Schmuckband Kreuzgang

Gedanken und Anregungen - Eine kleine persönliche Meditation

Datum:
So. 7. Mai 2023
Von:
Hans-Gerd Sextro

Mai 2023

Zweifel und Glaube sind zwei grundlegende Wirklichkeiten, die unser Sein durchdringen. Aus diesem Grund braucht niemand ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn er Phasen durchlebt, in denen er an Gott oder bestimmten Glaubensinhalten oder an der Kirche zweifelt, ja oft sogar verzweifelt. Er ist deswegen kein schlechter Christ!

Die Frage ist vielmehr, wie gehe ich mit diesen Zweifeln um? Es sind vor allem die Zeiten in denen uns Gott oft ganz weit weg erscheint und wo es uns dann schwer fällt, zu glauben.

Es geht nicht nur um die Not des Zweifelnden, sondern auch um die Chancen des Zweifelns.

Unsere Zweifel entstehen oft auf Grund so vieler Schwierigkeiten in und an unserer Kirche. Doch bevor ich weiter auf das Thema eingehe stelle ich uns allen eine Frage:

»Gibt es die, von menschlichen Fehler freie, vollkommene Kirche, Gemeinschaft?«

Die Antwort versuche ich durch eine kleine Geschichte zugeben:

»Zu einem weisen Einsiedler kam eines Tages ein junger Mensch und sagte: er sei von

der Kirche enttäuscht und suche nun die vollkommene Gemeinschaft der Gläubigen«.

Da führte ihn der Einsiedler zum Mauerwerk seiner alten, kleinen Kapelle und fragte ihn: „Sag mir, was du siehst.“ „Ich sehe altes Gemäuer, das mit viel Moos, Unkraut und Pflanzen überwachsen ist“, entgegnete der Besucher. Der Einsiedler sagte: „Ja, du siehst richtig, und dort wohnt Gott!

In diesem alten mit Moos überwachsenen Gemäuer. So ist es auch mit der Kirche. Sie kann nicht immer perfekt sein, weil sie aus Menschen besteht. Der Glaube ist wichtig! Auch du bist ein Mensch und ich sage dir: Selbst wenn du die vollkommene Kirche, Glaubensgemeinschaft findest, wird sie es in dem Augenblick nicht mehr sein, indem du ihr beitrittst.“ Autor unbekannt

Die Frage ist: »Kann aus Zweifel Glaube werden?« 

Zuvor müssen wir klären: Dürfen wir als Kinder Gottes überhaupt  an Gott und seiner

Kirche zweifeln? Ich sage: „Ja!“ Aber wie gehen wir mit Zweifel um, was bringt er uns?

Auf Grund des z.Zt. sich oft zeigenden Erscheinungsbildes unserer Kirche, sagen viele:

„Ihr zweifelt, verzweifelt doch auch oft selbst an der Kirche und vielleicht auch oft an eurem Glauben. Ihr wollt uns aber erklären, dass diese das »Wahre« ist“?

Damit wird von vielen u. a. ihr Kirchenaustritt begründet.

Denn es ist heute scheinbar modern alles, was »Kirchens, den Glauben« angeht, zu bezweifeln, anzuzweifeln und in Abrede zu stellen,   statt zu glauben.

Aber, das wir Gott glauben und vertrauen können, das verdanken wir der Zusage Jesu

der uns gesagt hat: „Ich habe für dich gebetet das dein Glaube nicht aufhöre.   Lukas 22,32

 

Fazit: »Der Gläubige, der nie gezweifelt hat, wird schwerlich einen Zweifler überzeugen«

Vom Theologen Dietrich Bonhoeffer stammt die Gedichtzeile:

„Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag“.

Das daraus entstandene Lied gehört zum Grundbestand der Glaubenszuversicht.

Ein Trostlied für Bedrängte und Zweifler.

Sein Autor gehört zu den großen Glaubensgestalten des 20. Jahrhunderts.

Aber auch Dietrich Bonhoeffer war nicht frei von Zweifeln und Anfechtungen.

Im Mai 1943 schrieb er aus dem Gefängnis an seine Eltern: „Allerdings ist mir nie so deutlich geworden wie jetzt hier, was die Bibel und Luther unter Anfechtung verstehen“.

 

Er schreibt weiter: „Immer wieder kommen Zeiten, in denen wir hadern ob das, was wir glauben wirklich richtig ist. In mir

drängen sich Fragen auf wie: »Gibt es wirklich einen Gott?«

Warum hilft er mir nicht jetzt in meiner größten Krise;

da ich doch gerade durch den schwersten Sturm meines Lebens gehe und mich fürchte?

Warum greift er nicht ein angesichts von Krieg, Leid und Katastrophen in der Welt?

Warum kann ich gerade nicht darauf vertrauen, dass der Glaube mich immer trägt?“

 

Wer in schwere Zweifel gerät, der wird von den Wogen der Gefühle hin- und her bewegt,

der beginnt zu zweifeln, ver-zweifeln. Ihm fehlt dann oft die Kraft, neuen Mut zu fassen.

Der Glaube ist zwar noch da, doch er liegt in der Dunkelheit, ist gerade nicht so richtig erkennbar, nicht greifbar. In der Dunkelheit wird, kann, der Glaube zum Zweifel und der Zweifel zu Glauben werden.

Es ist nichts so dumm, dass es nicht geglaubt würde. Sagt ein altes Sprichwort.

Man kann jedoch mit gleichem Recht behaupten:

„Es ist nichts so einleuchtend, dass es nicht seine Zweifler fände.“

Glaube und Zweifel gehören zusammen; denn Glaube ist ohne Zweifel nicht möglich.

 

Schon Tolstoi schreibt über den Zweifel:

„Wenn dir der Gedanke kommt, dass alles, was du über Gott gedacht hast, verkehrt ist und dass es keinen Gott gibt, so gerate darüber nicht in Bestürzung. Es geht vielen so! Glaube aber nicht, dass dein Unglaube daher rührt, dass es keinen Gott gibt. Sondern wenn du nicht mehr an den Gott glaubst, an den du früher glaubtest, so rührt das daher, dass in deinem Glauben etwas verkehrt war, und du musst dich bemühen,

besser zu begreifen und erkennen, was du Gott nennst.“

 

Was sagt die Bibel zum Thema »Zweifeln?« 

Ein ungläubiger Zeitgenosse von Jesus war in einer solchen Situation und er tat das einzig Richtige. Er bat Jesus: „Ich glaube! Hilf mir heraus aus meinem Unglauben!" (Markus 9,24)

Dahinter steht die Erkenntnis, dass ich als Mensch nicht aus mir selbst heraus leben kann – auch in meinem Glauben nicht.

Ich brauche dafür Gottes Hilfe und ich darf sie in Anspruch nehmen.

Damit bleibt der Konflikt zwischen Glaube und Zweifel zwar ein Bestandteil des Lebens, wird aber nicht zu einer negativen Kraft, die alles andere überlagert.

 

Es gibt in der Bibel fast keine Person deren Beziehung zu Gott uns näher beschrieben wird und die Gott mächtig erlebten, die nicht Zeiten hatten, in denen sie an Gottes Liebe

und Zusagen zweifelten. Ja, teilweise an ihm fast verzweifelten.

 

Um nur einige wenige uns bekannte zu nennen:

»Abraham, der Vater des Glaubens zweifelte an der Zusage der Versorgung und Macht

Gottes und ging nach Ägypten.

 

»David, ein Mann nach dem Herzen Gottes, war immer wieder verunsichert.

Im Psalm 10 fragte er:

„Wo bist du? Warum geht es denen, die Dich verspotten so gut und mir so schlecht?“

 

Die Jünger haben alle an den Auferstehungsberichten der Frauen gezweifelt.

Der »bekannteste« davon ist eindeutig der Apostel Thomas. Er entgegnete den Frauen: „Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen und Füßen sehe und meine Hand nicht in seine Seite legen kann, glaube ich nicht.“

Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: „Friede sei mit euch!“  Dann sagte er zu Thomas: „Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“

Thomas antwortete ihm: „Mein Herr und mein Gott!“ 

Jesus sagte zu ihm:

„Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“

 

Auch Petrus wird im Neuen Testament von einem großen Moment des Zweifels ergriffen.

Er ist fest davon überzeugt, dass sein Glaube groß genug ist, um wie Jesus auf dem Wasser gehen zu können.

Als er aber den starken Sturm und die Wellen sieht,

bekommt er Angst und droht zu sinken.

Auch Petrus schreit seine Angst heraus.

Er ruft zu Jesus: „Herr, hilf mir!“, als er in den Wellen

des Sees zu versinken droht. Aber er ergreift die Hand Jesu.

Als Petrus bei seiner Glaubensprobe auf dem See Genezareth versagte fragte ihn Jesus: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“ (Matthäus 14,31)

 

Was dem Jünger widerfährt, weist auf die Geschichte der Kirche und allen Menschen hin. »Bei starkem Gegenwind schwindet oft unser Glaube und der Zweifel überfällt uns!«

Aber Jesus ist da und rettet.   Auch uns!

 

Zweifel hilft uns unsere Sicht auf Gott und unsere Erwartung an ihn immer wieder mal zu hinterfragen, und das ist wichtig und richtig!

Das besagt aber doch: »Gott hilft! Auf ihn ist Verlass!«

 

Was kann ein Christ daraus für seine eigenen Zweifel lernen?

Der ganze Spannungszustand, die Zerrissenheit durch Zweifeln, die abgrundtiefen

Erschütterungen in unserer Kirche, aber auch das gleichzeitige Festhalten-Wollen am Glauben bringt schließlich ein Satz im Neuen Testament auf den Punkt:

Ein Vater, dessen Sohn schwer erkrankt war, schreit zu Jesus:

„Ich glaube; helfe meinem Unglauben!“ Gott überzeugt und hilft schließlich doch! 

 

Auch bei allen vorher genannten Personen ist ein absolutes Vertrauen an und in Gott,

das in vielen, kleinen Schritten wuchs und standfest wurde, festzustellen.

Es bezeugt immer wieder wie Zweifelnde in ihrer tiefsten Not die Hand Gottes spüren konnten. Auch wir erleben Gott in unseren Zweifeln.

Beziehungen sind immer lebendig und entwicklungsbedürftig  nie statisch und fertig.

 

Wir spüren wie Thomas und Petrus, das Gottes Gegenwart und Geleit auch in Zeiten der Not und Unsicherheit spürbar wird und ist. In diesen Momenten  wird klar:

Jesus lebt, der Glaube ist echt.

Mein Glaube wird mich durchs Leben tragen.

Komm, Herr, sei uns nah.

Sei uns nah auch in Zeiten der Zweifel und des Unglauben.

In Zeiten wo du uns manchmal so weit weg erscheinst. 

Sei uns nah in Zeiten wo wir uns verlassen fühlen.

Öffne unser Herz für das Wort deines Sohnes, damit wir, wie Thomas,

ihn bekennen als unseren Herrn und Gott.

 

Herr, unser Gott, wie oft droht unser Leben im Dunkel unterzugehen?

Wie oft sind wir verzweifelt und orientierungslos? 

Wir wissen oft nicht woher wir kommen und wohin wir gehen. 

Sei du uns dann nahe und hilf uns mit deinem Licht wieder zu glauben:

 

Für alle, die nicht beten können oder zu beten verlernt haben,

dass sie vor dich bringen können das, was sie belastet und was sie beglückt.

Für alle, die dich verloren haben, die keinen Weg mehr sehen für ihr Leben,

dass du ihnen ein Wort schenkst, das sie leitet.

Für alle, die an Leib und Seele krank sind, die sich vom Leben abgeschnitten fühlen,

dass sie trotz ihres Leidens noch lebenswerte Zeiten erfahren dürfen.

Für alle, besonders für die Kranken und Leidenden aus unseren Familien,

sei du ihnen nahe und lass uns ihnen helfende Begleiter sein.

Wir bitten Dich erhöre uns.

 

Aus uns allein sind wir oft hilflose und zweifelnde Menschen. 

Aber wo Du o Herr uns leuchtest, wird alles anders. 

Lass dein Licht in unser Leben leuchten, in allem was wir tun und denken und fühlen  damit der Glauben wieder in unser

Leben kommt. Amen.

 

Fragen wir uns, wie kann man Zweifel überwinden?

Von großen Zweifeln geplagt war Martin Luther.

„Wie bekomme ich einen gerechten Gott?“, hat er gefragt.

So sehr er sich auch anstrengte, ein gottgefälliges Leben zu führen, die Angst vor dem Teufel ließ ihn nicht los. Er hat seine Zweifel überwunden, indem er die Bibel gelesen hatte. Er hat Texte in der Bibel gefunden, die ihm in seiner Situation weitergeholfen haben, zum Beispiel den Römerbrief. Darin fand Luther den Satz:

„Der Gerechte wird aus Glauben leben“. (Röm 1,17) Von nun an wusste er, dass die Tatsache, dass er glaubte, ausreichte, um von Gott geliebt zu werden.

 

Vater unser ….. 

 

Idee + Zusammengestellt: Hans – Gerd Sextro