Liebe Leserin, lieber Leser,
das heutige Gleichnis Jesu beginnt wieder mit den Worten: „Im Himmelreich wird es sein…“. Das heißt, dass uns Jesus etwas über die Wirklichkeit Gottes erzählt. Was erfahren wir über Gott? Wir meinen, schon eine Ahnung von Gott zu haben, doch diese Seite Gottes, die uns heute beschrieben wird, scheint dazu nicht zu passen… .
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Mit dem Schluss des Gleichnisses bin ich zunächst nicht einverstanden. Wünschte ich mir doch, dass der Bräutigam die Türe öffnet und alle mitfeiern dürfen. Es würde mein Bild vom gütigen Gott bestätigen, der wie beim Gleichnis vom barmherzigen Vater den verlorenen Sohn aufnimmt oder der das Wort des Propheten Hoseas aufgreift: „Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer!“, wenn er uns den Rat gibt: „Bittet, dann wird euch gegeben!“ und „Klopft an, dann wird euch geöffnet!“.
In meinem „Wohlfühlgleichnis“ hätte Jesus die klugen Jungfrauen auch gefragt, warum sie denn das Öl nicht geteilt hätten und sie darauf hingewiesen, wie wichtig das Teilen und Geben sei. So kenne ich Jesus, der uns zu Solidarität und Hilfsbereitschaft auffordert: „Wer von dir borgen will, den weise nicht ab!“ und „Was ihr dem Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan“.
Doch das echte Gleichnis geht anders aus. Hier werden diejenigen belohnt, die nicht geteilt haben und die anderen werden ausgeschlossen und haben keine Chance mehr. Das Ende ist nicht bequem und eine wahre Herausforderung.
Was erfahren wir über Gott? Gott ist nicht nur der liebende und barmherzige, der verzeihende und der, der ein Auge zudrückt, sondern auch der Fordernde und Aufrüttelnde. Gott meint es ernst. Gott will gehört werden. Gott wird uns fragen, was wir aus unseren Möglichkeiten gemacht haben. Das bedeutet doch, dass wir wach bleiben sollen für das, was Gott von uns erwartet. So nehmen wir Gott ebenfalls ernst und können gleichzeitig auf Gott vertrauen. Diejenigen, die den Willen des Bräutigams erfüllt haben, konnten mitfeiern.
Und wir erfahren noch mehr: Wir haben für uns selbst eine Verantwortung, die wir nicht teilen sollen. Wir allein tragen Verantwortung für unser Leben. Für unseren „Ölvorrat“, nämlich die Grundausrichtung in unserem Leben, für unsere Entscheidungen und Ziele sind wir selbst verantwortlich. Wenn wir regelmäßig unseren „Ölstand überprüfen“, kann das Licht unseres Glaubens leuchten. Das kann uns niemand abnehmen. Gott traut und mutet uns dies zu.
So kann ich dem echten Schluss des Gleichnisses doch noch etwas abgewinnen: Wir dürfen auf den liebenden, gütigen Gott vertrauen und müssen dabei wach bleiben für das, was Gott von uns will und wir sollen miteinander teilen und barmherzig sein, wie Gott es auch ist, aber die Verantwortung für unser Leben, die können wir nicht teilen. Beten wir darum, dass wir erkennen, was Gott von uns erwartet!
Eine gesegnete neue Woche wünscht
Gabriele Maurer, Pastorale Mitarbeiterin