Das tragende Lamm
Wahrscheinlich geht es Ihnen auch so: Wir wollen unsere Sache gut machen. Die „Sache“ kann dabei ganz Unterschiedliches sein. Es kann sich um eine berufliche Tätigkeit handeln, ebenso wie faltenfrei zu bügeln, das Fahrrad frühjahrstauglich zu machen, mit der Tochter den Playmobil-Bauernhof aufzubauen oder einen passenden Spruch für die Geburtstagskarte auszusuchen. Und wenn wir als Mitmensch in besonderer Weise gefragt sind, als jemand, der mit Rat und Tat anderen zur Seite steht, geben wir uns oft besonders viel Mühe. Zurecht dürfen wir uns freuen, wenn dann etwas gelingt und vielleicht durch unser Zutun die Welt um uns herum ein klein wenig heller wird. Nicht immer wird das jedoch klappen. Es gibt in unserem Leben unerwartete Krankheiten, Entfremdungen in Familien, Situationen, die wir als „verfahren“ bezeichnen. Es gibt auch Seiten an uns selbst, die uns schwerfallen. Wir leiden unter diesen Dingen. Und vielleicht leiden wir manchmal noch mehr darunter, dass wir es nicht schaffen, alles zu richten oder auch nur einigermaßen auszuhalten, obwohl wir doch unsere Sache immer so gut machen wollen…
Im Evangelium heute (Joh 1,29-34) treffen wir noch einmal Johannes und Jesus bei der Taufe. Der Unterschied der beiden Männer ist diesmal im Blick: Johannes bekennt den „größeren“ Jesus als Lamm Gottes, das gekommen ist, um die Sünde der Welt hinwegzunehmen. In unserem religiösen Sprachgebrauch ist diese Formulierung geläufig. Uns ihrer Bedeutung für das alltägliche Leben anzunähern, ist weniger leicht. Der Dichter Christian Morgenstern hat vor etwa 100 Jahren ein Gedicht verfasst, das genau das versucht. Es spricht in alten Worten aus, wie erlösend es ist, dass ein ANDERER mit uns und für uns alles trägt, was dunkel ist und Heilung braucht.
Der Täufer Siehe! Das ist Gottes Lamm. Dieser wird für unsere Sünde Sterben an des Kreuzes Stamm, dass er allen Völkern künde: Gott nimmt ihr Gebrest* auf sich. Dass fortan die Menschheit wisse: Träger ihrer Finsternisse ist nicht nur ihr kleines Ich. (Christian Morgenstern;* Gebrest bedeutet: Gebrechen, Mangel, Leiden)
Pastoralreferentin Margareta Ohlemüller