Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zu "Taufe des Herrn"

Datum:
Sa. 9. Jan. 2021
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Wort zu "Taufe des Herrn"

Liebe Schwestern und Brüder,

unsere Kirche feiert das Erscheinen Gottes in dieser Welt (= griech. Epiphanie) durch und in Jesus von Nazareth mit drei signifikanten Ereignissen seines Lebens: seiner Geburt, der Anbetung der Weisen (06.01.) und seiner Taufe (am Sonntag nach Dreikönig). Seit der Liturgiereform im Zuge des II. Vatikanischen Konzils (1962-65) endet damit der sogenannte Weihnachtsfestkreis, davor ging er bis zu Maria Lichtmess (02.02., weswegen in vielen Kirchen die Krippen auch heutzutage noch bis zu diesem Datum stehen bleiben).

Wenn uns das wundert, dass Jesus sich taufen lässt, dann gehen wir wahrscheinlich zu sehr von dem nachösterlichen Verständnis und der Überzeugung aus, dass er der Sohn Gottes ist und es deswegen kaum nötig hatte, sich als Zeichen der Umkehr und Buße von Johannes dem Täufer taufen zu lassen. Das negiert aber die lebensgeschichtlichen und politischen Umstände seines Lebens: Es war damals eine sehr dramatische Zeit, vieles war im Umbruch, es gab seit Jahrzehnten die Unterdrückung durch die römische Fremdherrschaft, die eigenen religiösen Parteien waren zerstritten, jeder wusste vermeintlich besser, wie es „besser“ zu gehen hatte und wertete den anderen ab (da sich so etwas bis heute erhalten hat, scheint es eine prinzipielle Falle der Menschen zu sein), der Ruf nach Freiheit (leider nicht nach Erlösung) wurde immer lauter.

Und dann taucht dieser Johannes auf, um die Menschen zur Umkehr zu bewegen, damit sie dem drohenden Zorngericht Gottes entgehen, denn das erwartete er. Jesus hat natürlich all diese Dinge miterlebt und auch sie werden ihn geprägt haben, nicht nur Maria durch ihren Glauben (vgl. v.a. Lk 2, 46-55), ihre Frömmigkeit, ihre Demut und ihr absolutes Vertrauen in Gott (vgl. Lk 2, 38), ebenso wie Josef durch seinen Glauben, seine Frömmigkeit, Demut und Vertrauen in Gott (vgl. Mt 1, 19.24). Auch sein Beruf als Zimmermann wird seine Wirkung auf ihn gehabt haben (es ist schon immer wieder wichtig zu sehen, dass der Mensch, von dem wir glauben, dass er der Sohn Gottes ist, den größten Teil seines Lebens Stühle und Tische hergestellt hat) – wird ihm auch deswegen Tischgemeinschaft so wichtig geworden sein (vgl. u.a. Mk 14, 3; Mt 26, 20; Lk 5, 29; 7, 36; 22, 27.30)?

Mit all dem, was das Leben Jesu bestimmt und geprägt hat, hat er doch immer mehr gemerkt, dass da irgendetwas in ihm ist, das er noch tun soll, eine Kraft, ein Glaube, eine Bestimmung, ein Auftrag, der ihn noch etwas ganz anderes werden lassen will und woanders hinführt, weg von zu Hause.

Jesus muss auch von Johannes dem Täufer gehört haben, diesem eher strengen und seltsamen Mann, der in der Wüste von dem lebt, was er dort findet, zu dem aber die Leute strömen, vor allem die, die auf der Suche sind nach einem anderen Leben, die Hoffnung und Gott suchen. Und so wird diese Taufe von Johannes für Jesus das Zeichen für seinen neuen und wichtigsten Lebensabschnitt. Durch diese Taufe wird Jesus endgültig klar, welchen Auftrag er hat: den Armen zu verkünden, dass für Gott nur das zählt, was jemand von Herzen tut, den Gefangenen zu vermitteln, dass die wahre Freiheit darin besteht, zu lieben, und die Trauernden zu trösten, weil die Menschen, die sie verloren haben, bei Gott weiterleben und auf sie warten.

Liebe Schwestern und Brüder, wie immer liegt es an uns, ob wir uns auf diese Botschaft und Lebensüberzeugung Jesu einlassen, d.h. sie in unserem Leben wirken lassen, damit sie dadurch auf andere wirken kann: dass (für Gott) nur das zählt, was wir von Herzen tun, dass die wahre Freiheit bedeutet, zu lieben, und dass Gott im Tod alles aufwiegt, was an Liebe gefehlt hat. Damit startet Jesus in sein „neues“ Leben – und daher steht dies auch am Übergang zur „Zeit im Jahreskreis“, die morgen beginnt, in der wir dann in jedem Gottesdienst die unterschiedlichen Begebenheiten und Botschaften Jesu hören, um unser Leben in diesem Licht tiefer zu verstehen und uns gemäß unserer eigentlichen (göttlichen) Bestimmung zu denken und zu verhalten, nämlich als Gottes geliebte Kinder, an denen er Gefallen gefunden hat (vgl. Mk 1, 11). Das ist die Bestimmung und der Auftrag, der uns allen durch unsere Taufe zugesprochen ist: Da wir so von Gott geliebt sind, können und sollen wir diese Liebe an andere weitergeben! Wir sind eingeladen, in den kommenden Wochen dieses Jahres genau hinzuschauen und zu reflektieren, wo uns dann gelingt, und wo und warum nicht, und uns durch das Leben Jesu und seinen Heiligen Geist Rat, Unterstützung und Kraft zu holen, uns als „Kinder Gottes“ weiter zu entwickeln.