Schmuckband Kreuzgang

Impuls zum Dienstag

Pusten und Brausen

IMG_20200419_160924 (c) J. Adler
Datum:
Mo. 20. Apr. 2020
Von:
Matthias Lich

Immer wenn ich eine Pusteblume sehe, muss ich unwillkürlich lächeln: Als unsere Kinder kleiner waren, konnten wir an kaum einer Pusteblume vorbei gehen, ohne sie zu pflücken. Und dann strengte sich ein kleiner Mund an, alle Schirmchen in die Welt hinauszupusten. Wo sie ankommen würden – keine Ahnung!

„Der Wind weht, wo er will, du hörst sein Brausen, weißt aber nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist es mit jedem, der aus dem Geist geboren ist.“ (Joh 3,8) So steht es im heutigen Tagesevangelium. Ich finde, das ist auf den ersten Blick keine beruhigende Botschaft: Wer aus dem Geist geboren ist – das meint in diesem Kontext: wer getauft ist - der weiß nicht, was mit ihm passieren wird!

Die Situation mit dem Corona-Virus lässt mich aber genau das manchmal empfinden: Ich erlebe mich hilflos und kann die Lage nur schwer einschätzen. Zwischen virologischen Überlegungen und sozialen Herausforderungen fühle ich mich wie ein Pusteblumenschirmchen, das hin- und hergetrieben wird.

Nun nochmal zu dem angestrengten, beherzten Pusten meiner Kinder zurück: Dieses Bild macht mir Mut, dass Jesus aber eigentlich was Anderes meint. Es zeigt mir: Der Wind, der mich trägt, ist nicht nur ein Windchen und nicht nur ein Hauch der Beliebigkeit. Es ist ein Wind der Beherztheit, der Liebe.

Und genau von diesem Wind erzählt die biblische Schöpfungsgeschichte: Gott bläst dem Menschen den Lebensatem in die Nase. Und an Ostern haucht der Auferstandene seine Jünger an – mit der Ruach, dem Wind, dem Atem, dem Lebenshauch!

Weil ich auf Gott vertraue, kann ich zuversichtlich sein, dass mein Weg, wie auch immer er verlaufen wird und was auch immer passieren wird, getragen und begleitet ist, von ihm.

Ich bin nicht einfach ausgeliefert! Immer wieder werde ich Boden unter die Füße kriegen. Wenn all die Pusteblumenschirmchen immer nur weitertreiben würden, um irgendwann kaputt zu gehen, gäbe es keine nächste Löwenzahngeneration!

Die Situation rund um das Corona-Virus ist für uns alle neu. Und das finde ich neben der Unberechenbarkeit der Situation eine grandiose Chance: Wir sind alle am Punkt Null und dürfen gemeinsam neue Möglichkeiten suchen. Und auch scheitern.

Ich wünsche uns, dass wir darauf vertrauen können, dass am Ende alles gut ausgehen wird - im Evangelium wird uns „das ewige Leben“ verheißen (Joh 3,15). Gott hält unser Leben in seinen Händen, er ist der Wind, der uns trägt, und alles Unklare, Unfassbare, Unsichtbare ist in ihm aufgefangen und in seiner Liebe gehalten. 

(Pastoralreferentin Janina Adler)