Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zu Weihnachten 2021

Datum:
Sa. 25. Dez. 2021
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zu Weihnachten 2021

Liebe Schwestern und Brüder,

kaum zu fassen, wie sehr und wie lange diese Pandemie unser Leben schon prägt, oder?

Inzidenzen und Todeszahlen sind unsere täglichen Begleiter geworden, Impfen, Corona-Regeln und die

entsprechenden politischen und gesellschaftlichen Debatten gehören mittlerweile zu unserem Alltag.

Viele sind verunsichert, viele sind müde und am Ende ihrer Kräfte, nicht nur in den Kliniken

und Altenheimen, sondern auch in den Familien, und die vielen Alleinstehenden.

Und niemand weiß, wie es weitergehen wird. Wann wird die Pandemie endlich vorbei sein?

Wie viele Wellen kommen noch? Wie stark wird die fünfte werden?

Erwarten uns vielleicht noch viel gefährlichere Mutationen? –

Bei all diesen Sorgen ist eine Frage, finde ich, ebenso wichtig:

Wie steht es dabei mit dem, was uns grundsätzlich, aber gerade in schwierigen Zeiten über Wasser hält:

Gemeinschaft und Hoffnung? – Und da hinein feiern wir Weihnachten.

Irgendwie unpassend – oder gerade nicht? Wenn wir uns unsere Traditionen anschauen,

die sich gerade um Advent und Weihnachten im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haben,

dann scheint es nicht zu passen: Kerzen, Plätzchen, Lieder und Gedichte, Deko und Gemütlichkeit. –

Haben Sie zu Hause eine Krippe, die unterm oder neben dem Weihnachtsbaum steht?

Wenn Sie die betrachten, hat es bei Ihnen schon mal Unbehagen oder Frösteln ausgelöst

dieser zugige Stall mit Stroh auf der Erde? Bei mir noch nie. Soll es sicher auch nicht.

Die Traditionen und Symbole für Advent und Weihnachten haben ja zutiefst etwas

mit unseren Sehnsüchten und Hoffnungen zu tun. Aber vielleicht hören wir in dieser Zeit der Pandemie

bei der Weihnachtsgeschichte anders, eventuell genauer hin, denn sie ist – bei allem Wunder –

eine Geschichte, die gerade nicht die Welt und das Leben schönredet.

Alle Beteiligten, die sich Tat-sächlich auf diesen Gott einlassen,

der Menschen immer schon begleiten will, der immer schon am meisten Kraft geben will für Freiheit,

für Solidarität und Neuanfang, dieser Gott stört!

Er stört das Gängige, er stört den Mainstream und die Gleichgültigkeit, die Ignoranz und vor allem den

Egoismus. Ein Gott, dessen Wesen Gemeinschaft ist, der kann nichts anderes wollen als Gemeinschaft. –

Klingt gut, aber das hat seinen Preis, wenn wir uns wirklich darauf einlassen,

wenn wir da mitmachen wollen. Denn dann geht es eben nicht mehr nur um die Gemeinschaften,

die wir selber schön finden und pflegen, sondern gerade auch um andere: Mit denen, die wir nicht kennen

oder mögen, die Unbekannten, die uns täglich begegnen und vielleicht unsere Hilfe brauchen,

auch die im Fernsehen, und die Bekannten, mit denen wir uns schwertun.

Im Sinne Gottes soll Gemeinschaft nie etwas Exklusives sein,

sondern immer ein kostbarer Ausgangspunkt, unser Herz zu weiten für andere Menschen,

und dem, was wir mit denen vielleicht auch teilen könnten und müssten.

Genau das zeigt uns jedes Jahr wieder die Geschichte von Weihnachten: Da lassen sich Menschen radikal

auf etwas ein, was sie gar nicht wirklich verstehen oder abschätzen können,

was aber ihr Herz erfüllt und sie spüren, dass es richtig ist, weil es über sie hinausgeht!

Da geht es eben nicht mehr um persönliche Belange und Pläne,

um individuelle Bedürfnisse und Entwürfe, auch nicht um eigene Bedenken und Vorbehalte,

hier stellen sich Menschen buchstäblich in den Dienst Gottes, stellen sich zur Verfügung,

damit durch sie Heil wirken kann. – Und auf der anderen Seite – und dadurch eben nicht mehr

auf der anderen Seite“ ist da ein Gott, der dadurch, durch Mensch zu Mensch in diese Welt kommt,

der selbst Menschengestalt annimmt, um es zu zeigen, um es zu leben, auch um es zu erleiden

und bis zuletzt dem treu zu bleiben: dass Liebe und Gemeinschaft die Erfüllung des Menschen sind,

auch über unseren eigenen Tellerrand hinaus!

Wenn Sie so wollen und wenn ich das in diesem Jahr so sagen darf, dann ist Weihnachten

die „Impfung Gottes“! Hoffentlich ist dieser Ausdruck für Sie nicht zu sehr besetzt,

denn es stimmt tatsächlich: Gott möchte uns impfen!

Und was steht auf der Impfspritze? Jesus Christus. Und welche Inhaltsstoffe hat seine Impfung?

Solidarität, Barmherzigkeit und Hoffnung! Eigentlich sein ganzes Leben, aber diese drei

sind die wichtigsten Botenstoffe. Und die können und wollen in uns Antikörper generieren

gegen „böse Erreger“ – und was böse ist, das wissen wir alle.

Die Worte Jesu und die Feier der Eucharistie sind dann sozusagen unsere Booster-Impfungen,

um unsere Abwehrkräfte aufzufrischen. Vielleicht ist es nicht verkehrt oder übertrieben,

dieses Weihnachten auch auf dem Hintergrund der Corona-Pandemie zu deuten.

Auf jeden Fall ist und bleibt die wichtigste Botschaft von Weihnachten:

Das Heilige und das Heil sind dort zu finden, wo Menschen sich der Liebe Gottes zur Verfügung stellen.

Das feiern wir heute, damit es unser Leben, gerade auch in schwierigen Zeit, überstrahlt.