Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 13. Sonntag im Jahreskreis 2021

Datum:
Sa. 26. Juni 2021
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zum 13. Sonntag im Jahreskreis 2021

Zur 1. Lesung (Weish 1, 13-15; 2, 23-24)

Wir hören heute aus dem Buch der Weisheit: „Gott hat den Tod nicht gemacht …“ – wer denn sonst? Philosophisch und theologisch ist diese Behauptung aber korrekt: Da Gott das Leben ist, kann es bei ihm keinen Tod geben, außerdem kann nichts, dass geschaffen (= endlich) ist, ewig sein, muss also irgendwann sterben / vergehen. In der Erzählung vom Sündenfall in Gen 3, 3 wird das anders erklärt: „Davon dürft ihr nicht essen, …, sonst werdet ihr sterben“, d.h. wenn wir Menschen die Erkenntnis von Gut und Böse und das Leben nicht Gott überlassen, dann stirbt das Göttliche in uns = dann haben wir uns von Gott entfernt (d.h. von allem, was göttlich ist: Liebe, Barmherzigkeit, Güte, Versöhnung, Frieden) und haben deswegen nicht nur Angst vor dem Tod, dann bringen wir den Tod! Das Gegenteil davon ist Jesus Christus, der uns das göttliche Leben (wieder) bringt, vgl. Joh 1, 4: „In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen“, es kann aber nur Frucht bringen = sich entfalten, wenn wir sein Lebens-Angebot annehmen, vgl. Joh 1, 11f: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, [wieder] Kinder Gottes zu werden“!

Sehr tröstlich ist auch der Zuspruch in Vers 23: „Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen“ – wir sind demnach nicht unsterblich, aber unvergänglich – durch die Liebe und Nähe Gottes!

Lesung aus dem Buch der Weisheit:

„Gott hat den Tod nicht gemacht und hat keine Freude am Untergang der Lebenden. Zum Dasein hat er alles geschaffen und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt. Kein Gift des Verderbens ist in ihnen, das Reich des Todes hat keine Macht auf der Erde; denn die Gerechtigkeit ist unsterblich. Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen und ihn zum Bild seines eigenen Wesens gemacht. Doch durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt und ihn erfahren alle, die ihm angehören.“

Zur 2. Lesung (2 Kor 8, 7.9.13-15)

Die Jerusalemer Urgemeinde ist arm geworden! Dafür gibt es zwei Gründe: Nach Apg 2, 44 („Und ihr Eigentum und ihre Habe verkauften sie und verteilten es [den Erlös] unter alle, wie es einer nötig hatte“) hat dies wahrscheinlich dazu geführt, dass die Christen in Jerusalem nach dem Verschenken ihrer Habe tatsächlich selbst kaum noch etwas zum Leben hatten. Und dann kommt noch eine Hungersnot in der Zeit Kaiser Claudius (41-54 n. Chr.) hinzu, die v.a. Palästina trifft. Nach Apg 11, 28-30 kommt es daher zur ersten christlichen Spendenaktion!

Wir großartig, dass Paulus im heutigen Abschnitt aus seinem zweiten Brief an die Christen in Korinth eben nicht nur dafür wirbt, sich an dieser Spendenaktion zu beteiligen, sondern es christologisch fundiert: „Denn ihr wisst, was Jesus Christus, unser Herr, in seiner Liebe getan hat: Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen“ (Vers 9). Wie soll das denn gehen? Nach unseren Maßstäben können nur Reiche den Armen helfen, wenn sie etwas von ihrem Reichtum abgeben. Das ist aber bei Jesus / Gott ganz anders (vgl. Mk 12, 41-44: „Als Jesus einmal dem Opferkasten gegenübersaß, sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen. Viele Reiche kamen und gaben viel. Da kam auch eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein. Er rief seine Jünger zu sich und sagte: Amen, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hergegeben; diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles gegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt“!)! In Jesus Christus wird Gott selbst arm, nicht aus Überfluss, sondern er geht an seine eigene Substanz: In Christus verschenkt er sich ganz (was im Kreuzestod am deutlichsten wird = totale Hingabe!), er gibt nicht etwas, sondern sich, darin besteht die (höchste) Bereicherung der anderen! Im Sinne Gottes sind die reich, die viel geben, nicht, die viel haben! In Jesus Christus teilt Gott unser Leben ganz, kommt ganz in unser Leben, um es dadurch reich zu machen = zu bereichern mit dem, was zum wahren Leben führt (vgl. Joh 10, 10b)!

Mit seiner Anmerkung im letzten Vers (15) bezieht sich Paulus auf eine Gegebenheit während der Wanderung der Israeliten durch die Wüste Sinai auf der Suche nach dem Gelobten Land, als die Nahrungsration für alle eingesammelt und verteilt wurde (vgl. Ex 16, 18).

Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an die Korinther:

Liebe Schwestern und Brüder!

„Wie ihr aber an allem reich seid, an Glauben, Rede und Erkenntnis, an jedem Eifer und an der Liebe, die wir in euch begründet haben, so sollt ihr euch auch an diesem Liebeswerk mit reichlichen Spenden beteiligen. Denn ihr wisst, was Jesus Christus, unser Herr, in seiner Liebe getan hat: Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen. Denn es geht nicht darum, dass ihr in Not geratet, indem ihr anderen helft; es geht um einen Ausgleich. Im Augenblick soll euer Überfluss ihrem Mangel abhelfen, damit auch ihr Überfluss einmal eurem Mangel abhilft. So soll ein Ausgleich entstehen, wie es in der Schrift heißt: Wer viel gesammelt hatte, hatte nicht zu viel, und wer wenig, hatte nicht zu wenig.“

Zum Evangelium (Mk 5, 21-43)

Es sind zwei in sich verwobene Geschichten, die wir heute hören: Die Heilung einer blutflüssigen Frau, und Erweckung der Tochter des Synagogenvorstehers Jaïrus. Warum diese beiden Geschichten nicht nacheinander erzählt werden, ist umstritten, aber auch nicht so erheblich.

Bei der Heilung der Frau, die seit Jahren an gynäkologischen Blutungen leidet, ist wichtig zu sehen, dass nach alttestamentlicher Vorschrift und Überzeugung ein solches Leiden nicht nur v.a. kultisch unrein macht (d.h. jemand durfte nicht an Gottesdiensten teilnehmen), sondern dass dies de facto auch zu einer sozialen Ausgrenzung führt. Auch das ist bei und durch Jesus ganz anders: Durch die Berührung der Frau wird nicht auch Jesus unrein, sondern im Gegenteil: Sie wird rein / geheilt!

Die Erweckung der Tochter des Jaïrus ist eine der insgesamt drei Erzählungen im Neuen Testament, in denen Jesus einen Toten zum Leben erweckt. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Wort Jesu zu, denn dies wird stets betont: „Er fasste das Kind an der Hand und sagte zu ihm: Mädchen, ich sage dir, steh auf!“ (Mk 5, 41). Auch bei der Auferweckung des Jünglings von Nain fasst Jesus ihn zunächst an und sagt dann: „Ich befehle dir, junger Mann: Steh auf!“ (Lk 7, 14). Bei der Auferweckung des Lazarus, des Bruders der Maria und Martha (vgl. Joh 11, 17-44), ruft Jesus „mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus!“ [aus der Grabhöhle] (Joh 11, 32). Es steht also immer der „Befehl“, der Zuspruch im Mittelpunkt, in Mk und Lk noch mit der entsprechenden Hand-lung verstärkt. Sollen uns diese Erzählungen das vermitteln: Wenn wir jemanden in seiner Handlungs-Fähigkeit ansprechen / berühren, und dann auch noch mit Nachdruck / Überzeugung „Freiheit“ bzw. „neues Lebenzusprechen, dann „kommt jemand in die Gänge“, dann wird jemand zu diesem neuem Leben ge-/erweckt? – ! Jesus war offensichtlich zutiefst davon überzeugt, dass das so geht: „Wenn jemand zu diesem Berg sagt: Heb dich empor, und stürz dich ins Meer!, und wenn er in seinem Herzen nicht zweifelt, dass geschieht, was er sagt, dann wird es geschehen“ (Mk 11, 23, vgl. auch Mt 11, 5)! Diese „Vollmacht“ (vgl. Mk 1, 27b) sollen / können also auch wir haben! Ich wünsche uns daher so sehr, dass wir nicht nur immer wieder sehr behutsam sind, was wir anderen wie sagen, sondern dass wir v.a. kultivieren, anderen Gutes / Konstruktives / Stärkendes zuzusprechen und sie somit positiv zu verstärken / „bewegen“ – denn nach dem heutigen Evangelium führt das zu(m) neuem Leben, wo jemand „tot“ ist!

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus:

in jener Zeit „fuhr Jesus im Boot wieder ans andere Ufer hinüber und eine große Menschenmenge versammelte sich um ihn. Während er noch am See war, kam ein Synagogenvorsteher namens Jaïrus zu ihm. Als er Jesus sah, fiel er ihm zu Füßen und flehte ihn um Hilfe an; er sagte: Meine Tochter liegt im Sterben. Komm und leg ihr die Hände auf, damit sie wieder gesund wird und am Leben bleibt. Da ging Jesus mit ihm.

Viele Menschen folgten ihm und drängten sich um ihn. Darunter war eine Frau, die schon zwölf Jahre an Blutungen litt. Sie war von vielen Ärzten behandelt worden und hatte dabei sehr zu leiden; ihr ganzes Vermögen hatte sie ausgegeben, aber es hatte ihr nichts genutzt, sondern ihr Zustand war immer schlimmer geworden. Sie hatte von Jesus gehört. Nun drängte sie sich in der Menge von hinten an ihn heran und berührte sein Gewand. Denn sie sagte sich: Wenn ich auch nur sein Gewand berühre, werde ich geheilt. Sofort hörte die Blutung auf und sie spürte deutlich, dass sie von ihrem Leiden geheilt war. Im selben Augenblick fühlte Jesus, dass eine Kraft von ihm ausströmte, und er wandte sich in dem Gedränge um und fragte: Wer hat mein Gewand berührt? Seine Jünger sagten zu ihm: Du siehst doch, wie sich die Leute um dich drängen, und da fragst du: Wer hat mich berührt? Er blickte umher, um zu sehen, wer es getan hatte. Da kam die Frau, zitternd vor Furcht, weil sie wusste, was mit ihr geschehen war; sie fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit. Er aber sagte zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden! Du sollst von deinem Leiden geheilt sein.

Während Jesus noch redete, kamen Leute, die zum Haus des Synagogenvorstehers gehörten, und sagten (zu Jaïrus): Deine Tochter ist gestorben. Warum bemühst du den Meister noch länger? Jesus, der diese Worte gehört hatte, sagte zu dem Synagogenvorsteher: Sei ohne Furcht; glaube nur! Und er ließ keinen mitkommen außer Petrus, Jakobus und Johannes, den Bruder des Jakobus. Sie gingen zum Haus des Synagogenvorstehers. Als Jesus den Lärm bemerkte und hörte, wie die Leute laut weinten und jammerten, trat er ein und sagte zu ihnen: Warum schreit und weint ihr? Das Kind ist nicht gestorben, es schläft nur. Da lachten sie ihn aus. Er aber schickte alle hinaus und nahm außer seinen Begleitern nur die Eltern mit in den Raum, in dem das Kind lag. Er fasste das Kind an der Hand und sagte zu ihm: Talita kum!, das heißt übersetzt: Mädchen, ich sage dir, steh auf! Sofort stand das Mädchen auf und ging umher. Es war zwölf Jahre alt. Die Leute gerieten außer sich vor Entsetzen. Doch er schärfte ihnen ein, niemand dürfe etwas davon erfahren; dann sagte er, man solle dem Mädchen etwas zu essen geben.“