Liebe Leserin, lieber Leser,
heute lesen wir von einer besonderen emotionalen Begegnung einer älteren mit einer jungen Frau.
In jenen Tagen machte sich Maria auf den Weg
und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa.
Sie ging in das Haus des Zacharías und begrüßte Elisabet.
Und es geschah:
Als Elisabet den Gruß Marias hörte,
hüpfte das Kind in ihrem Leib.
Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt
und rief mit lauter Stimme:
Gesegnet bist du unter den Frauen
und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.
Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?
Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte,
hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib.
Und selig,
die geglaubt hat, dass sich erfüllt,
was der Herr ihr sagen ließ.
Wie mag sich die junge, unverheiratete Maria gefühlt haben, nachdem sie dem Engel die Zusage gegeben hatte, Mutter von Gottes Sohn zu werden? Wie jede schwangere Frau wird sie sich Gedanken über die Zukunft gemacht haben und in ihrer Situation werden diese Gedanken bestimmt sorgenvoll gewesen sein, war sie doch damals vielen gesellschaftlichen Gefahren ausgesetzt.
Der Engel hatte ihr verraten, dass ihre Verwandte Elisabet, die schon alt war und kinderlos geblieben war, nun ebenfalls schwanger sei und zwar bereits im sechsten Monat. Die beiden Frauen verbindet nicht nur ihr Verwandtschaftsverhältnis. Ihren beiden ungeborenen Kindern wurde von Gottes Boten vorausgesagt, dass sie eine besondere Aufgabe haben würden.
Vermutlich hofft Maria auf Unterstützung durch ihre Elisabet und möglicherweise hat sie auch die Absicht, ihrer Verwandten beizustehen. So macht sie sich auf den Weg nach Judäa zum Haus von Zacharias und Elisabet.
Hätten wir heute die erste Begegnung der beiden Frauen beschreiben sollen, dann wäre sie sicher anders erzählt worden: Die Begrüßung wäre überrascht und herzlich ausgefallen, es gab ja noch keine Kommunikationsmittel, die Marias Ankunft hätte ankündigen können. Aber nachdem Elisabeth von der Schwangerschaft der unverheirateten, minderjährigen Maria erfahren hätte, hätte sich diese sicher nicht nur gefreut, sondern sich auch Gedanken gemacht, wie denn alles werden würde… .
Lukas beschreibt die Begegnung ganz anders. Er beschreibt die Freude der Begegnung von zwei starken Frauen, die beide ein tiefes Gottvertrauen haben und dadurch tiefer sehen können.
Lukas erzählt, dass der ungeborene Johannes im Leib seiner Mutter Elisabeth bei der Begrüßung durch Maria hüpft. Elisabet deutet die Kindsbewegung als Zeichen der großen Freude über die Ankunft Mariens.
Erfüllt vom Geist Gottes kann Elisabet ausrufen: „Gesegnet bist du unter den Frauen
und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?“ (Elisabet konnte noch nichts von Marias Schwangerschaft gewusst haben, stand sie doch noch ganz am Anfang.)
Begeistert, leidenschaftlich und stolz kann Maria mit Worten aus verschiedenster Bücher des AT, die ihr bekannt waren – dem heutigen Magnifikat - antworten:
Meine Seele preist die Größe des Herrn,
und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.
Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.
Denn der Mächtige hat Großes an mir getan, und sein Name ist heilig.
Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten.
Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind.
Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.
Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.
Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen,
das er unsern Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.
Uns kann die Begegnung der beiden Frauen Mut machen. Beide hatten Grund sorgenvoll in die Zukunft zu schauen, so wie viele von uns heute auch. Möge ihr Gottvertrauen und ihre Freude uns ein Beispiel sein und uns anstecken, feiern wir doch in den nächsten Tagen die Ankunft von Gottes Sohn in diese Welt!
Gabriele Maurer, Pastorale Mitarbeiterin