Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 26. Sonntag im Jahreskreis

Datum:
Sa. 26. Sept. 2020
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zu den Lesungen und zum Evangelium des 26. Sonntags im Jahreskreis:

Zur 1. Lesung (Ez 18, 25-28)

Im heutigen Evangelium – und dementsprechend in der 1. Lesung – geht es um Reue und Umkehr.

Welche spontanen Gedanken und Erinnerungen haben Sie dazu?

Auch der Prophet Ezéchiel (6. Jh. v. Chr., während des Babylonischen Exils des Volkes Israel) geht bei seinen Überlegungen und Deutungen von dem sogenannten „Tun-Ergehen-Zusammenhang“ aus, der erst ab dem 5. Jh. v. Chr. (v.a. durch das Buch Ijob und jüngere Texte der Weisheitsliteratur) massiv in Frage gestellt wird. Wir haben schon mal darüber gesprochen: Es geht um die weitverbreitete Überzeugung vieler Gläubige (auch heute noch), dass Heil und Unheil in der Weise auf Gott zurückzuführen sind, dass sie Konsequenzen aus dem Verhalten des Menschen sind. Widerfährt einem Menschen Glück (Gesundheit, Erfolg, intakte Familie etc.), dann hat er und die Seinen wohl richtig gehandelt, denn er ist von Gott „gesegnet“. Stößt einem Menschen hingegen Unglück zu (Krankheit, Tod, Ruin etc.), dann hat Gott wegen der Schuld der Menschen (7 ) seinen Segen und seine Gnade nicht zuteil werden lassen. – Nach der Überzeugung Jesu (vgl. u.a. Mt 5, 45; Lk 13, 5; Lk 16, 19-31; Joh 9, 1-2) (und auch meiner) ist das kompletter Unfug!! Ob es uns passt oder nicht, man kann in keiner Weise vom Schicksal eines Menschen Rückschlüsse auf Gott ziehen – im Gegenteil! Wir glauben ja gerade an einen Gott, der sich besonders den Schwachen und Unterdrückten, den Hilflosen, Armen und Ausgestoßenen zuwendet (vgl. das Leben (und die Lebensumstände!) Jesu, besonders auch die Bergpredigt, Mt 5, 3-12), weil „die Welt“, d.h. die Menschen „an sich“ seit jeher (vgl. den Sündenfall in Gen 3, 5) in der Versuchung sind, sich durch Macht, Überheblichkeit, Unterdrückung und Ausbeutung über andere Menschen zu erheben. Aber unser Gott – laut der Botschaft Jesu – sieht nur auf das Herz (vgl. Mt 5, 8: „Selig, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott schauen“, vgl. auch Mt 15, 18, vgl. auch Sam 16, 7: „Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der Herr aber sieht das Herz“) – und wenn wir uns in unserem Herzen von Gott (der Liebe) erreichen lassen, dann kann er durch uns an einer besseren Welt arbeiten!

In dem heutigen Abschnitt aus Ezéchiel deutet er die Anklage des Volkes (dem Unrecht widerfährt) noch im besagten Denken des Tun-Ergehen-Zusammenhangs um: „Ihr sagt: das Verhalten des Herrn ist nicht richtig. … Nein, euer Verhalten ist nicht richtig“ (Ez 18, 25). Seine Hauptaussage ist: Der Sünder, der umkehrt, wird am Leben bleiben, er wird nicht sterben, d.h. er wird nicht zugrunde gehen!

Wenn wir diesbezüglich mal auf uns schauen wollen: Vielleicht machen wir weniger Gott einen Vorwurf, wenn es nicht so läuft, wie wir uns das gewünscht haben, als vielmehr anderen Menschen. Da sind wir doch in der Versuchung, um keine Ausrede und Erklärung verlegen zu sein, wenn es darum geht, die Schuld anderen zu geben. Tun wir das nicht! Sprechen wir mit unseren Vertrauten lieber und besser darüber, was wir selbst tun können, um an guten Lösungen mitzuarbeiten!

Lesung aus dem Buch Ezechiel:

So spricht der Herr: „Ihr sagt: Das Verhalten des Herrn ist nicht richtig. Hört doch, ihr vom Haus Israel: Mein Verhalten soll nicht richtig sein? Nein, euer Verhalten ist nicht richtig.

Wenn der Gerechte sein rechtschaffenes Leben aufgibt und Unrecht tut, muss er dafür sterben. Wegen des Unrechts, das er getan hat, wird er sterben.

Wenn sich der Schuldige von dem Unrecht abwendet, das er begangen hat, und nach Recht und Gerechtigkeit handelt, wird er sein Leben bewahren. Wenn er alle Vergehen, deren er sich schuldig gemacht hat, einsieht und umkehrt, wird er bestimmt am Leben bleiben. Er wird nicht sterben.“

Zur 2. Lesung (Phil 2, 1-11)

Den heutigen Abschnitt aus dem Brief an die Gemeinde in Philippi müssen wir in zwei Teilen betrachten: Im ersten Teil konkretisiert Paulus, wie „Ermahnungen in Christus“, d.h. im Sinne Jesu aussehen: Zuspruch aus Liebe, Gemeinschaft des Geistes (= des Denkens und der Haltung), Zuneigung, Erbarmen, Demut und Eintracht. Das sind die Grundlagen eines christ-lichen Lebens, das v.a. in allen christlichen Gemeinden der Welt ständig berücksichtig und gepflegt werden sollte! „Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen“ (Phil 2, 4) – mein Gott, was wäre die Kirche / Welt anders!

Was Paulus dann anfügt, ist der sogenannte Philipper-Hymnus (oder auch Christus-Hymnus), der nicht von Paulus selbst stammt, sondern älter ist! Er ist ein Text aus der Urgemeinde und ist quasi eine der ersten Bekenntnisformeln (Credo) der ersten Christengemeinden, und Paulus hat ihn in diesen Brief miteingebaut (siehe Gotteslob Nr. 629, 6 oder Altes Gotteslob Nr. 174).

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Philipper:

Liebe Schwestern und Brüder!

„Wenn es also Ermahnung in Christus gibt, Zuspruch aus Liebe, eine Gemeinschaft des Geistes, herzliche Zuneigung und Erbarmen, dann macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, einander in Liebe verbunden, einmütig und einträchtig, dass ihr nichts aus Ehrgeiz und nichts aus Prahlerei tut. Sondern in Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst. Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen. Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht:

Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. 

Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: «Jesus Christus ist der Herr» – zur Ehre Gottes, des Vaters.“

Zum Evangelium (Mt 21, 28-32)

Haben Sie das vielleicht in Ihrer Familie auch schon erlebt? „Bringst Du den Müll nach draußen?“ – „Ja“ – aber passiert ist nichts. Vielleicht gab es aber auch mal das: „Bringst Du den Müll nach draußen?“ – „Nein, nicht schon wieder ich“ – und dann wurde es doch von der Person gemacht.

Was ist da besser: Ja zu sagen und es dann nicht zu tun, oder Nein zu sagen und es dann doch zu tun?

In einem Kinofilm habe ich mal die Aussage gehört: „Was wir im Innern sind, zählt nicht – was wir tun zeigt, wer wir sind“ – ich glaube, das stimmt.

Und Papst Benedikt XVI. hat zu diesem Matthäus-Text gesagt: Es gibt noch einen dritten Sohn, der Ja sagt und Ja tut: Jesus Christus!

Jesus klagt im heutigen Abschnitt aus dem Matthäus-Evangelien die offiziellen Religionsführer an, die sich partout nicht bekehren lassen – im Gegensatz zu den „Sündern“, die die Chance zur Umkehr durch die Taufe des Johannes angenommen haben.

Ja – wenn man sich immer wieder auch seine eigenen Fehler und Unzulänglichkeiten bewusst macht („bereut“!), (nur) dann kann die absolute Vergebungsbereitschaft Gottes Früchte bringen: Umkehr, weil sie notwendig und ermöglicht ist, um mit Gottes Hilfe immer wieder neu anzufangen, um alte Fehler zu überwinden! Reue ist der Schlüssel zur eigenen Umkehr!

Aus dem heiligen Evangelium nach Matthäus:

In jene Zeit sprach Jesus zu den Hohenpriestern und den Ältesten des Volkes:

„Was meint ihr? Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zum ersten und sagte: Mein Sohn, geh und arbeite heute im Weinberg! Er antwortete: Ja, Herr!, ging aber nicht.

Da wandte er sich an den zweiten Sohn und sagte zu ihm dasselbe. Dieser antwortete: Ich will nicht. Später aber reute es ihn und er ging doch.

Wer von den beiden hat den Willen seines Vaters erfüllt? Sie antworteten: Der zweite.

Da sagte Jesus zu ihnen: Amen, das sage ich euch: Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr. Denn Johannes ist gekommen, um euch den Weg der Gerechtigkeit zu zeigen, und ihr habt ihm nicht geglaubt; aber die Zöllner und die Dirnen haben ihm geglaubt. Ihr habt es gesehen und doch habt ihr nicht bereut und ihm nicht geglaubt.“