Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus, / da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zuhaus; / wie die Wolken dort wandern am himmlischen Zelt, / so steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt.
Dieses Lied kennen die meisten Menschen. Ja, wenn „der Mai gekommen ist“, wenn das frische Grün die Bäume umkleidet, die Wiesen bereits bunt blühen etc. – da zieht es uns alle hinaus ins Freie. Und ich denke, in diesen Tagen, nach den langen Corona-Wochen noch mehr als sonst. Aber – statt eine Einladung dazu liest man in vielen Zeitungen heute immer wieder, wie, aus gegebenen Gründen, Veranstaltungen „abgesagt“ sind und werden, und tlw. schon weit über den Mai hinaus in den Sommer und Herbst hinein. Viele der schönen und begehrten „Festchen“, Wanderungen, gesellschaftliche „Events“ können nicht stattfinden. So wirkt Corona, bis in unsere Hoffnungen und Sehnsüchte hinein.
Für uns Katholiken ist der Wonnemonat Mai aber mit einem weiteren Moment fest verbunden, mit der besonderen Verehrung der Gottesmutter Maria: Wir denken dabei an die vertraute Weise von „Maria Maienkönigin“, die Eröffnung und Feier der Maiandachten, bei gutem Wetter in unserem Pfarrgarten, an Mai-Altärchen und besonderen Schmuck der Muttergottes in unseren Kirchen. Auch hier das meiste davon – heuer abgesagt.
Aber das passt so gar nicht recht zu Maria. Nein, sie erteilt dem Engel keine Absage, sondern seiner Ansage gibt sie eine klare Antwort, ihr „Fiat“, Ja, mir geschehe nach deinem Wort. Und so wird die Weltgeschichte in Heilsgeschichte verwandelt. Kein Wunder, dass wir in ihr das „edelste Gewächs in Gottes Garten“, das „erste seiner Geschöpfe“ erkennen und verehren. Wie aber kann uns Maria im Muttergottesmonat in Corona-Zeiten eine Botin sein?
Ich denke, gerade heuer und heute kann und will sie uns eine Brücke schlagen: Corona – das bedeutet zuerst Einschränkung, Absage, etc. – davon können wir ein Lied singen; wie „auf einmal alles anders“ war. Dieselbe Wirklichkeit stelle ich bei Maria fest: Auch in ihrer Lebensplanung war und wurde durch die Botschaft des Engels mit einem Schlag alles anders; und Maria gab ihr Jawort, erkannte eben darin den Plan, den Anspruch, den Heilsplan Gottes, auch wenn er zunächst all ihre Pläne total durchkreuzte. So macht sie sich auf den Weg, nicht zu einer Maiwanderung, sondern auf zu ihrer Verwandten Elisabeth, von der ihr der Engel berichtet hatte, dass Gott auch da am Werk war, „obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat; denn für Gott ist kein Ding unmöglich!“.
Halt – da sind wir bei einem Moment, das Maria und Elisabeth verbindet, nicht nur menschliche Verwandtschaft und „gute Hoffnung“ in der Erwartung eines Kindes, wo der Himmel seine Hand im Spiel hat – vielmehr und zuerst die geistige und geistliche Verbindung und Verbundenheit im Glauben an die Allmacht der Größe Gottes, bei dem eben „kein Ding unmöglich“ ist und der uns, wenn wir so Maria und Elisabeth folgen, „guter Hoffnung“ sein lässt, auch in der Einschränkung von Corona-Zeiten. Ja, es ist immer wieder für mich die Frage, was Gott uns damit sagen will, aber ebenso die Glaubens-Frage, was wir Gott eigentlich zutrauen, - oder ob wir ängstlich bei und in uns bleiben. Maria und Elisabeth, sie glauben und trauen Gott mehr (zu) als manchem menschlichen Denken und Erfassen; und sie werden beide nicht enttäuscht!
Wenn wir in diesen Tagen sehnsüchtig in die Natur blicken, so will sie uns eine Einladung sein, an den lebendigen Gott zu glauben und mit neuer Zuversicht uns Ihm anzuvertrauen.
Der Weg der Gottesmutter Maria, er endete nicht im Bergland von Judäa, wo ihr von Elisabeth nach ihrer Wanderung, ihrem Weg, bescheinigt wird: “Selig ist, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ!“ Sie wird heimkehren, dann den Weg nach Bethlehem, die Flucht nach Ägypten, nach Jerusalem, heim nach Nazareth, nach Kana und schließlich nach Jerusalem erneut einschlagen müssen, um seine Erfüllung zu finden unter dem Kreuz ihres Sohnes. Das sieht ja auch nach „Absage“ aus. Aber die „Ansage“ des neuen Lebens der Auferstehung, Seines Ostersieges, wird gerade in Seiner Sterbestunde am Kreuz geboren.
Absagen muss ich persönlich (leider und schweren Herzens, zumindest vorläufig) meinen für Juni geplanten Camino, den Jakobsweg (aber: „aufgeschoben ist nicht aufgehoben!“). Dort gibt es viele der für Spanien typischen Wegkreuze: Auf der einen Seite Jesus am Kreuz; auf der anderen die Gottesmutter, oft als Pieta, wie sie den toten Sohn wie ein neugeborenes Kind in ihren Armen hält. Eine Möglichkeit, in mancher Absage eine Ansage zu erkennen, und eine Einladung für den zuversichtlichen und hoffnungsfrohen Kreuz-Weg der Nachfolge Christi, im Glauben.
Und hier kann, trotz und in Corona-Zeiten, ja durchaus wieder die Chance sein, die Tradition eines häuslichen Maialtärchens neu zu entdecken und zu beleben: ein Bild, einer Statue der Gottesmutter aufzustellen und mit Kerzen und Blumen zu schmücken. Und auch, sich zu einem häuslichen Gebet täglich dort einzufinden als einzelne oder / und im Kreis der Familie, zu einem Gebet, Marienlied. Und auch, wieder das Rosenkranzgebet zu entdecken und zu pflegen, zu dem der Heilige Vater Papst Franziskus uns mit einer Botschaft im Mai besonders einlädt: „…schon nähert sich der Monat Mai, in dem das Volk Gottes ganz besonders seine Liebe und Verehrung für die Jungfrau Maria zum Ausdruck bringt. In diesem Monat ist es Brauch, den Rosenkranz zu Hause in der Familie zu beten. Die Einschränkungen der Pandemie haben uns „gezwungen“, den häuslichen Aspekt zur Geltung zu bringen, auch unter geistlichem Gesichtspunkt.
Deswegen möchte ich alle einladen, wieder neu zu entdecken, wie schön es ist, im Monat Mai zu Hause den Rosenkranz zu beten.“
Und er fügt aus aktuellem Anlass folgendes Gebet an: Statt Absage also Ansage:
GEBET VON PAPST FRANZISKUS AN MARIA ZUM MONAT MAI 2020
»Unter deinen Schutz und Schirm fliehen wir, o heilige Gottesmutter.«
In dieser dramatischen Situation voll von Leiden und Ängsten, welche die ganze Welt bedrücken, wenden wir uns an dich, o Mutter Gottes und unsere Mutter, und suchen Zuflucht unter deinem Schutz und Schirm.
O Jungfrau Maria, in dieser Pandemie des Coronavirus wende deine barmherzigen Augen uns zu und tröste alle, die um ihre verstorbenen Angehörigen trauern und weinen, die zuweilen in einer die Seele verletzenden Weise beerdigt wurden. Stütze alle, die sich um die Kranken ängstigen, denen sie wegen der Ansteckungsgefahr nicht nahe sein können. Schenke Zuversicht denen, die wegen der ungewissen Zukunft und der Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeit in Sorge sind.
Mutter Gottes und unsere Mutter, erflehe für uns bei Gott, dem barmherzigen Vater, dass diese harte Prüfung ein Ende habe und am Horizont wieder Hoffnung und Friede erscheine. Wie zu Kana trete bei deinem göttlichen Sohn für uns ein, dass die Familien der Kranken und der Verstorbenen getröstet werden und sie im Herzen wieder Vertrauen fassen können.
Beschütze die Ärzte, die Krankenschwestern und –pfleger, die im Gesundheitswesen Tätigen und die Freiwilligen, die in dieser Notsituation an vorderster Front kämpfen und ihr Leben riskieren, um das anderer zu retten. Begleite ihr heroisches Bemühen und gib ihnen Kraft, Güte und Gesundheit.
Sei du bei denen, die Tag und Nacht die Kranken pflegen, und hilf den Priestern, die mit seelsorgerischem Eifer und einem dem Evangelium entsprechenden Einsatz versuchen, allen zu helfen und eine Stütze zu sein.
Heilige Jungfrau Maria, erleuchte den Verstand der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, auf dass sie geeignete Lösungen zur Bekämpfung des Virus finden.
Stehe den Verantwortlichen der Nationen bei, dass sie Weisheit, Fürsorge und Großmut walten lassen und mit Weitblick und im Geist der Solidarität durch soziale und wirtschaftliche Programme all denen zur Hilfe kommen, denen das Nötige zum Leben fehlt.
Heilige Maria, rühre die Gewissen an, damit die Unsummen für die Vermehrung immer ausgeklügelterer Waffensysteme vielmehr einer angemessenen Forschung zur künftigen Vermeidung ähnlicher Katastrophen zugutekommen.
O geliebte Mutter, lass in der Welt das Zugehörigkeitsgefühl zu der einen großen Familie wachsen im Bewusstsein des Bandes, das uns alle eint, damit wir in geschwisterlichem und solidarischem Geiste der vielfachen Armut und den Situationen des Elends Abhilfe leisten. Stärke uns, damit wir feststehen im Glauben, Ausdauer haben im Dienen und beharrlich sind im Beten.
O Maria, Trösterin der Betrübten, nimm deine geplagten Kinder in den Arm und erwirke bei Gott, dass er in seiner Allmacht eingreife, um uns von dieser schrecklichen Epidemie zu befreien, damit das Leben unbeschwert wieder seinen normalen Gang aufnehmen kann.
Dir vertrauen wir uns an, die du auf unserem Weg als Zeichen des Heils und der Hoffnung erstrahlst. O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria. Amen.