Schmuckband Rad
Trappist (c) pixabay.com

Von Menschen und Göttern

Trappist
Datum:
Fr. 13. Sep. 2019
Von:
Rochus Wiedemann

Ein beeindruckender Film über Entscheidungen, Konflikte, Solidarität und Radikalismus

Der 2010 in die Kino gekommene Film von Xavier Beauvois schenkt einen Einblick in ein Trappisten-Kloster in Algerien in stürmischen Zeiten und bezeugt das Ringen um Sicherheit, Solidarität, Glauben und Verantwortung - basierend auf einer wahren Begebenheit zu Beginn der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts.

Im Kloster Notre-Dame de l'Atlas in Tibhirine im Atlas-Gebirge von Algerien leben neun Trappisten-Mönche inmitten von muslimischen Einwohnern. Die Dorfbewohner kommen zu Bruder Luc, dem Arzt, führen Gespräche mit den Mönchen und lassen sich bei Behördengängen helfen. Als radikale Islamisten alle Ausländer, auch die französischen Mönche, zum Verlassen des Landes auffordern und mehrere kroa­tische Arbeiter umbringen, müssen die Mönche entscheiden, ob sie gehen oder bleiben. Sie ringen um eine Entscheidung und lehnen den von der Militärbehörde angebotenen bewaffneten Schutz des Klosters ab. Der Wunsch nach Sicherheit muss mit jenem nach Solidarität mit der einheimischen Bevölkerung abgewogen werden.

Am Weihnachtstag tauchen nachts islamistische Kämpfer auf und verlan­gen, dass Bruder Luc den verletzten Kameraden medizinisch versorgt und fordern erneut, dass die Mönche das Land verlassen. Dann ziehen sie wieder ab und die Lage spitzt sich zu. Kurz vor Ostern überfallen die islamistischen Kämpfer das Kloster und verschleppen sieben Mönche ins Atlas-Gebirge, wo sich deren Spur dann vollkommen verliert. Zwei Mönche können sich verstecken und kehren dann nach Frankreich zurück.

Zum Film

Man hat immer eine Wahl zwischen dem leichteren und dem schwereren Weg.Der Regisseur versucht mit statischen Kamera-Perspektiven die Architektur des Klo­sters und letztlich die Kreuzform nachzuvollziehen und lässt nur außerhalb des Klosters mehr Spielräume für die Kamera. So entstehen Gegensätze, die Spannung aufbauen.

Die scheinbar einfache Lösung schlägt sich auf eine Seite zwischen den eigenen Sympathien und Aversionen, zwischen harmonischem Idyll und bedrohlicher Störung zwischen einfühlsamer Kommunikation und rücksichtslosen Unterwerfungsbemühun­gen.

 

Impulse

Welchen Preis bist du bereit zu zahlen für deine Überzeugungen und für die Menschen, die ihr Vertrauen auf dich setzen?

Kann ein gewaltsamer Tod Sinn und Würde haben oder nur den tragischen Beigeschmack von Vorhersehbarkeit und Wirkungslosigkeit?

Liegt die Wirkung eines Martyriums im Ermessen der Märtyrer oder in den Schlussfolgerungen der Rezipienten? Bei letzterem entscheidest du (mit), ob wir diesen Tod als Martyrium gelten lassen – und vor allem: wofür.

Gewalt dient der Reduktion von Wahlmöglichkeiten. Das gilt auch für überwältigende Filme und andere Medienereignisse. Eröffnet oder reduziert dieser Film Wahlmöglichkeiten in der Wahrnehmung und Beurteilung der geschilderten Ereignisse (in Algerien und im Weltgeschehen)?

Was macht den Unterschied aus zwischen einem christlichen Martyrium und einem dschihadistischen „Martyrium" als Selbstmordattentat?

Noch mehr

Das Testament von Pater Christian de Cherge, dem Prior der Gemeinschaft, hat ein Testament verfasst, in dem er sein Ringen um Glauben und Verantwortung für die anderen Mönche, die Gemeinschaft wie die Menschen der Umgebung des Klosters darlegt. Sehr lesenswert!

Hintergründe zum Film, Interviews mit Regisseur und Darstellern gibt es auf kultiversum.de

Zum Filmtrailer