Schmuckband Kreuzgang

Jesu gütig

 Ein Musikereignis, das lange nachklingen wird

Freude über das gelungene Konzert (c) Gerhard Kollmer
Datum:
Mo. 4. Apr. 2022
Von:
Gerhard Kollmer

„Sei gegrüßet, Jesu gütig“ - unter diesem Titel eines alten Kirchenliedes fand am vergangenen Sonntagnachmittag in der Bonifatiuskirche das wieder gut besuchte vierte Kirchenkonzert statt. Regionalkantorin Eva-Maria Anton hatte ein Programm mit geistlichen Werken für Sopran und Orgel von neun Komponisten aus drei Jahrhunderten zusammengestellt - beginnend von Johann Sebastian Bach bis hin zum bekannten und beliebten englischen Tonsetzer John Rutter.

Volltönender und tragender Sopran

Esther Hocks glockenheller, volltönender, modulationsfähiger Sopran erfüllte das weite Kirchenschiff scheinbar mühelos mit Wohlklang. Das sollte auch in den folgenden 75 Minuten so bleiben. Das punktgenaue Zusammenwirken mit Organistin Eva-Maria Anton trug erheblich zum hohen Niveau der Darbietung bei.
Das Georges Bizet zugeschriebene, von seinem Freund Ernest Guirard aus dem Intermezzo der 2. "Arlésienne"- Suite kompilierte "Agnus Dei" und Rossinis "Agnus Dei" aus seiner 1864 uraufgeführten "Petite Messe solenelle" luden zum Vergleich ein. Beiden Werken eignet etwas Opernhaftes - was Rossini durchaus bewußt war, wenn er in einem Brief schreibt: "Ich bin für die opera buffa geboren. Du weißt es wohl. Ein bißchen Können, ein bißchen Herz, das ist alles."
Das ebenfalls erklingende "crucifixus" aus dem dritten Teil von Rossinis Messe zeigte jedoch - zumindest in Esther Hocks kongenialer Interpretation -, daß der 72jährige Tonsetzer hier mit ein wenig falscher Bescheidenheit aufwartet.

Johann Sebastian Bach auf höchstem Niveau musiziert

Was dann folgte - Johann Sebastian Bachs um 1705 gesetzte Choralpartita "Sei gegrüßet, Jesu gütig" in g-moll für Orgel solo, BWV 768 - war das glänzende "Zentralgestirn" des nachmittäglichen Konzerts im lichtdurchfluteten Kirchenschiff von St. Bonifatius.
Eva-Maria Anton präsentierte die elf Choralvariationen auf höchstem Niveau - technisch brillant und von tiefer Empathie getragen. So wurde diese   vergeistigte Musik des etwa 20jährigen Bach zu einem gut viertelstündigen Glücksmoment. Wer sich diesen von tiefer Glaubenszuversicht getragenen Klängen überläßt, wird mit sanfter Gewalt herausgezogen aus den Banalitäten des Alltags, fühlt die Kraft, ein wenig vom sinnlosen Ballast abzuwerfen, den er/sie mit sich herumschleppt. In der letzten Choralvariation meldet sich Bach kraftvoll, fast majestätisch zurück. Großartig!

Mit lang anhaltendem Applaus gefeiert

Das nach eigener Aussage von fröhlichen lateinamerikanischen Marienfesten inspirierte siebenteilige "Magnificat" von John Rutter aus dem Jahr 1990, von dem "Et misericordia" und das suggestive "Esurientes" erklangen, gab Esther Hock noch einmal Gelegenheit, ihre selbst feinsten Nuancen der jeweiligen Vorlage gerecht werdende Stimme erklingen zu lassen.
Mit dem Vortrag des 1861 geschriebenen "Abide with me" (Bleib' bei mir) von Henry Monk klang ein mit langanhaltendem Applaus gefeiertes Konzert der Extraklasse aus.