Schmuckband Kreuzgang

Peter Henisch: Suchbild mit Katze

Auf-gelesen - Literarische Fundstücke (71)

Suchbild mit Katze (c) Deuticke im Zsolnay Verlag (Ersteller: Deuticke im Zsolnay Verlag)
Suchbild mit Katze
Datum:
Mo. 23. Jan. 2017
Von:
Marcel Schneider (Red.)
Henisch, Peter: Suchbild mit Katze : Roman / Peter Henisch. - Wien : Deuticke im Paul Zsolnay Verlag, 2016. - 208 Seiten. - ISBN 978-3-552-06327-3, 22,00 €.

Peter Henisch (geb. 1943 in Wien) hält in seinem neuen Buch eine selbstironische Rückschau in die 40er und 50er Jahre in Wien. Bewusst lässt er offen, ob er seine eigene Kindheit beschreibt - sein Protagonist heißt einmal Peter, manchmal Paul.

„Suchbild mit Katze" stand 2016 auf der Shortlist zum erstmals ausgeschriebenen Österreichischen Buchpreis. Bereits 1975 erschien der autobiografische Roman über seinen Vater „Die kleine Figur meines Vater" und 2007 schrieb er mit „Eine sehr kleine Frau" über seine Großmutter, die ihm die Liebe zur Musik und noch mehr die Literatur näher brachte.

So ist es nicht verwunderlich, dass Peter bereits in den ersten Schuljahren bei dem Aufsatzthema „Was ich einmal werden möchte" den Berufswunsch „Schriftsteller" angibt. Nur „Katze" wäre er noch lieber gewesen. „Aber wenn der Lehrer Gatterer meinen Wunsch, Katze zu werden, nicht gelten lassen will... Dann muss ich halt wirklich die Katze aus dem Sack lassen...Und schreibe somit: Ich möchte Schriftsteller werden. Ich möchte etwas erleben und dann darüber schreiben" (S. 182)

Das Leben des Erzählers Peter (oder Paul) wird von Anfang an von Katzen begleitet. Murli, Mimi, Hoffmann und wie sie alle über die Jahre hinweg heißen, sitzen stets mit ihm am Fenster der Wohnungen, die auch im Laufe seines Lebens wechselten. Alle Fenster hatten eines gemeinsam, den Blick auf die Straßen von Wien. „All die Fenster, aus denen ich schon geschaut habe. Nicht ganz wenige im Lauf eines Lebens. Die meisten in Wien und Umgebung, ein paar auch woanders... Das Fenster, das mir zuallererst einfällt, ist aber das Erkerfenster im dritten Bezirk." (S.10)

Hier erlebte er in der Nachkriegszeit seine erste Liebe zum Nachbarskind Friedi, hier entstanden Straßenfreundschaften mit den nicht immer zu ihm passenden Jungs.
„Die Gassenbuben sprechen nicht nach der Schrift und werfen mit Steinen." (S. 23) Er durchstreifte die Viertel der in vier Besatzungszonen geteilten Stadt.

Es ist ein Buch der Erinnerungen, das jeden Leser (vor allen die, die in dieser Zeit groß geworden sind) berührt. Der Vater von Peter Henisch war Fotograf; er hielt die Erinnerungen in Bildern fest und sein Sohn schreibt Episoden auf, die gegen das Vergessen helfen.
Wir erfahren neben seinem persönlichen Werdegang und dem seiner Familie viel aus dem Alltag, gehen mit ihm zur Konditorei, in die Kinos, spielen mit Anker-Bausteinen, atmen Kraut- und Kohlgerüche ein, erleben den Einzug des Telefons in die Wohnung der Eltern und werden so ganz nebenbei auch über die schwierige politische Situation der Nachkriegszeit informiert.

Aber alles geschieht nicht penibel chronologisch aufgebaut, sondern es reihen sich Anekdoten und Geschehnisse, fast wie im Plauderton, zufällig aneinander. Die Zeiten „springen" zwischen vorgestern, gestern und heute. Jedoch weiß der Leser immer genau, wo und in welcher Zeit er sich befindet. Und was autobiografisch ist, bleibt offen.

Peter Henisch schreibt in einer fließenden, facettenreichen Sprache, aus unterschiedlichen Perspektiven, aus der Sicht des Kindes, des Erwachsenen, als Interviewter im Gespräch mit einer Journalistin.

Ein Genuss für jeden Leser, der gerne in nostalgischen Erinnerungen „verweilen" möchte.


Ursula Bittel