Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 25. Sonntag im Jahreskreis

Datum:
Fr. 18. Sept. 2020
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zu den Lesungen und zum Evangelium des 25. Sonntags im Jahreskreis:

Zur 1. Lesung (Jes 55, 6-9)

Aus dem Propheten Jesaja hören wir gleich: „Sucht den Herrn, solange er sich finden lässt, ruft ihn an, solange er nahe ist.“ Das ist ja die Grundlage jeder Religion: Wenn es Gott gibt, ist er überall und durchdringt alles! Das wirft dann wiederum die Frage auf, ob und wie wir nach Gott suchen?!

Ich glaube, ob wir die Kraft und den Geist Gottes „finden“, hängt meistens damit zusammen, wie „nah“ wir uns selber sind, ob wir auf unser Herz / Gewissen hören, ob wir Hoffnung haben, und ob wir unserem Glauben im Alltag treu bleiben, d.h. tatsächlich so leben, wie Jesus das vorgelebt hat. Je mehr wir Gutes tun, desto mehr werden wir aufmerksam und empfänglich für den Geist Gottes, der die Kraft zum Guten ist! Aber trotzdem: „Meine Wege / Gedanken sind nicht eure Wege / Gedanken“ (vgl. Jes 55, 8) = Gott ist und bleibt immer der „ganz Andere“!

Lesung aus dem Buch Jesaja:

„Sucht den Herrn, solange er sich finden lässt, ruft ihn an, solange er nahe ist. Der Ruchlose soll seinen Weg verlassen, der Frevler seine Pläne. Er kehre um zum Herrn, damit er Erbarmen hat mit ihm, und zu unserem Gott; denn er ist groß im Verzeihen.

Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege – Spruch des Herrn.

So hoch der Himmel über der Erde ist, so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege und meine Gedanken über eure Gedanken.“

Zur 2. Lesung (Phil 1, 20ad - 24.27a)

49 / 50 n. Chr. gründet der Apostel Paulus mit seinem Gefährten Silas eine christliche Gemeinde in der griechischen Stadt Philippi (vgl. Apg 16, 11-40). Sie ist die erste christliche Gemeinde auf dem europäischen Kontinent. Seinen Brief an die Gemeinde schreibt Paulus aus dem Gefängnis, wo er mit seinem baldigen Tod rechnet – aber das kümmert ihn nicht wirklich, entscheidend für Paulus ist, dass Christus „verherrlicht“ wird, d.h. als Herr des Lebens / der Welt erkannt wird. Paulus ist so voller Sehnsucht nach Jesus, dass er unsicher ist, ob er lieber lebt oder stirbt. Wichtig für alle christlichen Gemeinden der Welt ist sein Appell am Schluss: „Lebt als Gemeinde so, wie es dem Evangelium Christi entspricht“ (Phil 1, 27a) – das ist die wichtigste Aufgabe, damit „daran alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt“ (Joh 13, 35) – nur so und dafür soll der christliche Glaube anstecken und sich verbreiten, damit durch die Jünger Jesu die Liebe Gottes zu allen Menschen bringen!

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Philipper:

Liebe Schwestern und Brüder!

„Darauf warte und hoffe ich, dass Christus durch meinen Leib verherrlicht wird, ob ich lebe oder sterbe. Denn für mich ist Christus das Leben und Sterben Gewinn. Wenn ich aber weiterleben soll, bedeutet das für mich fruchtbare Arbeit. Was soll ich wählen? Ich weiß es nicht. Es zieht mich nach beiden Seiten: Ich sehne mich danach, aufzubrechen und bei Christus zu sein – um wie viel besser wäre das! Aber euretwegen ist es notwendiger, dass ich am Leben bleibe. Vor allem: Lebt als Gemeinde so, wie es dem Evangelium Christi entspricht.“

Zum Evangelium (Mt 20, 1-16a)

In dem heutigen Abschnitt aus dem Matthäus-Evangelium zeigt sich wiederum, dass das Reich Gottes (auch „Himmelreich“), d.h. die Situationen, in denen die Liebe Gottes mächtig wird, tatsächlich anderen (himmlischen = göttlichen) „Gesetzmäßigkeiten“ folgt: Um 6 Uhr morgens, um 9, 12, 15 und schließlich um 17 Uhr wirbt ein Gutsbesitzer Arbeiter für seinen Weinberg an und vereinbart jeweils einen Lohn von jeweils einem Denar (= der Lohn für einen Tag Arbeit!) mit den Arbeitern. Ist das nach unserem Empfinden gerecht? Im Sinne Gottes durchaus! Denn seit wann und wie lange wir schon glauben (= Arbeiter im Weinberg sind) und dadurch unseren Glauben (in der Kirche?) leben, lässt sich gerade nicht aufaddieren. Egal, wann wir zum Glauben gekommen sind und wie lange wir schon am Reich Gottes mitarbeiten – der Lohn ist immer gleich! Und was ist der Lohn für unseren christlichen Glauben? Was haben wir tatsächlich davon, wenn wir überzeugte Christen sind?

  • Hoffnung!
  • Einen anderen Umgang mit Leid, Schuld und Tod!
  • Wir stiften Gemeinschaft und suchen Versöhnung!
  • Wir teilen!
  • Wir versuchen, zu vergeben!
  • Wir versuchen, Achtung, Wertschätzung und Respekt vor jedem Menschen zu haben!
  • Wir versuchen, durch unser ökologisches Verhalten die Schöpfung Gottes mitzubewahren!
  • Wir glauben, dass Güte, Barmherzigkeit, Dankbarkeit und Liebe das wichtigste im Leben ist!
  • Und wir vertrauen darauf, dass Gottes Kraft, sein Hl. Geist, stets um uns und in uns ist!
  • Das sind nicht nur erstrebenswerte Ziele, sondern bedeutet wirkliches und dauerhaftes Glück und Erfüllung für die, die so leben! Das ist der Lohn für unser/en Glauben / Leben im Alltag.

Einen „zusätzlichen Vorteil“ dadurch haben zu können, dass man evtl. schon „länger“ glaubt als anderen, geht nicht (vgl. Mk 10, 35-45)! Und auch zu meinen, dass einem nichts mehr Schlimmes passieren kann, weil man doch so glaubt und betet und Gutes tut, ist ebenfalls absurd und widerspricht ja gerade dem Schicksal Jesu.

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus:

In jene Zeit erzählte Jesus seinen Jüngern das folgende Gleichnis:

„Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsbesitzer, der früh am Morgen sein Haus verließ, um Arbeiter für seinen Weinberg anzuwerben. Er einigte sich mit den Arbeitern auf einen Denar für den Tag und schickte sie in seinen Weinberg.

Um die dritte Stunde ging er wieder auf den Markt und sah andere dastehen, die keine Arbeit hatten. Er sagte zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg! Ich werde euch geben, was recht ist. Und sie gingen. Um die sechste und um die neunte Stunde ging der Gutsherr wieder auf den Markt und machte es ebenso.

Als er um die elfte Stunde noch einmal hinging, traf er wieder einige, die dort herumstanden. Er sagte zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag untätig herum? Sie antworteten: Niemand hat uns angeworben. Da sagte er zu ihnen: Geht auch ihr in meinen Weinberg!

Als es nun Abend geworden war, sagte der Besitzer des Weinbergs zu seinem Verwalter: Ruf die Arbeiter, und zahl ihnen den Lohn aus, angefangen bei den letzten, bis hin zu den ersten. Da kamen die Männer, die er um die elfte Stunde angeworben hatte, und jeder erhielt einen Denar.

Als dann die ersten an der Reihe waren, glaubten sie, mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten nur einen Denar. Da begannen sie, über den Gutsherrn zu murren, und sagten: Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgestellt; wir aber haben den ganzen Tag über die Last der Arbeit und die Hitze ertragen.

Da erwiderte er einem von ihnen: Mein Freund, dir geschieht kein Unrecht. Hast du nicht einen Denar mit mir vereinbart? Nimm dein Geld und geh! Ich will dem letzten ebenso viel geben wie dir. Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder bist du neidisch, weil ich (zu anderen) gütig bin? So werden die Letzten die Ersten sein und die Ersten die Letzten.“