Schmuckband Kreuzgang

Ostern 2020 - Gruß der Hauptamtlichen

Datum:
Sa. 11. Apr. 2020
Von:
Pfarrer Ulrich Jung

Tod und Auferstehung in Zeiten von "Corona"

Christen feiern in diesen Tagen das zentrale Ereignis ihres Glaubens: den Tod und die Auferstehung Jesu Christi. Dieses Jahr müssen wir dies ganz anders als sonst tun – unter dem Zeichen von „Corona“: Keine öffentlichen Gottesdienste,  kein Kreuzweg, kein Osterfeuer und kein Osterfrühstück,  keine Zusammenkünfte in Gruppen, kein festliches Osteressen im Restaurant, keine gemeinsamen Osterausflüge in die blühende Natur…

Ostern wird sich nur sehr verhalten, sehr privat, sehr eingeschränkt begehen lassen. Dass ausgerechnet das höchste und wichtigste Fest der Christenheit in diesem Jahr so  „gefeiert“ werden muss, tut sehr weh.

Vielleicht kann aber diese unfreiwillige Ruhezeit, dieser Stillstand im gesellschaftlichen Leben, diese Verlangsamung in allen Lebensbereichen den Blick auf den eigentlichen Sinn von Karfreitag und  Ostern wieder klarer machen: Was feiern wir da eigentlich?

Wir denken in der Karwoche und besonders am Karfreitag an  einen Menschen, der Anfang April des Jahres 30 (also vor 1990 Jahren) freiwillig, bewusst und voller Liebe  einen extrem brutalen Leidensweg gegangen ist: von seinen engsten Freunden im Stich gelassen, von einem opportunistischen römischen Beamten einer fanatischen Menge ausgeliefert, von Soldaten mit einer Dornenkrone gefoltert (lateinisch heißt dieser Dornenkranz übrigens Corona de spinis…).

Wir denken an einen Menschen, der mit Riemen blutig geschlagen wurde, einen schweren Holzbalken zur Stadt hinaus schleppen musste und schließlich nackt ans Kreuz genagelt wurde, ein Schauspiel von widerwärtiger Grausamkeit:  ausgelacht, verhöhnt,  gequält, erniedrigt,  wie der letzte Dreck behandelt – wie vor ihm und nach ihm unzählige Menschen, die Opfer ihrer unbarmherzigen Mitmenschen wurden…

Wir denken daran, dass dieser Mensch sich von Gott, der für ihn sein Ein und Alles war, total verlassen fühlte und dennoch sagen konnte: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23, 34).

Und wir feiern an Ostern, dass Gott ihn bestätigt hat, dass er ihn nicht im Grab gelassen hat, dass er ihn auferweckt hat zu einem neuen unzerstörbaren Leben. Wir feiern die unbegreifliche Liebe Gottes, die stärker ist als Hass und Gewalt, ja sogar stärker als der Tod!

Gott bestätigt nicht die Täter, sondern die Opfer.

Gott bestätigt nicht die Machtmenschen, Mörder, Folterer, Ausbeuter, Diktatoren und Gewalttäter, sondern die Schwachen, Macht- und Hilflosen, die „Kleinen“, „Unbedeutenden“ und lächerlich Gemachten. Er bestätigt nicht die, die oben auf dem Sockel stehen, sondern die unten im Dreck liegen (vgl. Lukas 1, 51-53).

In dem Schicksal des Jesus von Nazareth, in seinem Tod und seiner Auferstehung bestätigt Gott ein für alle Mal, dass er unter allen Umständen das Leben will, ganz besonders für die, deren Leben von anderen kaputtgemacht wird.

Vielleicht kann uns diese Liebe in diesen Zeiten doch mehr berühren als sonst: in Corona-Zeiten, in denen vieles scheinbar Selbstverständliche zusammenbricht. „Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung“ – weil das Kreuz die Liebe Gottes zeigt für alle, die sich auf diesen Gott einlassen.

Ein herzliches „Danke“ an diesem Osterfest an alle, die sich von der Liebe berühren lassen: die unter eigener Lebensgefahr Kranke und Alte pflegen, die die Grundversorgung aufrechterhalten, die sich freiwillig melden, um anderen beizustehen, die Kontakt halten, auch wenn räumlicher Abstand sein muss, die solidarisch sind: sie haben etwas von Ostern verstanden…

Ein gesegnetes, nachdenkliches und doch frohes Osterfest 2020 wünschen Ihnen aus der Gemeinde St. Marien Drais-Lerchenberg Ihre

Pfarrer Ulrich Jung       Anja Becker       Marlene Hang      Barbara Koziol