Schmuckband Kreuzgang

Gottesdienst am Karfreitag, Lesejahr C, 15. April 2022

Golgotha - Osterweg Linden 2022 (c) Das Vorbereitungsteam aus Christusgemeinde (Linden), Evangelischer Kirche (Großen-Linden) und der Pfarrgruppe Am Limes
Golgotha - Osterweg Linden 2022
Datum:
Do. 14. Apr. 2022
Von:
Dr. Kerstin Rehberg-Schroth

Gottesdienst am Karfreitag, Lesejahr C, 15. April 2022
– im Pfarreienverbund am Limes

Langgöns – Linden – Pohlheim

 

Liebe Gemeinde,

dieser Gottesdienst sollte mit Schweigen beginnen. Das lässt sich schwierig zu Papier bringen. So lade ich Sie ein: Nehmen Sie sich ein Kreuz – eines in Ihrer Wohnung, eines, das Sie in die Hand nehmen können, eines, das vor Ihren Augen hängt – oder eben das Kreuz, das hier über diesem Gottesdienst steht.

Der Gottesdienst am Karfreitag beginnt – ohne liturgische Eröffnung, ohne irgendwas – wortlos. Betrachten Sie Ihr Kreuz. Betrachten Sie das Kreuz Jesu.

 

STILLE

 

Gebet:

Herr, unser Gott, Dein Sohn ist für uns am Kreuz gestorben. Unsere Augen schauen auf ihn, unseren Herrn. Dein Sohn hängt am Kreuz, verbindet Himmel und Erde. Schenke uns im Blick auf das Leiden und Sterben Deines Sohnes heute die Kraft, Dir auch unser eigenes Leid, unser eigenes Kreuz hinzuhalten und Dir zu vertrauen, dass auch dieses Kreuz nicht das letzte Wort haben wird, sondern Du uns liebst und rufst – bis in Ewigkeit. Amen.

 

Erste Lesung: Jesaja 52,13 – 53,12 (Teil 1) (Teil 2)

(Gelesen von Kerstin Rehberg-Schroth)
 
 
Antwortpsalm: GL 308,1 Psalm 31 (Kerstin Rehberg-Schroth)

 

Zweite Lesung: Hebräer 4,14-16; 5,7-9 (Teil 1) (Teil 2)

(Gelesen von Fabian Fitzek)

 

Ruf vor der Passion (Kerstin Rehberg-Schroth)

 

Passion: Johannes 18,1 – 19,42 (Teil 1) (Teil 2)

Wir laden an dieser Stelle ein, die gesungene Johannespassion aus der Pfarre Hartberg zu hören, alternativ eine Passion aus Neuzelle.

 

Einige Gedanken zur Passion (Kerstin Rehberg-Schroth)

Liebe Gemeinde,

am vergangenen Sonntag habe ich betont, dass auf die Lesung der Passion eigentlich keine Predigt folgen kann. Eigentlich gilt das auch heute. Eigentlich. Und doch ist heute alles anders. Vor der Lesung der Passion hätte das noch weniger gepasst: an diesem Tag zwischen Jesu größtem Leiden und seinem Tod. Da wirkt die Stille. Da wirken die Lesungstexte, die wir hören. Und dann folgt die Passion. Da passt es vorher nicht, da passt es nachher nicht.

Aber doch: Es passt – wenn überhaupt – eben eher im Anschluss: Denn heute haben wir die Passion des Johannes gelesen – den Text, den wir jedes Jahr am Karfreitag hören oder lesen. Dieser Text ist so anders als die Passionsberichte der sogenannten Synoptiker Matthäus, Markus und Lukas: Der Evangelisti des Johannesevangeliums stellt uns Jesus bereits als König, als Sieger dar, als einen, der über allem Leiden steht, ja, der mit seinem Sterben bereits auferstanden und verherrlicht ist. Wenn es da heißt „Er übergab den Geist“ (in der alten Übersetzung: Er hauchte seinen Geist aus), da ist nicht nur gemeint, dass er starb. Nein, dann ist gemeint, dass er in diesem Moment seinen Jüngern, uns allen seinen Geist wirklich übergab, schenkte. In diesem Moment stecken Karfreitag, Ostern und Pfingsten.

Und so kann dann doch die heutige offizielle Liturgie unserer Kirche überschrieben werden mit den Worten „Die Feier vom Leiden und Sterben Jesu“. Das klingt ja seltsam: Wie makaber müssen wir sein, das Leiden und Sterben Jesu zu feiern? Das geht nur, weil wir wissen, dass dieses Leiden und Sterben nicht das Ende dieses Gottesdienstes ist. Am Ende des Johannesevangeliums hören wir sozusagen von einem Königsbegräbnis: Er wird umwickelt mit Leinenbinden mit wohlriechenden Salben aus Myrrhe und Aloe – etwa 100 Pfund, so heißt es bei Johannes. Hier ist nichts mehr übrig von der Hinrichtung eines Verbrechers – was die Kreuzigung ja eigentlich ist. Bei Johannes bekommt dieser König Jesu alle Ehre. Dieser König, der nicht im Grab bleiben wird, sondern bei dem schon im Leiden und Sterben zu erkennen ist, dass in Jesus das Leben siegt. In den Worten des Johannes scheint heute bereits durch, wie am Samstag bzw. am Sonntag in der Osternacht dieser Gottesdienst enden wird: mit Leben pur!

Das ist der Spiegel, durch den der Evangelist des Johannesevangeliums das Geschehen bereits betrachten kann. Er ist derjenige Evangelist, der sein Evangelium als letzter verfasst hat. Bis dahin hatten die Menschen begriffen, dass Jesus auferstanden war; das Kreuz hatte sozusagen seinen Schrecken verloren. Die anderen Evangelisten waren noch näher am Geschehen und zeigen so mehr die Furchtbarkeit der Kreuzigung auf. In den anderen Evangelien werden Angst und Klage Jesu deutlich. In den anderen Evangelien ist er mehr als bei Johannes einer, der mit uns mit leidet. Auch im Hebräerbrief, den wir als zweite Lesung gehört haben, wird uns Jesus als der Leidende vor Augen gestellt. Vom Beten unter Tränen ist hier die Rede und von seinem Leiden. Und doch betont auch der Hebräerbrief bereits sehr deutlich, dass Jesus der Sohn war und durch sein Leiden Urheber des Heils geworden ist. Dem Geschehen ist ein Sinn gegeben worden. Erst im Nachhinein lassen sich furchtbare Ereignisse manchmal deuten. Im Anblick des Kreuzes sehen wir das Kreuz. Das ist nicht verklärt. Kein bisschen. So z.B. irgendetwas Gutes ins aktuelle Kriegsgeschehen hineininterpretieren zu wollen, wäre blanker Hohn. Kreuz ist Kreuz.

Und doch zeigt uns die Bibel auf, wie sich im Lichte Gottes Ereignisse interpretieren lassen, wie größtes Leid noch einen Sinn erhalten kann. So haben wir bereits in der alttestamentlichen Lesung das sogenannte Gottesknechtslied gehört. Es ist, als würde hier über einen Gekreuzigten geschrieben. Vom Entstelltsein ist die Rede. Vom Durchbohrtsein. Vom Schlagen und von Schmerzen. So vieles, was sich auf Jesus hin lesen lässt. So vieles, was aber auch heute und immer wieder aktuell zu sein scheint. Gefolterte Menschen. Unschuldig Verurteilte. Deshalb haben wir Christen diese Stelle auch auf Jesus hin gedeutet. Und noch etwas: Alttestamentlich üblich war es, dass die Menschen davon ausgingen, dass es für jegliches Tun den entsprechenden Lohn oder die entsprechende Strafe gab. Wer Böses tat, musste mit Strafe rechnen. Wer eine Krankheit hatte, der konnte fragen, was er denn angestellt hatte, um diese Krankheit zu verdienen. Wir sagen oft, dass sich das mit Jesus änderte, der den Menschen bei der Heilung des Blindgeborenen deutlich vor Augen gestellt hat, dass nicht dieser und auch nicht seine Eltern gesündigt hatten, ja, dass es diesen sogenannten Tun-Ergehens-Zusammenhang einfach nicht gibt. Doch das war nicht neu bei Jesus! Schon hier – mindestens 500 Jahre vor Jesus – wird die normale Ordnung verdreht: Nicht der Täter wird für die Tat verurteilt, sondern der Gottesknecht nimmt schweigend an, was ihm getan wird. Er trägt stellvertretend sozusagen die Folgen des schlimmen Tuns eines ganzen Volkes. So heißt es in diesem Lesungsabschnitt, den wir gehört haben: „Er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt. Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Vergehen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Züchtigung auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt.“ – Hier wird bereits genau beschrieben, wie wir Christen später Jesu Tod und Sterben deuten werden.

Das klingt grausam. Und ja, das war es. Erträglich und wirklich heilbringend wird es dann aber erst im Licht des Lebens, im Licht des Glaubens an die Auferstehung: Auch dieser Glaube deutet sich schon hier bei Jesaja an: „Nachdem er vieles ertrug, erblickt er das Licht.“ Dieses Licht, das sieht nun also Johannes bereits im Sterben Jesu: Denn Gott hat ihn schon längst erwählt, um durch ihn nicht nur einige, sondern alle zu erlösen. So hängt im Johannesevangelium ein echter König am Kreuz – der unser aller Leben will. Anders ausgedrückt mit dem Kinderlied, das ich auch im letzten Jahr hier angeführt habe, das mich aber von Jahr zu Jahr aufs Neue sehr berührt:

Zwischen Himmel (und) Erde hängt der Herr, Himmel und Erde verbindet er. Die Arme ausgespannt in unsere Welt, um uns zu schenken, was uns trägt und lenkt: Liebe groß und weit, Liebe groß und weit, Liebe so weit wie die Ewigkeit. 

Amen.

 

Große Fürbitten:

An dieser Stelle folgen in der Karfreitagsliturgie die großen Fürbitten. Diese Bitten stehen stellvertretend für alle Bitten dieser Welt. In der Karfreitagsliturgie müssen sie formuliert werden. Nur so können wir in der Liturgie gut gemeinsam beten. Da Sie nun, die Sie diese Form des Gottesdienstes zu Hause feiern, nicht in Gemeinschaft zusammen sind, wäre es eine Beschränkung, sie zu benennen. Denn niemand kann alle Bitten dieser Welt ausformulieren. Doch wenn Sie die Ihren zum Herrn tragen und jeder und jede die eigenen, dann wird Gott an diesem Nachmittag eine Fülle von Bitten erreichen.

Nehmen Sie sich nun also Zeit: Beten Sie in all Ihren ganz persönlichen Anliegen …

… und vielleicht auch noch in den Anliegen dieser Welt: für Kirche und Welt, für Regierende und Bevölkerung, für Reiche und Arme, für Dicke und Dünne, für Gläubige und Ungläubige, für Lachende und Weinende, für Kranke, für Gesunde, für alle Berufstätigen und Arbeitssuchenden, für Einsame und die, die gerne ein bisschen mehr Ruhe hätten, für Suchende und die, die glauben, gefunden zu haben, was sie brauchen, für Kinder und Alte, für Verheiratete und Singles, für ... und auch für Menschen, die vom Krieg betroffen sind, und auch für Menschen, die einen Krieg gestartet haben, für Opfer und Täter, für die, die fliehen, und die, die aushalten (müssen), für die, die helfen, und für die, die sich ratlos fragen, was sie tun können, für …

Nehmen Sie sich Zeit, all diese Bitten an das Kreuz zu bringen, das Sie bereits zu Beginn dieses Gottesdienstes vor Augen hatten.

Allmächtiger, ewiger Gott, Du hast die Schreie Deines Volkes Israel einst gehört und Deinen Sohn in die Welt gesandt. Du hast sein Beten und Flehen erhört und ihm und uns das Leben geschenkt. Dir sei Lobpreis, Dir sei Ehre, Dir sei Ruhm und Preis in alle Ewigkeit. Amen.


Lied vor der Kreuzverehrung: GL 289 O Haut voll Blut und Wunden (Kerstin Rehberg-Schroth)

 

Kreuzverehrung:

An diesem Tag des Leidens Jesu strahlt bereits, so hören wir es vom Evangelisten Johannes, die Herrlichkeit Jesu auf. So ist es guter Brauch in vielen Kirchen, zur Kreuzverehrung Blumen ans Kreuz zu legen. Vielleicht haben Sie bereits am Palmsonntag Ihr Kreuz mit einem Palmzweig geschmückt? Vielleicht mögen Sie ein anderes Symbol des Lebens an Ihr Kreuz stellen?

Vielleicht mögen Sie ein Lebenszeichen malen? Gestalten?

Unterschiedliche Menschen in unseren Gemeinden haben unterschiedliche Fähigkeiten. Wie drückt sich für Sie Leben aus?

Oder ist es für Sie heute eher dran, noch weiter in Blick zu nehmen, dass Jesus heute mit Ihnen – mit uns allen! – leidet? Vielleicht „reicht“ daher der Blick aufs Kreuz.

Ich lade Sie ein, sich Zeit zu nehmen, dieses Kreuz, das Sie nun bereits den ganzen Gottesdienst über begleitet, zu betrachten oder zu gestalten – und so Jesus die Ehre zu bringen, die wir ihm auch bringen würden, wenn wir „wie normal“ in der Kirche unsere Knie am Kreuz heute beugen könnten.

Dein Kreuz, o Herr, verehren wir – und deine heilige Auferstehung preisen und rühmen wir: Denn siehe, durch das Holz des Kreuzes kam Freude in alle Welt!

 

Einige Auswahl-Lieder zur Kreuzverehrung:

GL 377 O Jesu, all mein Leben bist du (Barbara Westermann)
 
O du hochheilig Kreuze (Kerstin Rehberg-Schroth)
 
Heilig Kreuz, du Baum der Treue

 

So beten wir gemeinsam zu Gott, unserem Retter:

Vater Unser

Lied: GL 460 Wer leben will wie Gott (Stefan Worlitsch)

 

Gebet:

Allmächtiger, ewiger, uns liebender Gott, Du hast uns an diesem Tag durch den Tod und auch durch die Auferstehung Deines Sohnes neues Leben geschenkt. Stärke in uns den Glauben an Deine nie endende Liebe, den Glauben daran, dass das Leben stärker ist als der Tod – auch gerade jetzt in dieser Krisenzeit und dann bis in alle Ewigkeit. Amen.

 

 

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