Schmuckband Kreuzgang

„Alles meinem Gott zu Ehren“ - das Morgenlied, das ein Refrain ist

Neue Serie: Lieder aus dem Gotteslob

(c) R. Granacher
Datum:
Do. 22. Okt. 2020
Von:
René Granacher

Gemeindegesang während der Gottesdienste ist derzeit nicht möglich – die Gläubigen in der Kirche sind schon froh, wenn sie einige der vertrauen Lieder einmal hören, von der Orgel gespielt oder vom Pfarrer oder einem anderen Solisten gesungen. In dieser Serie wollen wir einige beliebte Lieder aus dem Gotteslob näher vorstellen: ihre Geschichte, Hintergründe und Besonderheiten. Heute die Nummer 455, „Alles meinem Gott zu Ehren“.

Der Text des Liedes hat die Form eines Gelöbnisses, das gehalten werden will – bekräftigt durch die zweimalige Bitte „Gib, o Jesu, Gnad dazu“. Der Titel und Eingangssatz lässt an das Motto der Jesuiten denken, „Alles zur größeren Ehre Gottes“. Tatsächlich liegt dort der Ursprung des Liedes: Die Eingangsstrophe wurde zuerst im Eichsfelder Gesangbuch von 1724 gedruckt, das von dem großen Jesuitenkolleg von Heiligenstadt geprägt war. Es wurde damals als Morgenlied betrachtet – der Tag sollte (nach dem Erziehungsprogramm der Jesuiten) mit dem Vorsatz begonnen werden, in allem das Gute zu entdecken.

Jesuitenkolleg und Altstädter Kirche in Heiligenstadt (Thüringen) (c) Wikimedia Commons

Zunächst war die uns bekannte Strophe noch gar kein eigenständiges Lied, sondern nur der Refrain eines anderen Stücks mit dem Titel „Auf, mein Seel“. Erst danach machte sich der einprägsame Text selbständig und wurde in den nächsten 200 Jahren mehrmals um neue Strophen ergänzt. Bis 1975 war es in einer Form verbreitet, die nach der Eingangsstrophe noch vier Teile zu Maria, Joseph, dem Schutzengel und den Heiligen umfasste. Da die Ergänzungen jedoch gegenüber dem Beginn theologisch und poetisch abfielen, griff man für das Gotteslob stattdessen auf neue Strophen 2 bis 4 zurück, die Georg Thurmair 1963 gedichtet hatte und die dem Geist des Beginns besser treu bleiben.

 

Die Herkunft der Melodie ist unklar, der Hinweis auf „Bamberg 1732“ im Gotteslob bezieht sich auf eine nur entfernt verwandte Vertonung des Lieds „Große Sorgen, große Schmerzen“. Jedenfalls stammt die uns so gut bekannte Melodie ursprünglich von einem anderen Lied, wurde dann verändert und für „Alles meinem Gott zu Ehren“ angepasst. Seit 1916 ist sie dem Lied fest zugeordnet.

 

Im aktuellen Gotteslob ist das Lied nicht mehr den Morgengesängen zugeordnet, da es dort schon genug andere Titel gab. Stattdessen steht es in der Rubrik „Sendung und Nachfolge“.

 

 

Quellen für diese Serie (c) R. Granacher
Quellen für diese Serie

Alles meinem Gott zu Ehren, in der Arbeit, in der Ruh'!
Gottes Lob und Ehr' zu mehren, ich verlang' und alles tu'.
Meinem Gott allein will geben Leib und Seel', mein ganzes Leben;
gib, o Jesu, Gnad' dazu, gib, o Jesu, Gnad' dazu.