Schmuckband Kreuzgang

Pfarrer Göttles Wort zum 17. Sonntag im Jahreskreis 2021

Datum:
So. 25. Juli 2021
Von:
Pfarrer Rudolf Göttle

Pfarrer Göttles Worte zum 17. Sonntag im Jahreskreis 2021

Zur 1. Lesung (2 Kön 4, 42-44)

Das Buch der Könige war ursprünglich ein Buch, er schildert die Geschichte der Könige Israels (und Juda) vom Tod König Davids (1000-961 v. Chr.) bis zur Zerstörung Jerusalems 587 v. Chr. (durch den babylonischen König Nebukadnezar II., 605-562 v. Chr.). Elíscha ist Prophet im Nordreich Israel (ca. 850-800 v. Chr.) und Nachfolger des Propheten Elija (vgl. 1 Kön 19, 16). Beide gelten als die großen „Wundertäten“ im Alten Testament, so auch die folgende Erzählung, die inhaltlich fast deckungsgleich mit dem heutigen Evangelium ist:

Lesung aus dem Buch zweiten Buch der Könige:

In jenen Tagen „kam ein Mann von Baal-Schalischa und brachte dem Gottesmann Elíscha Brot von Erstlingsfrüchten, zwanzig Gerstenbrote, und frische Körner in einem Beutel. Elischa befahl seinem Diener: Gib es den Leuten zu essen! Doch dieser sagte: Wie soll ich das hundert Männern vorsetzen? Elischa aber sagte: Gib es den Leuten zu essen! Denn so spricht der Herr: Man wird essen und noch übrig lassen. Nun setzte er es ihnen vor; und sie aßen und ließen noch übrig, wie der Herr gesagt hatte.“

Zur 2. Lesung (Eph 4, 1-6)

Einheit im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe sind für Paulus die wesentlichen Grundsätze für die Entfaltung und Glaubwürdigkeit der Kirche (vgl. u.a. Eph 2, 14; Röm 15, 5f). Im heutigen Abschnitt aus dem Epheser-Brief wird uns konkret gesagt, wie das geht: „Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält“ (Vers 2f)! In den sogenannten Abschiedsreden nach dem Johannes-Evangelium gehört das zum Kernvermächtnis Jesu an seine Nachfolger: „Alle sollen eins sein: …“ (Joh 17, 21).

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Epheser:

Liebe Brüder und Schwestern, „ich, der ich um des Herrn willen im Gefängnis bin, ermahne euch, ein Leben zu führen, das des Rufes würdig ist, der an euch erging. Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält. Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist.“

Zum Evangelium (Joh 6, 1-15)

Die Erzählung von der wunderbaren Brotvermehrung ist in allen vier Evangelien überliefert (vgl. Mk 6, 31-44; Mt 14, 13-21; Lk 9, 10-17)! Die beschriebene Szene ist immer gleich bzw. ähnlich: 5000 Menschen haben Hunger, es gibt aber nur fünf Brote und zwei Fische. Nachdem alle davon gegessen haben und tatsächlich satt wurden, bleiben noch zwölf Körbe voll übrig. Nach meiner Überzeugung liegt dieser Schilderung eine tiefe Botschaft zugrunde, die sich nur durch die biblische Zahlensymbolik erklärt: Die Zahl Fünf setzt sich zusammen aus vier plus eins. Vier ist die Zahl der Erde (vgl. vier Himmelsrichtungen, vier Jahreszeiten), Eins ist die Zahl Gottes. 4 + 1 = 5, d.h. das Irdische mit Gott verbunden = das Jenseitige. Zwei ist die Zahl der Gemeinschaft, des Paares und oft dadurch auch der Ganzheit (vgl. gerade + ungerade Zahlen, männlich + weiblich, zwei Hände / Füße / Augen / Ohren / Beine / Arme etc., rechts und links, gut und böse, aktiv und passiv, Sonne und Mond, Tag und Nacht, Licht und Dunkelheit, Schwarz und Weiß, Theorie und Praxis, …).

5 + 2 = 7, Sieben ist die Zahl der Fülle (7 Tage / Sakramente / Noten d. Tonleiter / Bitten d. Vaterunser). Zwölf ist die Zahl für Vollständigkeit (12 Stunden tags/nachts / Monate / Sternzeichen / Stämme Israels). Das bedeutet also, wenn wir Menschen unser irdisches Leben (4) mit Gott (1) verbinden und dies in Gemeinschaft (2) besprechen, dann entsteht eine Fülle (7), die – wenn es alle tun (5000) – die gesamte Menschheit (12) zufrieden machen kann!

Am Schluss der heutigen Perikope hören wir, dass die Menschenmenge Jesus (auch) auf Grund dieser wunderbaren Erfahrung zum König (von Israel) machen will – aber er flieht (davor). Wie paradox, dass dieses (politische) Königtum dann die offizielle Begründung seiner Hinrichtung wird (vgl. Mk 15, 26: „Und eine Aufschrift auf einer Tafel gab seine Schuld an: Der König der Juden“), wovon er sich auch noch während seines Prozesses deutlich distanziert (vgl. Joh 18, 36: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt“).

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes:

In jener Zeit „ging Jesus an das andere Ufer des Sees von Galiläa, der auch See von Tiberias heißt. Eine große Menschenmenge folgte ihm, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. Jesus stieg auf den Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern nieder. Das Pascha, das Fest der Juden, war nahe. Als Jesus aufblickte und sah, dass so viele Menschen zu ihm kamen, fragte er Philippus: Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben? Das sagte er aber nur, um ihn auf die Probe zu stellen; denn er selbst wusste, was er tun wollte. Philippus antwortete ihm: Brot für zweihundert Denare reicht nicht aus, wenn jeder von ihnen auch nur ein kleines Stück bekommen soll. Einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu ihm: Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele! Jesus sagte: Lasst die Leute sich setzen! Es gab dort nämlich viel Gras. Da setzten sie sich; es waren etwa fünftausend Männer. Dann nahm Jesus die Brote, sprach das Dankgebet und teilte an die Leute aus, so viel sie wollten; ebenso machte er es mit den Fischen. Als die Menge satt war, sagte er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrig gebliebenen Brotstücke, damit nichts verdirbt. Sie sammelten und füllten zwölf Körbe mit den Stücken, die von den fünf Gerstenbroten nach dem Essen übrig waren. Als die Menschen das Zeichen sahen, das er getan hatte, sagten sie: Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll. Da erkannte Jesus, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und zum König zu machen. Daher zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein.“