Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 5. Sonntag der Osterzeit

Datum:
So. 15. Mai 2022
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zum 5. Sonntag der Osterzeit

Zur ersten Lesung (Apg 14, 21b-27)

Paulus hat drei Missionsreisen unternommen, um christliche Gemeinden zu gründen bzw. den Kontakt zu ihnen auch präsent aufrechtzuerhalten. Im heutigen Abschnitt hören wir von Stationen seiner ersten Missionsreise, die er 46/47 n. Chr., also zehn Jahre nach seiner Bekehrung, unternimmt. Seine zweite Missionsreise wird er in den Jahren 49-52 unternehmen, seine dritte 53-57 n. Chr. Seine vierte ist keine Missionsreise mehr, sondern seine Überstellung an die römischen Behörden, da es wegen ihm einen Aufruhr in Jerusalem gegeben hat und vom Kaiser beurteilt werden soll. Die letzten Kapitel der Apostelgeschichte berichten nur davon (vgl. Apg 21, 18 – 28, 31). Wahrscheinlich trifft Paulus 62 n. Chr. in Rom ein und wird evtl. 64 n. Chr. in Zuge der Neronischen Christenverfolgung hingerichtet.

Lesung aus der Apostelgeschichte:

In jenen Tagen „kehrten Paulus und Bárnabas nach Lystra, Ikonion und Antiochia zurück. Sie sprachen den Jüngern Mut zu und ermahnten sie, treu am Glauben fest zu halten; sie sagten: Durch viele Drangsale müssen wir in das Reich Gottes gelangen. In jeder Gemeinde bestellten sie durch Handauflegung Älteste und empfahlen sie mit Gebet und Fasten dem Herrn, an den sie nun glaubten. Nachdem sie durch Pisidien gezogen waren, kamen sie nach Pamphylien, verkündeten in Perge das Wort und gingen dann nach Attalia hinab. Von dort fuhren sie mit dem Schiff nach Antiochia, wo man sie für das Werk, das sie nun vollbracht hatten, der Gnade Gottes empfohlen hatte. Als sie dort angekommen waren, riefen sie die Gemeinde zusammen und berichteten alles, was Gott mit ihnen zusammen getan und dass er den Heiden die Tür zum Glauben geöffnet hatte.“

2. Lesung aus der Offenbarung des Johannes (Offb 21, 1-5a)

Ich, Johannes, „sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr. Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat. Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu.“

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes (Joh 13, 31-33a.34-35):

In jener Zeit, „als Judas hinausgegangen war, sagte Jesus: Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht und Gott ist in ihm verherrlicht. Wenn Gott in ihm verherrlicht ist, wird auch Gott ihn in sich verherrlichen, und er wird ihn bald verherrlichen. Meine Kinder, ich bin nur noch kurze Zeit bei euch. Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.“

Liebe Schwestern und Brüder,

eine Liebesgeschichte hätte es werden sollen, eine Geschichte voller Liebe und echter Hilfsbereitschaft, vom Gefühl zusammenzugehören und sich gegenseitig etwas zu bedeuten, nicht wie bei billigen Kitschromanen oder Fernsehserien, sondern eine echte, dauerhafte Liebesgeschichte. Was das konkret bedeutet, zeigt Jesus seinen Jüngern unmittelbar vor seinem Leiden und Sterben, wir haben es am Gründonnerstag gehört, und das kommt unmittelbar vor der Stelle, die wir gerade gehört haben: Jesus wäscht ihnen die Füße als Zeichen und Auftrag, so zu leben: im Dienst am Nächsten, sich dem Menschen, der mir begegnet, zur Verfügung zu stellen und dadurch glücklich zu werden, wenn es dem anderen gut geht. So hätte sie werden sollen, die Geschichte unserer Kirche. Und was ist daraus geworden? Wenn wir uns die aktuellen Debatten und Skandale unserer Kirche anschauen, sieht´s eher düster aus. Und wenn wir nur einen kleinen Blick in die Kirchengeschichte werfen, wird es nicht unbedingt heller. Generell und aktuell stehen wir in unserer Kirche vor der großen Herausforderung, wie wir den Glauben an Jesus Christus an die kommenden Generationen weitergeben können, wie das tatsächlich funktioniert, dass heutzutage Menschen erkennen, welche Bedeutung die Botschaft Jesu und seine Auferstehung für sie haben kann. Wie schwierig diese Vermittlung ist, weiß jeder von uns durch die Erfahrungen mit sich selbst, in der eigenen Familie, bei Freunden, am Arbeitsplatz und auch innerhalb der Kirche. Und ich vermute, uns ist oft viel zu wenig bewusst, was im einzelnen unseren Glauben geprägt hat und wachsen lässt. Auch darüber müssten wir, glaube ich, mehr ins Gespräch kommen. Aber neben dieser grundsätzlichen Aufgabe tun sich immer wieder spezielle Probleme auf, Missbrauchsskandale, Machtmissbrauch, Konservativismen, die zusätzlich belasten und nach Lösungen drängen. Das ist die eine Seite unserer Kirche, die (rein) menschliche. Es gibt aber noch eine andere. Mein Religionslehrer in der Oberstufe hat das immer wieder gerne betont und sehr ernst gemeint: Wenn es einen Beweis für den Heiligen Geist gibt, dann ist es v.a. der, dass nach 2000 Jahren Kirchengeschichte Menschen immer noch so an Jesus Christus glauben, wie es seine Jünger getan haben. Das ist die andere Seite unserer Kirche: Da gibt es diesen Geist (Gottes), der alles erschaffen hat und erhält, diese kosmische und seelische Energie, die nur eine Richtung kennt und ermöglicht: das Leben und seine Entfaltung, Gemeinschaft und Versöhnung. Wenn wir die Nachfolge Jesu ernstnehmen, dann ist es tatsächlich so, dass wir nie Christen sein können, wir können es immer nur werden in den Momenten, in denen wir so fühlen und denken und handeln wie Jesus. Liebe als Dienst am Nächsten, das ist das einzige, womit unser Glauben erfahrbar wird und dadurch neugierig machen und anstecken kann, in jeder Begegnung. „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt“ (Vers 35)!