Liebe Schwestern und Brüder,
die Coronasituation bereitet uns in dieser Zeit wieder große Sorgen. Was in den nächsten Tagen auf uns zukommen wird, weiß niemand. Auch die Frag, in welcher Weise Weihnachten überhaupt gefeiert werden kann, bleibt offen. Die Situation ist für manche von uns wirklich schwierig- besonders auch für die vielen ältere Menschen unter uns, die oft unter großer Einsamkeit leiden und dagegen ankämpfen müssen. Trotzdem sollten wir uns nicht entmutigen lassen- denn wie uns das Sprichwort sagt: ,,Die Hoffnung stirbt zuletzt“!. Wir bleiben auch angesichts dieser weltweiten Krise positiv und hoffen auf einen guten Ausgang. Diese Zeit erfordert von uns wieder einmal viel Geduld. Madeleine Delbrel, eine französische Schriftstellerin und katholische Mystikerin, hat die Zerreißprobe dieses geduldigen Wartens einmal so formuliert:
,,Jeder hat ein Kreuz zu tragen, ein Leiden durchzustehen, auch wir. Einverstanden, wir warten darauf, wir wissen, dass es kommen muss, und es ist klar, dass wir es mit einer gewissen Größe durchstehen wollen.
Wir warten darauf, dass die Stunde unseres Opfers schlägt. (…)
Wie ein Wollfaden, der von einer Schere durchgeschnitten wird, so müssen wir zerteilt werden. (…)
Wir warten auf unsere Passion. Wir warten, aber sie kommt nicht.
Was kommt, sind Umstände, die unsere Geduld erfordern.
O diese Übungen der Geduld, diese kleinen Leidenspartikel. (…)
Schon am Morgen suchen sie uns auf:
Unsere Nerven gehen uns so leicht durch,
der Bus ist bereits voll,
die Milch läuft über,
der Schornsteinfeger kommt,
die Kinder verderben alles,
der Mann bringt Gäste mit,
die Freunde erscheinen nicht,
das Telefon läutet ununterbrochen,
die, die wir lieben, streiten sich;
man möchte schweigen und muss sprechen,
man möchte sprechen und muss schweigen,
man möchte ausgehen und muss daheimbleiben,
man möchte daheimbleiben und muss weggehen,
man möchte sich auf den Ehegatten stützen,
und
der wird schwach wie ein Kind;
die tägliche Arbeit wird uns langweilig;
es quält uns die Gier nach Dingen,
die uns nicht zustehen.
So treten die Geduldsübungen an uns heran, neben- oder hintereinander, und vergessen immer uns zu sagen, dass sie das Martyrium sind, das für uns vorgesehen ist.
Wir aber lassen sie mit Verachtung an uns vorüberziehen und warten auf eine Gelegenheit, unser Leben hinzugeben, eine Gelegenheit, die der Mühe wert wäre.
Denn wir haben vergessen, dass es Äste gibt, die im Feuer verbrennen, dass es Bretter gibt, die unter unseren Tritten langsam abgetreten werden.
Wir haben vergessen, dass es nicht nur Fäden gibt, die man mit der Schere durchschneidet, sondern auch Fäden in einem Kleidungsstück, die täglich dünner werden am Körper dessen, der es trägt. Wenn jede Erlösung ein Martyrium ist, so braucht doch nicht immer Blut zu fließen. Im Laufe eines Lebens kann man deren viele erleiden.
Unser Opfer heißt Früchte bringen in Geduld.“
Wir glauben daran, dass vieles wieder besser sein wird. Gott schütze uns alle in dieser Zeit. Denken wir auch daran, dass wir es gemeinsam schaffen werden, diese Krise zu überwinden. Bleiben Sie gesund und glücklich! Unsere Geduld wird uns sicherlich retten und Früchte bringen.
Ihr Kaplan
Valentine Ede
Madeleine Delbrel, Der kleine Mönch, Freiburg i. Br. 1981, 80-82.