Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 14. Sonntag im Jahreskreis 2021

Datum:
So. 4. Juli 2021
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zum 14. Sonntag im Jahreskreis 2021

Zur 1. Lesung (Ez 1, 28b – 2, 5)

Haben Sie schon mal einen „Propheten“ erlebt? Propheten sind ja Menschen, die sich – durch was auch immer – von einer höheren Macht / Gott berufen fühlen, eine bestimmte „Wahrheit“ zu verkünden, d.h. andere zu warnen, auf evtl. Missstände aufmerksam machen und entsprechendes Denken und Handeln vermitteln wollen, damit es (wieder) besser werden kann / „Heil“(ung) geschieht. Ich persönlich meine, dass es eine der Aufgaben von Politik ist, gerade auch auf (welche auch immer) Missstände hinzuweisen und geeignete Lösungsansätze anzubieten. Politiker bedürfen dafür keinesfalls einer „göttlichen“ Legitimation, sondern einer demokratischen! Wenn wir jetzt aber „prophetische“ Akzente und Aspekte unserer Politiker außer Acht lassen – haben Sie schon mal eine/n ProphetIn erlebt? Wie haben Sie darauf reagiert bzw. würden womöglich darauf reagieren? Ich glaube, das hängt wohl erstens davon ab, inwieweit ich mich von dem „Thema“ angesprochen fühle, zweitens, wie der / die „ProphetIn“ auf mich wirkt, und schließlich, ob ich ihn / sie vorher schon kannte / erlebt habe. Bestimmt gibt es noch andere Einflussfaktoren, aber wenn wir es mal bei diesen drei belassen: Stimmt für Sie diese Reihen- als Prioritätenfolge? Das wichtigste wäre das „Thema“, dann die Wirkung, dann die Bekanntheit des/r ProphetIn?

Lesung aus dem Buch Ezéchiel:

In jenen Tagen, „als ich die Erscheinung der Herrlichkeit des Herrn sah, fiel ich nieder auf mein Gesicht. Und ich hörte, wie jemand redete. Er sagte zu mir: Stell dich auf deine Füße, Menschensohn; ich will mit dir reden. Als er das zu mir sagte, kam der Geist in mich und stellte mich auf die Füße. Und ich hörte den, der mit mir redete. Er sagte zu mir: Menschensohn, ich sende dich zu den abtrünnigen Söhnen Israels, die sich gegen mich aufgelehnt haben. Sie und ihre Väter sind immer wieder von mir abgefallen, bis zum heutigen Tag. Es sind Söhne mit trotzigem Gesicht und hartem Herzen. Zu ihnen sende ich dich. Du sollst zu ihnen sagen: So spricht Gott, der Herr. Ob sie dann hören oder nicht – denn sie sind ein widerspenstiges Volk –, sie werden erkennen müssen, dass mitten unter ihnen ein Prophet war.“

Zur 2. Lesung (2 Kor 12, 7-10)

Paulus spricht gleich von einem „Stachel im Fleisch“, von einem Boten „Satans“, der ihn schmerz-licherweise (wir wissen nicht, was er damit konkret meint, vielleicht eine Krankheit oder seelische Not) davor bewahrt hat, „damit ich mich nicht überhebe“ (Vers 7), d.h. nicht überheblich zu werden, sich seiner bisherigen Erfolge und Begabungen nicht selbst zu rühmen, sondern sie stets und weiterhin auf die Gnade Gottes zurückzuführen, um durch diese bewusste Dankbarkeit in empfangener und demütiger Haltung sich als von Gott-Beschenkten zu sehen und zu erleben. Nach der Überzeugung Pauli führt diese Haltung aber auch noch dazu, sich generell seiner Schwäche(n) / Schwachheit(en) bewusst zu sein / zuzuwenden, damit Gott durch seine Kraft / seinen Geist gerade da wirken kann, wo Menschen gelitten haben, wo sie an Grenzen stoßen, wo sie zunächst traurig / einsam sind / waren – weil diese Erfahrungen wesentlich sind für Sehnsucht (v.a. auch nach Gott!), aber auch als Bereicherung des eigenen Lebenskonzeptes: Nur, wenn ein Mensch auch erlebt hat, wie Leben nicht gut geht, kann er entsprechende Schlüsse ziehen, und damit dann auch anderen helfen, die unter Ähnlichem leiden (vgl. 1 Kor 1, 26-29: „Seht doch auf eure Berufung, Schwestern und Brüder! Da sind nicht viele Weise im irdischen Sinn, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme, sondern das Törichte in der Welt hat Gott erwählt, um die Weisen zuschanden zu machen, und das Schwache in der Welt hat Gott erwählt [mein Primizspruch!], um das Starke zu zuschanden zu machen. Und das Niedrige in der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt: das, was nichts ist, um das, was etwas ist, zu vernichten, damit kein Mensch sich rühmen kann vor Gott“!)!

In diesem Sinne hat Jesus grundsätzlich alles erlebt, was auch menschliches Leid bedeutet – daher ist seine Botschaft getragen von seinem eigenen Leben (und Sterben!)!

Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an die Korinther:

Liebe Schwestern und Brüder!

„Damit ich mich wegen der einzigartigen Offenbarungen nicht überhebe, wurde mir ein Stachel ins Fleisch gestoßen: ein Bote Satans, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe. Dreimal habe ich den Herrn angefleht, dass dieser Bote Satans von mir ablasse. Er aber antwortete mir: Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit. Viel lieber also will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt. Des-wegen bejahe ich meine Ohnmacht, alle Misshandlungen und Nöte, Verfolgungen und Ängste, die ich für Christus ertrage; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“

Zum Evangelium (Mk 6, 1b-6))

Anknüpfend an das, was zur heutigen ersten Lesung aus dem Propheten Ezéchiel gesagt wurde, erlebt Jesus, dass bei seiner Verkündigung eben nicht zuerst auf die Botschaft / das Thema geschaut wird, dann auf seine menschliche Wirkung und schließlich auf seine bisherige Bekanntheit, sondern umgekehrt: (V.a.?) In seiner Heimat reduzieren die Leute ihn primär auf seine (bekannte) Herkunft. Seine menschliche Wirkung und besonders seine Botschaft werden ausgeblendet – um sich (dadurch) damit nicht auseinanderzusetzen?!

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus:

In jener Zeit „ kam Jesus in seine Heimatstadt; seine Jünger begleiteten ihn. Am Sabbat lehrte er in der Synagoge. Und die vielen Menschen, die ihm zuhörten, staunten und sagten: Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist! Und was sind das für Wunder, die durch ihn geschehen! Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns? Und sie nahmen Anstoß an ihm und lehnten ihn ab. Da sagte Jesus zu ihnen: Nirgends hat ein Prophet so wenig Ansehen wie in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie. Und er konnte dort kein Wunder tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie. Und er wunderte sich über ihren Unglauben. Jesus zog durch die benachbarten Dörfer und lehrte.“