Schmuckband Kreuzgang

Annette Hess: Deutsches Haus

Auf-gelesen - Literarische Fundstücke (85)

Hess: Deutsches Haus, Ullstein Verlag (c) Ullstein Verlag
Hess: Deutsches Haus, Ullstein Verlag
Datum:
Mo. 15. Juli 2019
Von:
Marcel Schneider (Red.)

Hess, Annette: Deutsches Haus : Roman / Annette Hess. - [1. Auflage]. - Berlin : Ullstein, [2018]. - 365 Seiten. - ISBN 978-3-550-05024-4

Frankfurt, 1963: Die junge Dolmetscherin Eva Bruhns wird gebeten, die Zeugenaussagen bei einem Prozess zu übersetzen. Als sie ihren Eltern und ihrem Verlobten mitteilt, dass es sich dabei um den ersten Ausschwitz-Prozess in ihrer Stadt handelt, sind die Eltern und ihr Verlobter strikt gegen ihre Mitarbeit. Eva, die mit dem Ort Ausschwitz nichts in Verbindung bringen kann, nimmt die Stelle trotzdem an. Doch dieser Jahrhundertprozess verändert nicht nur Deutschland, sondern auch ihr eigenes Leben unwiderruflich...

Wer eine Lektüre mit Tiefgang sucht, der darf am Buch "Deutsches Haus" von Annette Hess nicht vorübergehen. Das Buch fängt langsam an, der Leser wähnt sich in einer ganz normalen Familiengeschichte. Doch ziemlich schnell wird klar, dass es dies ganz und gar nicht ist, sondern ein hervorragend recherchierter Roman über den ersten Ausschwitz-Prozess und seinen Auswirkungen nicht nur auf die Täter, nein, auch auf die so ahnungslosen Mitbürger dieser schrecklichen Zeit. Durch Zeitzeugenberichte im Prozess werden die Greueltaten schonungslos zur Sprache gebracht. Die Autorin macht deutlich, dass den jungen Menschen in den Nachkriegsjahren die Kenntnisse über die Judenverfolgung und die Massenvernichtungslager fehlten, da weder Eltern noch Lehrer in den Schulen über diese Zeit sprechen wollten. Durch die Prozesse und die Verhaftung der Angeklagten konnte diese Zeit jedoch nicht mehr totgeschwiegen werden.

Annette Hess schafft es durch ihren klaren, nuancierten Schreibstil, den Blick des Lesers für diese Zeit der Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen zu schärfen. Durch ihre historisch fundierten, detailgetreuen Charaktere wird dieser Effekt noch verstärkt. Ich habe dieses Buch mit großem Interesse gelesen, die Seiten flogen nur so dahin. Fazit: Ein hervorragend recherchiertes Portrait deutscher Geschichte.

Brigitta Jahn




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