Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 2. Fastensonntag 2021

Datum:
So. 28. Feb. 2021
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zu den Lesungen und zum Evangelium des 2. Fastensonntags:

Zur 1. Lesung (Gen 22, 1-2.9a.10-13.15-18)

Sicherlich kennen Sie die erste Lesung des heutigen Sonntags: die „Opferung Isaaks“, obwohl dieser Titel eigentlich genauso unpassend ist wie der vom „Gleichnis vom verlorenen Sohn“ (vgl. Lk 15, 11-32) – das wird mittlerweile richtiger als „Gleichnis vom barmherzigen Vater“ bezeichnet, was die eigentliche Botschaft ausdrückt. Und ebenso geht es bei der Abraham-Isaak-Erzählung nicht um die Opferung, sondern um deren Verhinderung, aber das wirkt sicherlich kompliziert und konstruiert, wenn man das im Titel ausdrücken wollte. Ich habe noch einen anderen Titel gefunden, die „Bindung Isaaks“, der sich aber (leider) nicht durchgesetzt hat.

Im Stammbaum der Bibel (vgl. v.a. Gen 5) steht Abraham in direkter Nachfolgeschaft von Set (dem dritten Sohn von Adam und Eva, vgl. Gen 4, 25, nachdem Abel erschlagen und Kain vertrieben wurde), über Noach (vgl. Gen 5, 28f), dessen Sohn Sem (vgl. Gen 5, 32), und schließlich Terach (vgl. Gen 11, 24), dem Vater Abrahams. Abraham (= hebr. „Vater der Völker“, vgl. Gen 17, 5, ursprünglich „Abram“, vgl. Gen 11, 26) ist eine historische Person (!), es ist aber unsicher / umstritten, wann er konkret gelebt hat. Er stammt aus Ur in Chaldäa (in der Nähe des Euphrats, im heutigen Irak, heute Mugheir, vgl. Gen 11, 28; 15, 7) und zieht mit seinem Vater und seiner Familie als halbnomadische Einwanderer nach Kanaan (vgl. Gen 11, 31), in der Zeit zwischen 2000 bis 1700 v. Chr.. Nach dem Tod seiner Frau Sara (vgl. Gen 23, 2) erwirbt Abraham dort ein Grundstück (vgl. Gen 23, 18f), um Sara beizusetzen, und wird in der Folgezeit dort sesshaft. Er gilt als Stammvater der Juden – und der Araber, durch seinen (erstgeborenen) Sohn Ismael, dessen Mutter Hagar die Magd seiner Frau Sara ist und von dieser vertrieben wird (vgl. Gen 21, 19), als sie selbst dann noch (im hohen Alter, vgl. Gen 18, 10f) einen Sohn bekommt: Isaak (vgl. Gen 21, 3). Von Ismael soll dann der Prophet des Islam, Mohammed (570-632 n. Chr.), abstammen.

Abraham entstammt ursprünglich einer polytheistischen Welt (vgl. Jos 24, 2.14). Nach den Erzählungen der Genesis schließt Gott einen Bund mit den Menschen, die erste Erwähnung / Erwählung ist der Bundesschluss mit Noach (vgl. Gen 6, 18) und seinen Nachkommen (vgl. Gen 9, 8-11). Daran knüpft der Bund Gottes mit Abraham (vgl. Gen 17, 2), dem Nachkommen Noachs, an, der nun zum Ausgangspunkt der ersten monotheistischen Religion wird! Das Zeichen dieses Bundes des einen Gottes mit den Menschen ist die Beschneidung der Männer (vgl. Gen 17, 10-14!). Da die direkten Nachkommen Abrahams, sein Sohn Isaak und v.a. dessen (zweiter Zwillings-) Sohn (nach Esau, vgl. Gen 25, 24. Der Schwiegervater Esaus wird dann (u.a.) Ismael, vgl. Gen 28, 8!) Jakob eine so wesentliche Bedeutung für den Bundesschluss mit Gott haben, gelten Abraham, Isaak und Jakob als die „Erzväter“ (vgl. u.a. Ex 3, 6; Lev 26, 42; Mt 1, 2) des Hauses „Israel“ (= hebr. „Gottesstreiter“), das nach dem Ringkampf Jakobs am Fluss Jabbok so genannt wird (vgl. Gen 32, 29). Der älteste bisher gefundene (1896) außerbiblische Beleg für den Namen „Israel“ steht auf einer Granitsäule im Totentempel des Pharao Merenptah (19. Dynastie), die von einem Feldzug des Pharao gegen „Israel“ in Kanaan berichtet, etwa 1211 v. Chr..

Isaak ist der erste Säugling, der beschnitten wird und mit diesem Zeichen den Bundesschluss Gottes mit seinem Volk besiegelt (vgl. Gen 21, 4; 17, 24). ó Eph 2, 14-16; Apg 15, 1-20.

Von Jakob und seinen zwölf Söhnen (vgl. Gen 35, 22f) leiten sich dann die Zwölf Stämme Israel ab.

Es sind wohl v.a. zwei Aspekte, die die „Opferung Isaaks“ verdeutlichen sollen: Den unmittelbaren und ergebenen Glaubensgehorsam Abrahams (vgl. auch Hebr 11, 17f), und die Manifestation, dass der Gott Israels Menschenopfer ablehnt, was im damaligen kanaanitischen Umfeld sonst wohl vorkam. Darüber hinaus ist interessant und wichtig, dass es das erste Mal in der Bibel ist, dass von persön-licher „Liebe“ gesprochen wird, und zwar nicht zwischen Frau und Mann oder der Mutter zu ihrem Kind, sondern vom Vater zum Sohn! Wenn man mag, kann man hier eine elementare Parallele zu der „Opferung Jesu“ (hier stimmt der Titel ja) sehen und ziehen: Da wird ein Vater „seinen einzigen Sohn, den er liebt“ (vgl. Gen 22, 2a), tatsächlich hingeben, dem Leiden, Sterben und dem Tod übergeben, damit durch den Glauben / das Vertrauen auf diese Liebe und Hingabe Gottes und die Hingabe und Liebe des Sohnes die Menschen Heil(ung) erfahren können = ein Gott, dessen Liebe so groß ist, dass sie den unschuldigen Tod des Sohnes verzeiht (und von Beginn der Schöpfung miteinbezieht), ist ja wohl die größte Kraft zum Leben und zur Überwindung dessen, was zum Tod (des Sohnes ge-) führt (hat): Das Böse (vgl. u.a. Röm 5, 12).

Lesung aus dem Buch Genesis:

In jenen Tagen „stellte Gott Abraham auf die Probe. Er sprach zu ihm: Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. Gott sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, geh in das Land Morija und bring ihn dort auf einem der Berge, den ich dir nenne, als Brandopfer dar. Als sie an den Ort kamen, den ihm Gott genannt hatte, baute Abraham den Altar und schichtete das Holz auf. Schon streckte Abraham seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sohn zu schlachten. Da rief ihm der Engel des Herrn vom Himmel her zu: Abraham, Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. Jener sprach: Streck deine Hand nicht gegen den Knaben aus und tu ihm nichts zuleide! Denn jetzt weiß ich, dass du Gott fürchtest; du hast mir deinen einzigen Sohn nicht vorenthalten. Als Abraham aufschaute, sah er: Ein Widder hatte sich hinter ihm mit seinen Hörnern im Gestrüpp verfangen. Abraham ging hin, nahm den Widder und brachte ihn statt seines Sohnes als Brandopfer dar. Abraham nannte jenen Ort Jahwe-Jire (Der Herr sieht), wie man noch heute sagt: Auf dem Berg lässt sich der Herr sehen. Der Engel des Herrn rief Abraham zum zweiten Mal vom Himmel her zu und sprach: Ich habe bei mir geschworen - Spruch des Herrn: Weil du das getan hast und deinen einzigen Sohn mir nicht vorenthalten hast, will ich dir Segen schenken in Fülle und deine Nachkommen zahlreich machen wie die Sterne am Himmel und den Sand am Meeresstrand. Deine Nachkommen sollen das Tor ihrer Feinde einnehmen. Segnen sollen sich mit deinen Nachkommen alle Völker der Erde, weil du auf meine Stimme gehört hast.“

Zur 2. Lesung

Paulus schreibt seinen (längsten) Brief an die christliche Gemeinde in Rom wahrscheinlich 56 n. Chr. in Korinth. Die Situation der Christen in Rom ist in dieser Zeit v.a. durch staatliche Unterdrückung und Verfolgung geprägt. 38 n. Chr. wird die jüdische Religion in Italien verboten, nachdem die Juden auf Grund des zweiten der Zehn Gebote („Du sollst dir kein Gottesbild machen …“, Ex 20, 4) gegen Kaiserbilder protestiert hatten. 49 n. Chr. weist Kaiser Claudius alle jüdischen Anhänger eines „Chrestus“ aus Rom aus, d.h. die staatlichen Behörden differenzieren mittlerweile zwischen Juden und „Christen“, das bedeutet, es gibt zu der Zeit (nachweisbar) eine christliche Gemeinde in Rom, die sich offenbar weiter von der jüdischen Gemeinde abgrenzt, denn die Christenverfolgung unter Kaiser Nero 64 n. Chr. nach dem Brande Roms bezieht sich speziell nur noch auf Christen (in deren Verlauf wahrscheinlich Petrus und Paulus in Rom hingerichtet werden).

Paulus geht in dem folgenden Abschnitt seines Briefes an die römischen Christen auf die aktuelle existentiell-bedrohliche Situation ein: Bei „anklagen“ und „verurteilen“ (Vers 33, 34) geht es um das, was wohl in immer größerem Maße geschieht und ja tatsächlich die schwierigste Bewährungsprobe eines Menschen darstellt: Im Angesicht von Marter und Tod der eigenen Glaubensüberzeugung treu bleiben. Diese höchste Lebens- und Glaubensnot kann sich ja wirklich zwischen den Menschen und (den Glauben an) Gott „schieben“ als Zweifel an Gottes Güte, Allmacht und Beistand. Paulus betont, dass der letztendliche Beweis der Liebe Gottes der Kreuzestod von Gottes eigenem Sohn ist, der – durch die Auferstehung zur Rechten Gottes erhöht – selbst für die Gläubigen eintritt, d.h. sie nicht nur im Tod rettet, sondern ihnen auch im Leben, v.a. auch in der Bedrängnis, Kraft gibt (vgl. 1 Thess 3, 4, Offb 12, 10f).

Welche „Bedrängnisse“ erleben Sie und wie gehen Sie damit um?

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer (Röm 8, 31b-34):

Liebe Schwestern und Brüder!

„Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns? Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Wer kann die Auserwählten Gottes anklagen? Gott ist es, der gerecht macht. Wer kann sie verurteilen? Christus Jesus, der gestorben ist, mehr noch: der auferweckt worden ist, sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein.“

Zum Evangelium (Mk 9, 2-10)

Im heutigen Evangelium wird die sogenannte „Verklärung Christi“ beschrieben (auf dem Berg Tabor, einem sehr markanten Berg in Galiläa). Sie bedeutet, dass den drei wichtigsten Vertrauten Jesu, Petrus, Jakobus und Johannes (die „drei Säulen“, vgl. Gal 2, 9. Sie sind nach der Auferstehung Jesu auch die wichtigste Autorität der Jerusalemer Urgemeinde) klar wird, dass Jesus der Messias ist! Es bleibt eine spannende und wichtige Frage, wie und woran sie das (in dieser Situation) erkannt haben? Das wird nicht berichtet, sondern es werden Hinweise gegeben, die das begründen: Jesus „leuchtet auf“, „erstrahlt“ in göttlichem Licht, Mose und Elija (= die wichtigsten Propheten des Alten Testaments, Elija (ca. 830 v. Chr.) wird auf Grund seiner „Himmelfahrt“ als der Vorläufer des Messias erwartet!) „erscheinen“ nicht nur, sondern sprechen mit Jesus, d.h. sind auf gleicher „Augenhöhe“ und verweisen auf Jesus. Am wichtigsten ist die (innere) Stimme / Überzeugung, die die drei Apostel erfüllt: Jesus ist Gottes geliebter Sohn, auf den wir hören sollen.

Petrus – gerne oft zu schnell (vgl. Mt 16, 22; Joh 18, 10) – will das „Bild“ / diese Überzeugung, „einfangen“ / „festnageln“ und dafür drei Hütten bauen – aber das geht nicht. Die Botschaft Jesu vom Reich der Liebe Gottes lässt sich gerade nicht einfangen in Bildern, Gebäuden oder Systemen, sondern zeichnet sich durch ihren Vollzug aus – ebenso wie Gott: Er ist der totale Akt, er vollzieht seine Existenz „ständig“, es gibt weder ein Vorher oder Nachher noch ein Weniger oder Mehr, es gibt „nur“ den Vollzug, die volle Präsenz. Und deswegen kann man die menschlichen Vollzüge, die es eben auch nur im Vollzug gibt, als göttlich bezeichnen: Glaube, Hoffnung, und vor allem Liebe – die gibt es auch nur / die haben nur dann eine relevante Wirkmacht, wenn sie tatsächlich lebendig sind, sonst sind es nur Worte für eine mögliche Wirklichkeit, die aber (noch) nicht so gelebt wird und deswegen keine (existentielle) Kraft hat.

Erst durch den Tod (vgl. u.a. Mk 15, 39) und die Auferstehung Jesu konnten die Jünger „begreifen“ (vgl. u.a. Joh 20, 27), das Jesus tatsächlich der Christus ist.

  • Wie und woran merk(t)en Sie, dass Jesus Ihr Heiland ist? Wo hören Sie auf Jesus?
  • Wo waren Sie in dieser Woche mit irgendetwas zu schnell?

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus:

In jener Zeit „nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg, aber nur sie allein. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; seine Kleider wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann. Da erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose und sie redeten mit Jesus. Petrus sagte zu Jesus: Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte; denn sie waren vor Furcht ganz benommen. Da kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören. Als sie dann um sich blickten, sahen sie auf einmal niemand mehr bei sich außer Jesus. Während sie den Berg hinabstiegen, verbot er ihnen, irgendjemand zu erzählen, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei. Dieses Wort beschäftigte sie und sie fragten einander, was das sei: von den Toten auferstehen.“