Papst Franziskus hat 2020 eine Enzyklika geschrieben mit dem Namen „Fratelli tutti“. Es geht ihm um die Geschwisterlichkeit und die soziale Freundschaft. Er ist überzeugt, dass in unserer Welt die Erkenntnis zunehmen muss: Nicht nur auf den kleinen Kreis soll sich unsere Sorge beziehen.
Wenn wir in den Nachrichten hören, wie viele Menschen heute auf der Flucht sind, weil sie nur durch eine Flucht ihr Leben zu retten versuchen, dann spüren wir, dass ihnen die Flucht nicht verweigert werden darf. Auf jeden Fall darf es nicht geschehen, dass Hass entsteht. Wo wir ihm begegnen, müssen wir ihn, so gut wir es können, überwinden.
Solidarität hat im Leben Jesu eine große Rolle gespielt. Er sagt dazu das Wort: „Ihr seid das Licht der Welt. So erstrahle euer Licht vor den Menschen, auf dass sie sehen eure guten Taten und verherrlichen euren Vater im Himmel“ (Mt 5,14-16). Zurzeit sieht es leider so aus: Mehr verlassen die Kirche, als dass sie dazu kommen. Sie haben kein Vertrauen mehr, weil sie darüber informiert wurden und werden, dass erschreckend viele Priester ihr Hirtenamt nicht ausübten, sondern Kinder, die von Priestern sexuell missbraucht wurden, in ihrer Not allein ließen, auch Bischöfe ihr Hirtenamt nicht ausübten im Verschweigen dieser Verbrechen.
Das Verkehrteste für uns wäre es, hoffnungslos zu sagen, mit der Kirche sei es jetzt aus.
Mit den Worten Jesu, wenn zwei oder drei auf seinen Namen hin zusammen sind, sei er in ihrer Mitte, hat Jesus zur Hoffnung ermutigt. Gerade die politischen Führer, die das Volk für sich zu gewinnen suchen, was oft bedeutet, es in die Irre zu führen, rufen oder zwingen die Massen, sich zu ihnen zu bekennen. Günter Eich warnt davor: „Seid misstrauisch gegen ihre Macht, die sie vorgeben, für euch erwerben zu müssen! Wacht darüber, dass eure Herzen nicht leer sind, wenn mit der Leere eurer Herzen gerechnet wird!“ Ob Donald Trump den Satz von Dorothee Sölle kennt: „Je geistloser ein Satz ist, desto mehr Leute können sich kostenlos auf ihn einigen?"
Das Erfolgs-Rezept Jesu ist das nicht. Er will, wie er es vor Pilatus bekannt hat, für die Wahrheit zeugen. „Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört meine Stimme“ (Joh 18,37).
Wer sich ehrlich zu Jesus bekennt, folgt seiner Spur. Es ist der Pfad der Wenigen. Diese Wenigen dürfen darauf ver-trauen, dass er ihren Weg mitgeht. Eine der wertvollsten biblischen Oster-Erzählungen deuten dieses Mitgehen Jesu (Lk 24,13-35). Es ist die Emmaus-Geschichte mit der Bitte der Jünger: „Bleib mit uns!“ Sie ist als Lied im Gotteslob zu finden: „Bleibe bei uns, du Wandrer durch die Zeit“ (GL 325). Jesus geht mit den Zwei, die mit ihrer Hoffnung am Ende sind. Im Gespräch mit ihm, im Hinführen zum Verständnis der Schrift geschieht, was die Jünger später miteinander erinnern: „Brannte nicht unser Herz in uns, als er auf dem Weg mit uns redete, als er uns die Schriften erschloss?“
Dass ist eine Erfahrung, die auch uns heute nicht verschlossen ist. Der Theologe Hans Urs von Balthasar bestätigt das, wenn er schreibt, „Ich weiß nicht, ob man vor einem lebendigen Wort Jesu Christi wirklich nichts vom ewigen Leben verspüren kann“. Petrus hat diese Erfahrung gemacht. Als es im Kreis der Jünger darum ging: Bleiben wir bei Jesus oder trennen wir uns von ihm? – hat Petrus das entscheidende Wort gesprochen: „Herr, zu wem sollten wir gehen? Worte unendlichen Lebens hast du“ (Joh 6,68).
Wenn heute in den Gemeinden die Zahl derer, die zu den Gottesdiensten kommen, kleiner wird, müssen wir nicht resignieren. Wir dürfen auf die kleine Zahl „Zwei oder Drei“ vertrauen, wenn wir auf seinen Namen hin versammelt sind.
Kurt Sohns