Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 18. Sonntag im Jahreskreis 2022

Datum:
So. 31. Juli 2022
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zum 18. Sonntag im Jahreskreis 2022

Zur 1. Lesung (Koh 1, 2; 2, 21-23)

Das Buch Kohélet entsteht ab Mitte des 3. Jh. v. Chr. (in Jerusalem?) und greift die sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen der damaligen Zeit auf. Wir hören heute die ersten Worte aus diesem Buch (nach einem kurzen Einleitungssatz über den Verfasser, vgl. Koh 1, 1), die als „Motto“ schon überraschen: „Windhauch, Windhauch, sagte Kohélet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch“ (Vers 2). Gemeint ist damit, dass alles flüchtig, alles vergänglich ist und nichts Bestand hat. Emotional lässt es sich aber auch so interpretieren: „Alles Mist“! Und warum dieser Pessimismus? „Denn es kommt vor, dass ein Mensch, dessen Besitz durch Wissen, Können und Erfolg erworben wurde, es einem anderen, der sich nicht dafür angestrengt hat, überlassen muss“ (Vers 21). Und nicht nur das: Auch wenn jemand sein Erworbenes nicht an jemand anderen verliert, so besteht der Alltag doch nur aus „Sorge und Ärger“ (Vers 23). – Ich befürchte, dass wenn dies eine grundsätzliche Haltung wird, sie unweigerlich in einer Depression mündet. Können wir trotzdem etwas von / aus dieser Perspektive lernen? Ja, die wichtigste religiöse Fragestellung: Was hat im Leben – und darüber hinaus! – wirklich Bestand? Was können wir durch Unglück und Tod nicht verlieren? Wen wir lieben, was unser Herz (in Liebe) erfüllt! Zwei wichtige Fragen schließen sich m. E. daran an: Haben meine Lieben tat-sächlich die oberste Priorität in meinem Alltag? Und wann und wie merken die das?

Lesung aus dem Buch Kohélet:

„Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch. Denn es kommt vor, dass ein Mensch, dessen Besitz durch Wissen, Können und Erfolg erworben wurde, ihn einem andern, der sich nicht dafür angestrengt hat, als dessen Anteil überlassen muss. Auch das ist Windhauch und etwas Schlimmes, das häufig vorkommt. Was erhält der Mensch dann durch seinen ganzen Besitz und durch das Gespinst seines Geistes, für die er sich unter der Sonne anstrengt? Alle Tage besteht sein Geschäft nur aus Sorge und Ärger und selbst in der Nacht kommt sein Geist nicht zur Ruhe. Auch das ist Windhauch.“

Zur 2. Lesung (Kol 3, 1-5.9-11)

Wie schon öfters erwähnt, ergibt es sich nicht so häufig, dass auch die zweite Lesung vom Sonntag (die meistens eine „Bahnlesung“ ist, d.h. fortlaufend gelesen wird) zum Evangelium und daher auch zur ersten Lesung passt. Heute passt sie ganz wunderbar: Wir werden darin aufgefordert, nach dem zu streben, „was im Himmel ist“ (Vers 1). Und was ist (im) Himmel? Liebe (= Gott–Vater), Versöhnung (= Gott–Sohn) und (daher) Frieden (= Gott–Heiliger Geist) – also die Wesenseigenschaften Gottes! Jesus Christus hat den Himmel auf die Erde gebracht – das können und sollen wir auch. Und wo das geschieht, der „Beweis“ dafür ist, dass die, die das leben, keine bewertenden Unterschiede mehr zwischen Menschen machen (vgl. Vers 11), es gibt dann nur noch Schwestern und Brüder als (göttliche) Familie aller von Gott gleich Geliebten.

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Kolósser:

Liebe Schwestern und Brüder! „Ihr seid mit Christus auferweckt; darum strebt nach dem, was im Himmel ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Richtet euren Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdische! Denn ihr seid gestorben und euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott. Wenn Christus, unser Leben, offenbar wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit. Darum tötet, was irdisch an euch ist: die Unzucht, die Schamlosigkeit, die Leidenschaft, die bösen Begierden und die Habsucht, die ein Götzendienst ist. Belügt einander nicht; denn ihr habt den alten Menschen mit seinen Taten abgelegt und seid zu einem neuen Menschen geworden, der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird, um ihn zu erkennen. Wo das geschieht, gibt es nicht mehr Griechen oder Juden, Beschnittene oder Unbeschnittene, Fremde, Skythen, Sklaven oder Freie, sondern Christus ist alles und in allen.“

Zum Evangelium (Lk 12, 13-21)

Auch im Evangelium hören wir drastische Worte: „Der Sinn des Lebens besteht nicht darin, dass ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluss lebt“ (Vers 15b). Die heutige Perikope hat uns nur Lukas überliefert und sie kommt in den drei Lesejahren insgesamt nur zwei Mal vor – schade! Ich glaube, dass könnten wir gar nicht oft genug hören, um es (mehr) zu verinnerlichen, sieht doch gerade in diesem Punkt die Welt / unsere Gesellschaft (heute mehr als in früheren Generationen?) so ganz anders aus (vgl. die meisten social-media-Plattformen, Werbung etc.). Ziel christlichen Lebens ist, vor Gott „reich“ zu sein (vgl. Vers 21), und das Leben und die Botschaft Jesu zeigen, wie das geht. Jemand hat einmal gesagt: „Wir können in den Himmel nur das mitnehmen, was wir auf Erden verschenkt haben“, das fasst es, wie ich finde, wunderbar zusammen.

Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas:

In jener Zeit „bat einer aus der Volksmenge Jesus: Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen. Er erwiderte ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Schlichter bei euch gemacht? Dann sagte er zu den Leuten: Gebt Acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier. Denn der Sinn des Lebens besteht nicht darin, dass ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluss lebt. Und er erzählte ihnen folgendes Beispiel: Auf den Feldern eines reichen Mannes stand eine gute Ernte. Da überlegte er hin und her: Was soll ich tun? Ich weiß nicht, wo ich meine Ernte unterbringen soll. Schließlich sagte er: So will ich es machen: Ich werde meine Scheunen abreißen und größere bauen; dort werde ich mein ganzes Getreide und meine Vorräte unterbringen. Dann kann ich zu mir selber sagen: Nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink und freu dich des Lebens! Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören, was du angehäuft hast? So geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist.“