Schmuckband Rad
Stadtrundgang (c) pixabay.com

Mitten im Leben: Die Lebenswirklichkeit Junger Erwachsener

Stadtrundgang
Datum:
Mo. 3. Feb. 2020
Von:
Aaron Torner

Ein soziologischer Blick

Definitionen in der Soziologie von Jugend und jungem Erwachsenenalter

Definition „Jugend"

  • vom Eintritt in die Sekundarstufe (ca. 10-11 Jahre) bis zum Verlassen der allgemeinbildenden Schule (je nach Schulform 15-20 Jahre)

Definition „Junge Erwachsene"

  • Verortung zwischen Ende der allgemeinbildenden Schule und dem Beginn einer dauerhaften Erwerbstätigkeit, Auszug aus dem Elternhaus und eigener Familiengründung

  • je nach Bildungslaufbahn und persönlicher Biografie (ca. 18-35 Jahre)

  • Phase der „Verselbstständigung"

 

Jung Erwachsen-Sein als eigenständige Entwicklungsphase

„Die Alltagssprache suggeriert, dass die Jugendzeit naht­los in die Zeit des Erwachsenseins übergeht: Für eine Phase dazwischen existiert im Deutschen kein gängiger Begriff. Doch er hätte durchaus Sinn. Denn die Trends der letzten Jahre und Jahrzehnte zeigen, dass es eine sol­che Phase gibt, [...] die durch unabgeschlossene Übergänge gekennzeichnet [ist]."

Deutscher Bundestag: 14. Kinder und Jugendbericht. Bundestags-Drucksache 17/12200, Berlin 2013.

Übergänge des jungen Erwachsenenalters

  • Übergang von Schule in Beruf

  • Übergang von Herkunftsfamilie zu eigener Familiengründung

  • Übergang von einer noch nicht festgelegten Identität des Jugendalters hin zu einer entwickelten, lebensgestaltenden Identität

Gestaltung der Übergänge

  • Prozess der Verselbstständigung kann in vielfältiger Weise gestaltet werden

  • unterschiedliche Fähigkeiten, Interessen, Biografien und Lebenswelten erfordern individuelle Gestaltung

  • es gibt nicht DEN typischen Jungen Erwachsenen!

 

Rahmenbedingungen dieser Lebensphase

a) Ökonomische Rahmenbedingungen

  • relativ hohes Armutsrisiko von jungen Erwachsenen

  • starker Anstieg der Schuldnerquote im Bereich der 20-29jährigen

b) Spannungsverhältnis zwischen Beschleunigung und Verzögerung

  • Beschleunigungen ergeben sich durch verkürzte Schulzeiten, Reform der Studiengänge und Wegfall des Wehr- und Zivildienstes

  • Subjektiv empfundener Druck zu kurzen, stromlinienförmigen Bildungswegen

  • Verzögerung markanter Schritte des Verselbstständigung-Prozesses

  • Auszug Elternhaus, Gründung eigener Haushalt und erstes eigenes Kind zunehmend später

c) Medien als ständiger Begleiter

d) Pluralisierung und Destandardisierung von Lebenskonstellationen, Vielfalt von Lebensentwürfen und Wahlmöglichkeiten

  • Wachsende individuelle Gestaltungsmöglichkeit aber auch Gestaltungsverantwortung für die eigene Biografie und den eigenen Lebensentwurf

  • „Unternehmerisches Selbst" (Ulrich Bröckling)

 

 Junge Erwachsene in der „Krise"

  • krisis" (gr.) = „Urteil/Entscheidung"

  • Grundlegende, auch existentielle Entscheidung werden im Jungen-Erwachsenen-Alter getroffen: für viele „DIE zentrale Lebenskrise"

 

> Wahlmöglichkeit bedeutet auch Wahlzwang

„Junge Erwachsene [werden] zur Eigenverantwortung herausgefordert, und nicht selten müssen sie auf sich gestellt Entscheidungen treffen, deren Folgen kaum absehbar sind, deren Konsequenzen sie aber persönlich tragen müssen."

Faix, Hofmann, Künkler: Warum ich nicht mehr glaube, Paderborn 2014, S.35

> Unsicherheit: Schmied des eigenen Glückes oder Versager?

„Viele junge Erwachsene haben das Gefühl, in unübersichtlichen Zeiten aufzuwachsen: Einerseits haben sie in vielen Lebensbereichen so viele Möglichkeiten, wie keine Generation vor ihnen, andererseits bewirkt gerade das eine große Unsicherheit, denn die Vielzahl der Optionen und Lebensentwürfe führt auch zu einer Orientierungslosigkeit oder zumindest einer Unklarheit, welcher Lebensentwurf der richtige ist."

Faix, Hofmann, Künkler: Warum ich nicht mehr glaube, Paderborn 2014, S.33

Fazit

Junge Erwachsene sind in der „Rushhour des Lebens", die berufliche, familiäre wie persönliche Übergänge innerhalb einer relativ kurzen meistern müssen. Gemeinsam ist den Jungen Erwachsenen die Offenheit ihrer Lebenssituation und die Suche nach Entscheidungshilfen und –kriterien mit denen sie ihre Übergänge gestalten können.

 

Literatur:
Deutscher Bundestag: 14. Kinder und Jugendbericht. Bundestags-Drucksache 17/12200, Berlin 2013.
Faix, Tobias; Hofmann, Martin; Künkler, Tobias: Warum ich nicht mehr glaube, Paderborn 2014.
Gaupp, Nora: Erwachsen werden – Übergänge und biografische Herausforderungen junger Erwachsener, in: EJA München (Hg.): Materialien. Impulse für die kirchliche Jugendarbeit 150 (2015), 4-17.
Krämer, Theresa: Was  habe ich mit dir zu tun, Jesus von Nazareth?", in: EJA München (Hg.): Materialien. Impulse für die kirchliche Jugendarbeit 150 (2015), 18-39.