde hing früher im Eingangsbereich des Pfarrzentrums einmal ein Kreuz, auf dem Jesus den rechten Arm vom Kreuz gelöst hatte, um alle, die hineinkamen, gewissermaßen umarmend zu empfangen.

Dieses furchtbare Symbol, es ist für uns zum Liebessymbol geworden. Im Ohr ist mir an diesem Tag immer ein schlichtes Lied, das ich vor Jahren bei der Vorbereitung eines Kinderkreuzweges kennengelernt habe. Es ist ein Kinderlied (geschrieben von Franz Kett) – in Melodie und Text sehr, sehr schlicht. Doch sagt der kurze Text dieses Liedes alles aus – und geht, wie ich persönlich finde, ins Herz:

Zwischen Himmel (und) Erde hängt der Herr, Himmel und Erde verbindet er. Die Arme ausgespannt in unsere Welt, um zu schenken, was uns trägt und hält: Liebe groß und weit, Liebe groß und weit, Liebe so weit wie die Ewigkeit.

Amen.

 

Große Fürbitten:

An dieser Stelle folgen in der Karfreitagsliturgie die großen Fürbitten. Diese Bitten stehen stellvertretend für alle Bitten dieser Welt. In der Karfreitagsliturgie müssen sie formuliert werden. Nur so können wir in der Liturgie gut gemeinsam beten. Da Sie nun, die Sie diese Form des Gottesdienstes zu Hause feiern, nicht in Gemeinschaft zusammen sind, wäre es eine Beschränkung, sie zu benennen. Denn niemand kann alle Bitten dieser Welt ausformulieren. Doch wenn Sie die Ihren zum Herrn tragen und jeder und jede die eigenen, dann wird Gott an diesem Nachmittag eine Fülle von Bitten erreichen.

Nehmen Sie sich nun also Zeit: Beten Sie in all Ihren ganz persönlichen Anliegen …

… und vielleicht auch noch in den Anliegen dieser Welt: für Kirche und Welt, für Regierende und Bevölkerung, für Reiche und Arme, für Dicke und Dünne, für Gläubige und Ungläubige, für Lachende und Weinende, für Kranke, für Gesunde, für alle Berufstätigen und Arbeitssuchenden, für Einsame und die, die gerne ein bisschen mehr Ruhe hätten, für Suchende und die, die glauben, gefunden zu haben, was sie brauchen, für Kinder und Alte, für Verheiratete und Singles, für ...

Nehmen Sie sich Zeit, all diese Bitten an das Kreuz zu bringen, das Sie bereits zu Beginn dieses Gottesdienstes vor Augen hatten.

Allmächtiger, ewiger Gott, Du hast die Schreie Deines Volkes Israel einst gehört und Deinen Sohn in die Welt gesandt. Du hast sein Beten und Flehen erhört und ihm und uns das Leben geschenkt. Dir sei Lobpreis, Dir sei Ehre, Dir sei Ruhm und Preis in alle Ewigkeit. Amen.


Lied vor der Kreuzverehrung: GL 289 O Haut voll Blut und Wunden (Kerstin Rehberg-Schroth)

 

Kreuzverehrung:

An diesem Tag des Leidens Jesu strahlt bereits, so hören wir es vom Evangelisten Johannes, die Herrlichkeit Jesu auf. So ist es guter Brauch in vielen Kirchen, zur Kreuzverehrung Blumen ans Kreuz zu legen. Vielleicht haben Sie bereits am Palmsonntag Ihr Kreuz mit einem Palmzweig geschmückt? Vielleicht mögen Sie ein anderes Symbol des Lebens an Ihr Kreuz stellen?

Vielleicht mögen Sie ein Lebenszeichen malen? Gestalten?

Unterschiedliche Menschen in unseren Gemeinden haben unterschiedliche Fähigkeiten. Wie drückt sich für Sie Leben aus?

Oder ist es für Sie heute eher dran, noch weiter in Blick zu nehmen, dass Jesus heute mit Ihnen – mit uns allen! – leidet? Vielleicht „reicht“ daher der Blick aufs Kreuz.

Ich lade Sie ein, sich Zeit zu nehmen, dieses Kreuz, das Sie nun bereits den ganzen Gottesdienst über begleitet, zu betrachten oder zu gestalten – und so Jesus die Ehre zu bringen, die wir ihm auch bringen würden, wenn wir „wie normal“ in der Kirche unsere Knie am Kreuz heute beugen könnten.

Dein Kreuz, o Herr, verehren wir – und deine heilige Auferstehung preisen und rühmen wir: Denn siehe, durch das Holz des Kreuzes kam Freude in alle Welt!

 

Einige Auswahl-Lieder zur Kreuzverehrung:

GL 377 O Jesu, all mein Leben bist du (Barbara Westermann)
 
O du hochheilig Kreuze (Kerstin Rehberg-Schroth)
 
Heilig Kreuz, du Baum der Treue

 

So beten wir gemeinsam zu Gott, unserem Retter:

Vater Unser

Lied: GL 460 Wer leben will wie Gott (Stefan Worlitsch)

 

Gebet:

Allmächtiger, ewiger, uns liebender Gott, Du hast uns an diesem Tag durch den Tod und auch durch die Auferstehung Deines Sohnes neues Leben geschenkt. Stärke in uns den Glauben an Deine nie endende Liebe, den Glauben daran, dass das Leben stärker ist als der Tod – auch gerade jetzt in dieser Krisenzeit und dann bis in alle Ewigkeit. Amen.

 

 

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