Ignatius ist vor allem bekannt durch die sieben Briefe, die er als Gefangener um 110 auf der Reise nach Rom geschrieben hat. Er war Bischof in Antiochia, wurde seines Glaubens wegen verhaftet, nach Rom gebracht, dort zum Tod verurteilt und den wilden Tieren vorgeworfen.
Er lebte in einer so tiefen Verbundenheit mit Gott, dass ihn das Schreckliche, das man ihm antun konnte, nicht erschreckte. Dabei war er nicht gefühllos. Aus seinen Briefen ist die Zärtlichkeit für die zu spüren, die ihm anvertraut waren und am Herzen lagen.
Wir betrachten ein Wort aus dem Römerbrief, ein Wort, das etwas von dem offenlegt, was in ihm lebte und aus was er lebte.
„Meine Liebe ist gekreuzigt und kein Feuer ist in mir, das in der Materie Nahrung sucht; dagegen ist lebendiges und redendes Wasser in mir, das innerlich zu mir sagt: Auf zum Vater!“ (9,2)
Die Kennzeichnung seiner Liebe als gekreuzigte Liebe weist sie als nicht-begehrende Liebe aus. Das Bild dafür: Jesus am Kreuz mit weit ausgespannten Armen. Eine Liebe, die noch im Sterben zur Vergebung bereit ist und keinen Menschen vom Heil ausschließen will.
Die nicht-begehrende Liebe beschreibt Ignatius so: „Kein Feuer ist in mir, das in der Materie Nahrung sucht“. Das Nicht-Begehrende bezieht sich auf das Materielle, das Vergängliche. Die Sehnsucht, sich von Gott beschenken zu las-sen, die ist in Ignatius da. Die Sehnsucht nach Gott bringt Ignatius in dem schönen Wort zum Ausdruck: „Lebendiges und redendes Wasser ist in mir, das innerlich zu mir sagt: Auf zum Vater!“
Das lebendige Wasser, durch das alles heil wird, begegnet uns beim Propheten Ezechiel im 47. Kapitel. Es ist die Vision, wie die Wasser, die aus dem Tempel fließen, also die Wasser Gottes, alles zum Leben erwecken, alles fruchtbar machen. Dann finden wir im 4. Kapitel des Johannes-Evangeliums das Wort, das Jesus zu der Frau am Jacobs-Brunnen sagt: „Das Wasser, das ich einem Menschen gebe, wird ihm zur Quelle eines Wassers, das sprudelt zu unendlichem Leben“ (V.14). Ein Wort, das die Sehnsucht wecken kann, diese Quelle in uns zu spüren, auch zu spüren, dass unser Leben auf ein Ziel ausgerichtet ist: Das Wertvollste, was wir in uns tragen, drängt uns hin zu Gott.
Um die Sprache des in uns redenden Wassers wahrzunehmen, brauchen wir die Offenheit für Gott. Wenn die Sinne besetzt sind durch das Laute, durch das Begehrliche, durch das Haben-wollen, wird die leise, geheimnisvolle Sprache, die von Gott spricht, kaum zu hören sein.
Ein Gedanke scheint mir noch wichtig. Die Worte des Ignatius wie die Worte aus dem Johannes-Evangelium beschreiben unser Leben als Geheimnis. Dabei steht nicht irgendeine Leistung von unserer Seite her im Vordergrund. Es geht vielmehr darum, dass wir hineingenommen sind in das Mysterium Gottes.
Durch die Worte aus dem Ignatius-Brief werden wir auf-merksam darauf gemacht, wie tief dieses Mysterium das Leben eines Menschen prägen kann. Auch unser Leben.
Ich nenne noch einmal das Wort. Es soll in der Stille in uns nachklingen und es soll in uns bleiben. „Lebendiges und redendes Wasser ist in mir, das innerlich zu mir sagt: Auf zum Vater!“
Kurt Sohns