Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 1. Fastensonntag 2021

Datum:
So. 21. Feb. 2021
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zu den Lesungen und zum Evangelium des 1. Fastensonntags:

Die Erzählung von einer gewaltigen Flut-Katastrophe, der sogenannten „Sintflut“ (wobei sint vom german. sin abgeleitet ist = groß, umfassend – es hat also nichts mit „Sünde“ zu tun!), taucht nicht nur in der Bibel, sondern auch in anderen antiken Schriften des Vorderen Orients auf, die älteste schriftliche Fixierung, in der sie erwähnt wird, ist wohl das Atrahasis-Epos aus dem 19. Jh. v. Chr.. Moderne geologische Untersuchungen und Theorien gehen davon aus, dass es sich bei der Sintflut um einen massiven Wassereinbruch in das Schwarze Meer handelt, der sich etwa 6000 v. Chr. ereignete: Seit dem Ende der letzten Eiszeit (ca. 10.000 v. Chr.) waren die Gletscher der Nordhalbkugel bis dahin stark abgeschmolzen, wodurch der Meeresspiegel dementsprechend anstieg. Das führte auch dazu, dass zehntausende Menschen, die bis dahin als nomadische Jäger und Sammler an den Küstenregionen lebten, vertrieben wurden. Dadurch wurde eine neue Ära menschlicher Gesellschaft eingeläutet: Im Landesinneren wurden die Menschen nun verstärkt sesshaft und betrieben Ackerbau und Viehzucht!

Wahrscheinlich war das Schwarze Meer ursprünglich ein Süßwassersee und besaß noch keine Verbindung (durch den Bosporus) zum Mittelmeer. Durch den erhöhten Wasserspiegel ist dann das Mittelmeer wohl schlagartig in das Schwarze Meer eingebrochen und hat tausende Menschen und Tiere an ihren Küstenregionen getötet.

Die Bibel deutet (auch) die Erzählung von dieser Katastrophe im Hinblick auf Gott und die (ursächliche) Sünde des Menschen: Durch die Erfahrung, dass nicht nur Menschen überlebten, sondern es danach weiterhin alle bisherigen Tierarten gab (vgl. Gen 6, 19), also keine Spezies durch die Flut ausgerottet wurde (vgl. Gen 7, 8; 8, 17), wird dieses neue Leben als „Bund“ (Gen 6, 18; 9, 11) Gottes erlebt, gedeutet und geglaubt. Das Symbol dafür ist der Regenbogen als Zeichen für das Ende des „Regens“ (vgl. Gen 7, 4), der nach der Bibel die Sintflut auslöste (vgl. Gen 7, 11f).

Warum wurde diese dramatische Erzählung der Sintflut als Pendant zum heutigen Evangelium gewählt? Zum einen, weil es eine Entsprechung der 40 Tage gibt (vgl. Gen 7, 12 und Mk 1, 13), zum anderen, weil es eine gemeinsame Zeit der Läuterung ist, eine Zeit des Mit-sich- und Mit-Gott-allein-Seins, die zu einem ganz neuen Leben mit der Lebensperspektive schlechthin führt!

Lesung aus dem Buch Genesis:

Gott sprach zu Noach und seinen Söhnen, die bei ihm waren: Hiermit schließe ich meinen Bund mit euch und mit euren Nachkommen und mit allen Lebewesen bei euch, mit den Vögeln, dem Vieh und allen Tieren des Feldes, mit allen Tieren der Erde, die mit euch aus der Arche gekommen sind. Ich habe meinen Bund mit euch geschlossen: Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch vom Wasser der Flut ausgerottet werden; nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben. Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich stifte zwischen mir und euch und den lebendigen Wesen bei euch für alle kommenden Generationen: Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde. Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken, dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch und allen Lebewesen, allen Wesen aus Fleisch, und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden, die alle Wesen aus Fleisch vernichtet.

Zur 2. Lesung

Es ist eher selten, dass die zweite Lesung eine Brücke schlägt zwischen der ersten aus dem Alten Testament und dem Evangelium. Der heutige Abschnitt aus dem ersten Petrusbrief (er ist nicht von Petrus geschrieben worden, sondern in seinem Namen, und wird frühestens ab 90 n. Chr. datiert) bietet auch das: Die Sintflut wird als Vergleich für die Taufe gewählt, durch die sich für den Menschen (wiederum) ein neues Leben eröffnet. Die Taufe dient jedoch der inneren (!) Reinigung, um „gerettet“ (vgl. Vers 21a) zu werden, und „ist eine Bitte an Gott um ein reines Gewissen“ (Vers 21c) – was für eine wunderbare und außergewöhnliche Aus- und Zusage! Dadurch wird die Taufe zum sicht- und erfahrbaren Zeichen für die Bindung an Jesus Christus (dem Herrscher des Himmels, vgl. Vers 22, vgl. auch Phil 2, 9-11), die zu Gott führt (vgl. Vers 18)!

Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Petrus (1 Petr 3, 18-22):

Liebe Schwestern und Brüder!

„Christus ist der Sünden wegen ein einziges Mal gestorben, er, der Gerechte, für die Ungerechten, um euch zu Gott hinzuführen; dem Fleisch nach wurde er getötet, dem Geist nach lebendig gemacht. So ist er auch zu den Geistern gegangen, die im Gefängnis waren, und hat ihnen gepredigt. Diese waren einst ungehorsam, als Gott in den Tagen Noachs geduldig wartete, während die Arche gebaut wurde; in ihr wurden nur wenige, nämlich acht Menschen, durch das Wasser gerettet. Dem entspricht die Taufe, die jetzt euch rettet. Sie dient nicht dazu, den Körper von Schmutz zu reinigen, sondern sie ist eine Bitte an Gott um ein reines Gewissen aufgrund der Auferstehung Jesu Christi, der in den Himmel gegangen ist; dort ist er zur Rechten Gottes und Engel, Gewalten und Mächte sind ihm unterworfen.“

Zum Evangelium (Mk 1, 12-15)

Jesus von Nazareth ist wahrscheinlich 33 Jahre alt, als er sich von Johannes dem Täufer im Jordan taufen lässt (vgl. Mk 1, 9). Direkt danach – was wir im heutigen Evangelium hören – geht er in die Wüste, d.h. in die Einsamkeit, um sich über seine Berufung klar(er) zu werden. Dort wird er mit seinen Versuchungen konfrontiert (vgl. Mt 4, 1-11), die Markus nicht weiter ausführt. Nachdem er zu den „Fallen“ und Versuchungen, die sein künftiges Leben mit sich bringen werden, entsprechende Abwehrmechanismen entwickelt hat, beginnt sein öffentliches Wirken. Die ersten Worte Jesu nach dem Markus-Evangelium sind sein Auftrag, sein Programm und sein Ziel: „das Reich Gottes ist nahe. Denkt um, und glaubt an die Frohe Botschaft!“

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus:

In jener Zeit „trieb der Geist Jesus in die Wüste. Dort blieb Jesus vierzig Tage lang und wurde vom Satan in Versuchung geführt. Er lebte bei den wilden Tieren und die Engel dienten ihm.

Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus wieder nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“