Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 11. Sonntag im Jahreskreis 2021

Datum:
Sa. 12. Juni 2021
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zum 11. Sonntag im Jahreskreis 2021

Zur 1. Lesung (Ez 17, 22-24)

Der Prophet Ezéchiel lebt zur Zeit der tiefsten Krise des Volkes Israel (in vorchristlicher Zeit), und zwar während der sog. Babylonischen Gefangenschaft, 587-539 v. Chr.. Der babylonische König Nebukadnezar II. erobert 597 v. Chr. das Königreich Juda mit seiner Hauptstadt Jerusalem und beginnt danach mit der Verschleppung der jüdischen Oberschicht nach Babylon. 587 v. Chr. erfolgt die zweite (größere) Welle der Verschleppung und Jerusalem wird zerstört. 539 v. Chr. endet die Exilierung und die Juden können in ihre Heimat zurück, als der Perserkönig Kyrus II. wiederum Babylon erobert und die Juden freigibt.

Interessanterweise führt das jüdische Exil nicht dazu, dass die Juden ihren (Glauben an ihren) Gott aufgeben, was bei anderen besiegten Völkern durchaus der Fall war, hatte sich doch (vermeintlich) der Gott der Sieger als mächtiger erwiesen als der Gott des besiegten Volkes. Der jüdische Glaube wird durch das Exil noch verstärkt, zum einen durch das Festhalten an entsprechenden Prophezeiungen, dass Jahwe sein Volk (und seine Stadt Jerusalem) wieder aufrichten wird, zum anderen werden Identifikationsmerkmale verstärkt (v.a. Beschneidung und Sabbatgebot). In genau diesem Sinne der läuternden Deutung der erlebten Niederlage und Schmach des Exils und der bevorstehenden Heilung und Rettung des Volkes durch Gott prophezeit Ezéchiel.

In dem heutigen Abschnitt hören wir davon, dass Gott den Wipfel einer hohen Zeder neu einpflanzt, der wiederum zu einem mächtigen, hohen Baum wird, auf einem „aufragenden Berg“ (Vers 22b), womit Jerusalem gemeint ist. Obwohl die Zeder in Israel nicht vorkommt, sondern im Libanon (da ist sie bis heute im Staatswappen), gilt sie (auch in Israel) als schönster und mächtigster Baum und daher als Sinnbild für Macht. Sie wächst sehr langsam, wird aber sehr hoch (über 30 m) und sehr alt. Nach 1 Kön 6, 9f baut König Salomo den Tempel in Jerusalem aus Zedernholz. Gott ist es also, der „seinem“ Volk einen langsamen, aber machtvollen Neubeginn verschafft und – interessanterweise – für die Umkehrung der profanen Verhältnisse und Maßstäbe sorgt: Er macht den hohen Baum niedrig, den niedrigen hoch (vgl. das Magnifikat Mariens, Lk 1, 46b-55: „… er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen“ (Vers 52)!

Weltweit sind aktuell 79, 5 Millionen Menschen auf der Flucht – die bisher höchste Zahl! 53% der Flüchtenden sind Kinder! Die Ursachen sind v.a. Krieg, Gewalt, Verfolgung und Klimakatastrophen (Orkane, Überflutungen, Dürre). 45 Millionen der Flüchtlinge sind Binnenvertriebene, d.h. sie überqueren die Grenzen ihres Landes nicht, so z.B. im Irak, Jemen, Kongo, Somalia, Südsudan, Syrien, obwohl aus diesen Ländern auch viele ins Ausland flüchten.

Bedeutet das etwas für Sie?

Lesung aus dem Buch Ezéchiel:

„So spricht Gott, der Herr: Ich selbst nehme ein Stück vom hohen Wipfel der Zeder und pflanze es ein. Einen zarten Zweig aus den obersten Ästen breche ich ab, ich pflanze ihn auf einen hoch aufragenden Berg. Auf die Höhe von Israels Bergland pflanze ich ihn. Dort treibt er dann Zweige, er trägt Früchte und wird zur prächtigen Zeder. Allerlei Vögel wohnen darin; alles, was Flügel hat, wohnt im Schatten ihrer Zweige. Dann werden alle Bäume auf den Feldern erkennen, dass ich der Herr bin. Ich mache den hohen Baum niedrig, den niedrigen mache ich hoch. Ich lasse den grünenden Baum verdorren, den verdorrten erblühen. Ich, der Herr, habe gesprochen und ich führe es aus.“

Zur 2. Lesung (2 Kor 5, 6-10)

Paulus betont im heutigen Abschnitt aus seinem zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth das, was – neben Glauben und v.a. Liebe – jeder Mensch braucht, um seinem Leben aktiv eine Richtung zu geben und Kraft für all das zu haben, was an Herausforderungen auf uns zu kommt: Hoffnung!

Worauf hoffen Sie konkret?

Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an die Korinther:

Liebe Schwestern und Brüder!

„Wir sind immer zuversichtlich, auch wenn wir wissen, dass wir fern vom Herrn in der Fremde leben, solange wir in diesem Leib zu Hause sind; denn als Glaubende gehen wir unseren Weg, nicht als Schauende. Weil wir aber zuversichtlich sind, ziehen wir es vor, aus dem Leib auszuwandern und daheim beim Herrn zu sein. Deswegen suchen wir unsere Ehre darin, ihm zu gefallen, ob wir daheim oder in der Fremde sind. Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder seinen Lohn empfängt für das Gute oder Böse, das er im irdischen Leben getan hat.“

Zum Evangelium (Mk 4, 26-34)

Wie Sie wissen, ist das „Reich Gottes“ der zentrale Begriff der Verkündigung Jesu: Gott wird in seiner Liebe mächtig, und das bedeutet Heil für alle Geschöpfe! Die größte Herausforderung, aber auch die größte Würde für uns ist, dass Gott v.a. durch uns sein Heil, sein Reich aufbauen will. Dies geschieht / beginnt, und das ist die (zweite) Botschaft des heutigen Abschnitts aus dem Markus-Evangelium, immer im kleinen! Wie jede Form von (guter) Veränderung sind es die scheinbar kleinen Schritte, die tat-sächlich eine neue Richtung einschlagen! Und eine weitere (die erste) Botschaft (vom heutigen Ev.): Entscheidend ist nicht, dass wir es verstehen oder kontrollieren können, was aus dem wird, was wir sagen und tun, sondern, dass wir Gutes sagen und tun! Damit ist „die Saat“ gesät und Gott und die himmlischen Kräfte werden schon für ihr Wachstum sorgen! – Was haben Sie in der vergangenen Woche an Gutem ausgesät?

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus:

In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: „Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät; dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie. Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre. Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da.

Er sagte: Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis sollen wir es beschreiben? Es gleicht einem Senfkorn. Dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät. Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, sodass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können.

Durch viele solche Gleichnisse verkündete er ihnen das Wort, so wie sie es aufnehmen konnten. Er redete nur in Gleichnissen zu ihnen; seinen Jüngern aber erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war.