Schmuckband Kreuzgang

Mitverantwortlich; immer wieder neu zu bedenken

Datum:
Do. 27. Juli 2023
Von:
Pfr. em. Kurt Sohns

Den Christen wird vorgeworfen, sie wären mitschuldig an der brutalen Art, mit der die Erde ausgebeutet und zerstört wird, denn sie hätten sich durch das Bibelwort „Macht euch die Erde untertan“ (Gen.1,28) zu einer Unterwerfung der Natur berechtigt gefühlt. Wenn wir heute an unsere Verantwortung für die Schöpfung denken, ist uns das andere Wort, ebenfalls aus den Schöpfungsberichten des Alten Testamentes, näher: „Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte“ (Gen.2,15). Dem entspricht die Aussage in der „gemeinsamen Erklärung des Rates der evangelischen Kirche in Deutschland und der deutschen Bischofskonferenz“ aus dem Jahre 1985: „Der Mensch ist selbst Teil der Schöpfung, seine Verfügungsgewalt ist begrenzt, die Schöpfung ist ihm nicht zur beliebigen Verwertung, Ausbeutung und Ausnutzung überlassen. Er trägt vielmehr Verantwortung für die Mitgeschöpfe, für Tiere, für Pflanzen und die leblose Natur in einem Leben, das er vor Gott führt“.

Die Verantwortung ist verschieden verteilt. Die Verantwortung von Politikern, die darüber entscheiden müssen, mit welchen Waffen die Bundeswehr auszustatten sein soll, ist natürlich extrem hoch. Es wäre verkehrt, wenn wir uns als einzelne in diesen Bereichen nicht als mitverantwortlich erklären würden. Wir werden in Zukunft mehr als bisher dort Widerspruch einlegen müssen, wo die Umwelt in unverantwortlicher Weise geschädigt wird und die Sicherung des Friedens durch eine wahnsinnige Überrüstung bewerkstelligt werden soll. Die Politiker müssen erkennen, dass wir aus Verantwortung gegenüber der Schöpfung Gottes nicht mehr eine Politik mittragen, die die Gefahr einer atomaren Verseuchung unseres Lebensraumes mit sich trägt. Das wird nicht leicht sein.

Die christlichen Kirchen haben hier eine große Verantwortung. Sie müssen eine Bewusstseinsänderung herausfordern und vom Anspruch des Evangeliums her begründen, damit eine evtl. Energieverknappung durch einen weniger materiell-anspruchsvollen Lebensstil beantwortet und akzeptiert werden kann.

Die Verantwortung, die wir haben, wird unseren persönlichen Lebensstil betreffen. Wir werden zu lernen haben, wie wir Antwort geben müssen auf die Probleme, die sich uns, anders als früher, stellen. Zu einer Gewissenserforschung heute gehört die Frage, wie ich meine Verantwortung zur Bewahrung der Schöpfung wahrnehme. Wer aufmerksam durch die Stadt geht, sieht, dass viele Menschen Papier, Essensreste, Zigarettenkippen, alles was sie loswerden wollen, auf die Straße werfen und Eltern ihren Kindern ein schlechtes Vorbild sind. Wir werden darauf aufmerksam gemacht, dass der Stromverbrauch, der Wasserverbrauch, der Benzinverbrauch gewissenhaft entschieden werden muss und dass sich nicht nur die Frage stellt, ob ich den Verbrauch bezahlen kann. Das erklärt, warum wichtige Einsichten bei uns noch zu wenig selbstverständlich sind. Wir müssen aber zu diesen Einsichten und damit zu einer Horizonterweiterung und zu einer Kehrtwendung kommen. „Der Beitrag der Christen zur Bewältigung der ökologischen Probleme“, so heißt es in dem schon zitierten ökumenischen Dokument, „besteht vor allem darin, jenes neue Denken anzustoßen, das zu einem sensiblen Verhältnis der Menschheit zur Welt, Ge-schichte und der Natur führt… Die Wiederentdeckung der Welt als kreatürlich bewohnte und benutzte Schöpfung Gottes sowie als Mitkreatur, steht uns eigentlich noch bevor“. Jeder Schritt zu dieser Entdeckung bereichert alle, die ihn tun, und lädt ein, diesen Weg mitzugehen.


Kurt Sohns