Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 19. Sonntag im Jahreskreis 2022

Datum:
So. 7. Aug. 2022
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zum 19. Sonntag im Jahreskreis 2022

Zur 1. Lesung (Weish 18, 6-9)

Im ersten Vers (6) des heutigen Abschnitts aus dem Buch der Weisheit hören wir gleich von der „Nacht der Befreiung“, womit natürlich die Nacht vor dem Auszug aus Ägypten gemeint ist, jene Nacht, in der die Erstgeborenen in Ägypten starben (vgl. Ex 11, 1.4-7), die Juden aber verschont blieben (vgl. das Pascha-Fest, Ex 12). Doch Vorsicht: Gott straft nicht (vgl. u.a. Mt 5, 45b; Lk 13, 4f) – aber welche Wirkmacht hat (vielmehr) die Kraft des Glaubens (vgl. u.a. Mk 11, 22f)?! So gut wie alle Wunder Jesu ereignen sich auf Grund des Glaubens der Betroffenen (vgl. u.a. Mk 2, 5; 5, 34; Mt 8, 13; 9, 28. ó Mk 6, 5-6a!): „Alles kann, wer glaubt“ (Mk 9, 23) – glauben wir das?

Lesung aus dem Buch der Weisheit:

„Die Nacht der Befreiung wurde unseren Vätern vorher angekündigt; denn sie sollten zuversichtlich sein und sicher wissen, welchen eidlichen Zusagen sie vertrauen konnten. So erwartete dein Volk die Rettung der Gerechten und den Untergang der Feinde. Während du die Gegner straftest, hast du uns zu dir gerufen und verherrlicht. Denn im Verborgenen feierten die frommen Söhne der Guten ihr Opferfest; sie verpflichteten sich einmütig auf das göttliche Gesetz, dass die Heiligen in gleicher Weise Güter wie Gefahren teilen sollten, und sangen schon im Voraus die Loblieder der Väter.“

Zur 2. Lesung (Hebr 11, 1-2.8-12)

Der folgende Abschnitt aus dem Hebräerbrief knüpft unmittelbar an den letzten Satz der Hinführung zur ersten Lesung an und beginnt mit einer großartigen Definition von Glauben:

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Hebräer:

Liebe Schwestern und Brüder! „Glaube ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht. Aufgrund dieses Glaubens haben die Alten ein ruhmvolles Zeugnis erhalten. Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde. Aufgrund des Glaubens hielt er sich als Fremder im verheißenen Land wie in einem fremden Land auf und wohnte mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung, in Zelten; denn er erwartete die Stadt mit den festen Grundmauern, die Gott selbst geplant und gebaut hat. Aufgrund des Glaubens empfing selbst Sara die Kraft, trotz ihres Alters noch Mutter zu werden; denn sie hielt den für treu, der die Verheißung gegeben hatte. So stammen denn auch von einem einzigen Menschen, dessen Kraft bereits erstorben war, viele ab: zahlreich wie die Sterne am Himmel und der Sand am Meeresstrand, den man nicht zählen kann.“

Zum Evangelium (Lk 12, 32-48)

Wie schon an den letzten beiden Sonntagen werden wir auch heute aufgefordert, „den Himmel auf die Erde zu holen“, d.h. so zu leben, damit das, was wir nicht mehr verlieren können (vgl. Vers 33), zur (wirklichen) Mitte unseres Lebens wird. Warum? Nicht nur, weil (nur) Liebe unvergänglich ist, sondern wir uns für unsere Lebensziele am meisten anstrengen, kreativ engagieren und verausgaben (vgl. Vers 34). Diese absolute Hinwendung zum einzig-Wahren und -Guten soll(te) heute erfolgen, nicht in absehbarer oder ferner Zukunft, weil mit der Wiederkunft Christi jederzeit zu rechnen ist. Dies meint übrigens nicht primär die Parusie am Ende der Zeiten oder am Ende der persönlichen Erdenzeit, sondern ereignet sich nach der Botschaft Jesu in jedem Menschen, der mir (heute) begegnet (vgl. v.a. das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter, Lk 10, 25-37, und Vom Weltgericht, Mt 25, 31-46: „Was ihr für einen meiner geringsten Schwestern oder Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“, Vers 40b). Interessant ist dabei auch, dass Jesus nach dem heutigen Zeugnis des Lukas davon überzeugt ist, dass diejenigen, die von der Botschaft Jesu gehört haben, danach bemessen werden, inwieweit sie diese (Er-)Kenntnis im Alltag in Taten umgesetzt haben: „Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel zurückgefordert werden, und wem man viel anvertraut hat, von dem wird man umso mehr verlangen“ (Vers 48b). Das unterstreicht, dass ein Mensch auf die Axiome der Botschaft Jesu nicht durch individuelle oder gewissenhafte Reflexion kommen kann, sondern nur durch die aktuale Vergegenwärtigung des Reiches Gottes in Verkündigung und (= d.h.) Erfahrung – das ist der Auftrag für uns Christen, und danach werden wir „gerichtet“ werden!

Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas:

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben. Verkauft eure Habe und gebt den Erlös den Armen! Macht euch Geldbeutel, die nicht zerreißen. Verschafft euch einen Schatz, der nicht abnimmt, droben im Himmel, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn frisst. Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. Legt euren Gürtel nicht ab und lasst eure Lampen brennen! Seid wie Menschen, die auf die Rückkehr ihres Herrn warten, der auf einer Hochzeit ist, und die ihm öffnen, sobald er kommt und anklopft. Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen. Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach – selig sind sie. Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde der Dieb kommt, so würde er verhindern, dass man in sein Haus einbricht. Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet. Da sagte Petrus: Herr, meinst du mit diesem Gleichnis nur uns oder auch all die anderen? Der Herr antwortete: Wer ist denn der treue und kluge Verwalter, den der Herr einsetzen wird, damit er seinem Gesinde zur rechten Zeit die Nahrung zuteilt? Selig der Knecht, den der Herr damit beschäftigt findet, wenn er kommt! Wahrhaftig, das sage ich euch: Er wird ihn zum Verwalter seines ganzen Vermögens machen. Wenn aber der Knecht denkt: Mein Herr kommt noch lange nicht zurück!, und anfängt, die Knechte und Mägde zu schlagen; wenn er isst und trinkt und sich berauscht, dann wird der Herr an einem Tag kommen, an dem der Knecht es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt; und der Herr wird ihn in Stücke hauen und ihm seinen Platz unter den Ungläubigen zuweisen. Der Knecht, der den Willen seines Herrn kennt, sich aber nicht darum kümmert und nicht danach handelt, der wird viele Schläge bekommen. Wer aber, ohne den Willen des Herrn zu kennen, etwas tut, was Schläge verdient, der wird wenig Schläge bekommen. Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel zurückgefordert werden, und wem man viel anvertraut hat, von dem wird man umso mehr verlangen.“