Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 1. Fastensonntag im Jahreskreis 2022

Datum:
So. 6. März 2022
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zum 1. Fastensonntag im Jahreskreis

Zur 1. Lesung (Dtn 26, 4-10)

Die erste Lesung scheint auf den ersten Blick nicht zum heutigen Evangelium zu passen, es geht jedoch in beiden Texten um die Treue zu Gott!

Lesung aus dem Buch Deuteronómium:

In jenen Tagen sprach Mose zum Volk: Wenn du die ersten Erträge von den Früchten des Landes darbringst, „dann soll der Priester den Korb aus deiner Hand entgegennehmen und ihn vor den Altar des Herrn, deines Gottes, stellen. Du aber sollst vor dem Herrn, deinem Gott, folgendes Bekenntnis ablegen: Mein Vater war ein heimatloser Aramäer. Er zog nach Ägypten, lebte dort als Fremder mit wenigen Leuten und wurde dort zu einem großen, mächtigen und zahlreichen Volk. Die Ägypter behandelten uns schlecht, machten uns rechtlos und legten uns harte Fronarbeit auf. Wir schrien zum Herrn, dem Gott unserer Väter, und der Herr hörte unser Schreien und sah unsere Rechtlosigkeit, unsere Arbeitslast und unsere Bedrängnis. Der Herr führte uns mit starker Hand und hoch erhobenem Arm, unter großem Schrecken, unter Zeichen und Wundern aus Ägypten, er brachte uns an diese Stätte und gab uns dieses Land, ein Land, in dem Milch und Honig fließen. Und siehe, nun bringe ich hier die ersten Erträge von den Früchten des Landes, das du mir gegeben hast, Herr. Wenn du den Korb vor den Herrn, deinen Gott, gestellt hast, sollst du dich vor dem Herrn, deinem Gott, niederwerfen.“

Zur 2. Lesung (Röm 10, 8-13)

In dem folgenden Abschnitt aus dem Römerbrief spricht Paulus von „Rettung“ – was ist die „Rettung“ für die, die an Christus glauben? Allein aus dem Glauben (dass Jesus der Messias ist), der Hoffnung (auf das ewige Leben) und aus der Liebe (zu Gott und zu den Menschen) zu leben!

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer:

Liebe Schwestern und Brüder! „Was sagt die Schrift? Das Wort ist dir nahe, es ist in deinem Mund und in deinem Herzen. Gemeint ist das Wort des Glaubens, das wir verkündigen; denn wenn du mit deinem Mund bekennst: «Jesus ist der Herr» und in deinem Herzen glaubst: «Gott hat ihn von den Toten auferweckt», so wirst du gerettet werden. Wer mit dem Herzen glaubt und mit dem Mund bekennt, wird Gerechtigkeit und Heil erlangen. Denn die Schrift sagt: Wer an ihn glaubt, wird nicht zugrunde gehen. Darin gibt es keinen Unterschied zwischen Juden und Griechen. Alle haben denselben Herrn; aus seinem Reichtum beschenkt er alle, die ihn anrufen. Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden.“

Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas (Lk 4, 1-13)

In jener Zeit „verließ Jesus, erfüllt vom Heiligen Geist, die Jordangegend. Darauf führte ihn der Geist vierzig Tage lang in der Wüste umher, und dabei wurde Jesus vom Teufel in Versuchung geführt. Die ganze Zeit über aß er nichts; als aber die vierzig Tage vorüber waren, hatte er Hunger. Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden. Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot. Da führte ihn der Teufel (auf einen Berg) hinauf und zeigte ihm in einem einzigen Augenblick alle Reiche der Erde. Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen und ich gebe sie, wem ich will. Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören. Jesus antwortete ihm: In der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen. Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich zu behüten; und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. Da antwortete ihm Jesus: Die Schrift sagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen. Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel für eine gewisse Zeit von ihm ab.“

Liebe Schwestern und Brüder, überlegen Sie bitte einmal kurz, wie sich das Wort Versuchung für Sie anhört? Welchen Beigeschmack hat es für Sie? Ich fand immer, dass es dabei irgendwie um etwas Verbotenes geht, aber es klingt auch nach etwas Verlockendem, nach etwas, das mich zieht und was es lohnt, dem zu erliegen. Auch in der Werbung hat das Thema Versuchung eine wichtige Bedeutung, ich erinnere mich da an den Werbeslogan eines Schokoladenherstellers. Es hat etwas davon, von Verbotenem zu naschen, obwohl man es nicht darf. Das ist womöglich der Reiz dabei und genau da liegt die große Gefahr, denn das kann so etwas bekommen wie: „Ist doch nicht so schlimm, hat doch keiner gesehen“. Ich glaube, dass wir in unserem Alltag ständig irgendwelchen Versuchungen ausgesetzt sind und vielleicht fallen uns die deswegen oft gar nicht mehr so auf. Aber eigentlich sind die jedes Mal ein Spiegel dafür, wie belastbar, wie stark und widerstandsfähig wir sind, wie sehr wir uns nach etwas richten und Grundsätzen treu bleiben. Wenn man genau hinsieht, dann ist eine Versuchung ein erbarmungsloser Vorgang, in dem der Schwachpunkt eines Menschen ans Licht kommt. Ich fand das immer zutiefst tröstlich und ermutigend, gerade auch am Anfang der Fastenzeit von den Versuchungen Jesu zu hören. Also auch da sind wir mit ihm in bester Gesellschaft. Und ich glaube, in diesen Versuchungen Jesu können wir fast alle, die es sonst noch so gibt, zusammenfassen: An erster Stelle steht das Satt-Sein, d.h. In-allen-Bedürfnissen-befriedigt-Sein: Essen und trinken, was einem schmeckt, Sexualität, vor dem Fernseher abhängen und alles am liebsten gleich, ohne Aufschub – denn wer möchte denn schon Hunger, Lust oder Stille aushalten? – Das zweite ist, Macht zu haben: „Nicht ich will für dich da sein, sondern du machst, was ich will, ich sage hier, wo`s langgeht!“ – denn wer möchte denn nicht lieber auf dem Thron sitzen als anderen die Füße waschen? – Das dritte ist ein bisschen komplizierter, aber ich glaube, das gibt es auch bei Menschen ohne einen tieferen Glauben: das Gefühl, das das Leben unverletzbar ist, nach dem Motto: „Mir passiert das schon nicht“. Vielleicht kennen Sie das auch, dieses unbestimmte Gefühl, mir passiert schon nichts, und im Zusammenhang mit Glauben: Gott lässt das schon nicht zu. Nein – dafür ist er nicht da! In den Versuchungen Jesu wird ganz deutlich, was die Gefahr einer jeden Versuchung bei uns ist: Sie will uns von dem wegbringen, wie wir besser (!) sein sollen, sie ist (eigentlich) der Widersacher unserer Freiheit. Das hört sich vielleicht viel zu dramatisch an, wenn es nur um ein Stückchen Schokolade geht, aber ich glaube, es stimmt. Eigentlich ist jede Versuchung eine Herausforderung oder ein Spiegel unseres Glaubens: Worauf vertraue ich wirklich? Welchen Weg will ich tatsächlich gehen? Will ich Veränderung – zum Besseren hin? Bleibe ich dem treu, was ich als guten Weg für mich erkannt habe? – Liebe Schwestern und Brüder, in der Fastenzeit bereiten wir uns auf das Fest unseres Glaubens vor, das sich dadurch ereignet hat, weil Jesus seinem Weg und seiner Bestimmung, weil er Gott treu geblieben ist und sich allein auf ihn verlassen hat. Damit konnte er allen Verlockungen und Versuchungen widerstehen, allem, was ihm allein irdisches Glück verheißen wollte. Wir wissen, und der Schluss des Evangeliums heute sagt es ganz deutlich, dass Jesus immer wieder Versuchungen erlebt hat. Eine Szene kennen Sie auch, in der Petrus zum Versucher wird, weil er Jesus davor bewahren will, zu leiden und zu sterben, und der entgegnet ihm: „Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen“ (Mt 16, 23). Wenn wir wollen, können wir uns gerade in der Fastenzeit mehr Zeit für die Antworten der Fragen nehmen: Was sind meine Versuchungen / Verlockungen? Was brauche ich, um diesen nicht (mehr / so oft) zu erliegen? Und was würde das für meine weitere (alltägliche) Entwicklung bedeuten, wenn mir das gelänge?